Am Sonntag feierte der neue Sky-Talk mit Jörg Wontorra Premiere. Zum Auftakt gab es 105 Minuten Uli Hoeness satt und mit Clemens Tönnies noch jemanden, der zuletzt eher selten seine Meinung kundtat. Wir haben zugeschaut.
Wontis Experten-Pool
- Rafael Buschmann (Der Spiegel)
- Henning Feindt (stv. Chefredakteur Sport-Bild)
- Frank Hellmann (freier Journalist, u.a. Frankfurter Rundschau)
- Tobias Holtkamp (Digitalchef Sporttotal AG und Fußball-Kolumnist)
- Freddie Röckenhaus (Süddeutsche Zeitung)
- Philipp Selldorf (Süddeutsche Zeitung)
- Carli Underberg (stv. Sportchef Bild)
- Lucas Vogelsang (Autor, Die Welt, Podcast „Fußball MML“)
- Lars Wallrodt (Fußball-Chef Die Welt)
- Julien Wolff (Die Welt).
Alle Experten treten exklusiv nur bei Sky auf
Er ist also wieder da. Jörg Wontorra, der in Branche nicht nur hohes Ansehen genießt, sondern sogar eine Art Pionier-Status hat. Ein Fußballverrückter, der die grüne Raute ganz tief in seinem Herzen trägt. Es gibt die Legende, Papa Jörg hatte seine Tochter Laura, die inzwischen ebenfalls als Sportmoderatorin unterwegs ist, fünf Minuten nach ihrer Geburt in die Luft gehalten und ihr aus dem Fenster den Blick auf das Bremer Weserstadion gezeigt. Fußball war für den 67-Jährigen also schon immer etwas Besonderes.
2016 sollte die berufliche Verbindung dann erst einmal enden. Wontorra hatte brav erklärt, dass er nicht mehr jeden Sonntag beim «Doppelpass» sitzen wollte. Inzwischen mehrheitlich in Spanien in der warmen Sonne lebend wäre es doch auch schön, mal ganze Wochenenden für sich und die Familie zu haben. Quotenmeter.de kann Infos der Tageszeitung
Weser Kurier bestätigen, wonach Jörg Wontorra schon noch eine weitere «Doppelpass»-Saison gemacht hätte. Sport1 aber soll damals lieber gleich auf den jüngeren Thomas Helmer gesetzt haben.
Soweit also die Mythen und Legenden. Wonti is back und das ist mit einer Sendung, die sogar seinen Namen trägt. Wontorra und Sky – so ganz neu ist das ja nicht. Als Premiere im August 2000 erstmals alle Bundesliga-Spiele übertrug und die heute zum Kult gewordene Bundesliga-Konferenz aus der Taufe hob, war Wontorra das Gesicht des Fußball-Samstags. Erfahrung hatte er genug: Wonti hatte zuvor seine Brötchen schon bei «Sportschau» und «ran» verdient. Keinem Format aber drückte er so dermaßen seinen Stempel auf, wie dem «Doppelpass», den er 2006 übernahm, nachdem Sat.1 damals die Champions League-Rechte verlor und sich Jörg Wontorra wieder nach Neuem umsehen musste.
Aufbauarbeit zu leisten, gewissermaßen mit dem vorhandenen Erfahrungsschatz also Neues aufzubauen, das macht Jörg Wontorra in diesen Tagen nicht zum ersten Mal. Seine neue Aufgabe: Sky Sport News HD als Free-TV-Kanal bekannter zu machen und jetzt mit seinem eigenen Talk «Wontorra» der alten Liebe bei Sport1 das Leben schwer zu machen.
Geht’s noch besser?
Das Konzept ähnelt dem des «Doppelpass». Ein Stammexperte (Didi Hamann), je zwei Journalisten aus einem zehnköpfigen Pool von Sport-Redakteuren und ein aktueller Gast aus der Liga sprechen über die Aufreger des Spieltags. Die Unterschiede zwischen beiden Shows liegen im Detail. Sport1 darf bewegte Bilder der Spiele zeigen, Sky Sport News HD hält hierfür keine Rechte. Stattdessen sollen beim «Wontorra»-Talk die bestens vernetzten Sky-Reporter überall bei den Vereinen mehr und mehr eingebunden werden. Schon beim Auftakt war klar: Anders als Sport1, wo zuletzt gerne mal Details wie Fehlentscheidungen oder konkrete Spielsituationen des Tags zuvor besprochen wurden, wirft Sky am Sonntag einen allumfassenderen Blick auf die Aktualität. Während Sport1 zudem weiterhin seine drei Stammgäste Thomas Strunz, Marcel Reif und Armin Veh rotieren lässt, ist Didi Hamann festes Gesicht des Sky-Talks - er hat kommende Woche seinen ersten Auftritt.. Praktisch, dass er nach Sendungsende gleich im Studio bleiben kann. Um jeweils 14.30 Uhr ist er auch Teil des „Super Sonntags“ mit Moderator Michael Leopold.
„Der «Doppelpass» ist der Platzhirsch, eine gelernte Sendung“, hatte „Wonti“ vergangene Woche im
Weser Kurier gesagt. „Wir leisten Pionierarbeit. Wir wollen uns als Wettbewerber positionieren.“ Quotendruck? Erstmal nicht vorhanden. Für maximale Aufmerksamkeit sollen die Gäste in den ersten beiden Wochen sorgen. Zum Debüt gab es gleich ein Special, den ersten ganz ausführlichen 1:1-Talk mit Uli Hoeneß seit dessen Wiederwahl als Bayern-Präsident. Hoeneß hatte Sky vor einigen Jahren, als «Sky90» noch in den Anfangsjahren steckte, für den bis dato wohl größten Sky-Talk-Moment gesorgt, als er recht offen und ehrlich den damaligen Trainer van Gaal anzählte und ihm das Abziehen einer "One-Man-Show" vorwarf. Für Sendung 2 in der kommenden Woche, die dann erstmals vor Publikum und mit voller Besetzung stattfindet, hat mit „Acki“ Watzke vom BVB das zweite große Schwergewicht der Bundesliga sein Kommen zugesagt.
Reschke, Brazzo, Neymar, Tönnies
Wie schon erwähnt: Uli Hoeneß war der erste Gast, der zum Start der neuen Show in 105 Minuten Stellung bezog zu allem, was derzeit die Fußballwelt bewegt. Dabei nahm der FC Bayern-Präsident wie gewohnt kaum ein Blatt vor dem Mund und erklärte auch Dinge, die tags zuvor etwa bei Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic noch unbeantwortet blieben. Etwa als es um mögliche Kontakte zu Dortmunds Chef-Scout ging. Aber auch in puncto Wechsel von Michael Reschke, dem ehemals technischen Direktor des Rekordmeisters zum VfB Stuttgart, den Wahnsinns-Ablösesummen von Neymar oder grundsätzlich zur umstrittenen Verpflichtung von “Brazzo” als Matthias-Sammer-Nachfolger in München lieferte Hoeneß neue Fakten. In diesem Punkt hat sich Uli Hoeneß als das erwiesen, was von ihm erwartet worden war. Der perfekte Gast, um in Woche eins massig Aufmerksamkeit auf den Sky-Talk zu ziehen und gleichzeitig die ebenfalls aus der Sommerpause zurückgekehrte Konkurrenz des Sport1-«Doppelpass» auf die Plätze zu verweisen. Und dann kam auch noch Schalke-Chef Clemens Tönnies (zugeschaltet aus Mallorca). Wonti hatte somit einen weiteren Gast, der sich zuletzt in großen Gesprächsrunden tendenziell rar machte.
Der «Wontorra»-Talk war unter dem hippen Hashtag #SkyOneT jedenfalls am Vormittag Spitzenreiter bei Twitter. Kritik zum Format fand sich dort kaum, stattdessen eine rege Diskussion um den Auftritt des FC Bayern-Chefs. Wie maßgeblich die erste Sendung nun für das komplette Format ist, sei mal dahingestellt. Erst ab kommender Woche greift die eigentliche Idee mit Jörg Wontorra, vier Gästen und vielen Schalten zu den Klubs das aktuelle Geschehen zu besprechen, wirklich. Beste Ausgangsbedingungen hat man aber geschaffen. Denn eins ist klar: Es ist verdammt schwer und wird sicherlich auch seine Zeit brauchen, bis man den Fan als Gewohnheitstier vom «Doppelpass» weglockt und bei #OneT andocken lässt.
Die Grundvoraussetzungen sind dafür geschaffen: Nicht zuletzt auch, weil der Sky-Talk optisch und technisch state of the Art ist. Erstmals kam am Sonntag das neue und große Sendestudio zum Einsatz, das nicht nur mit seinen vier riesigen LED-Wänden, einer Projektionsfläche im Boden und einer fliegenden Spider-Cam besetzt ist, sondern auch mit LED-Laufbändern an den Wänden.
Fazit:
Wer sowieso vom Überangebot an FC-Bayern-Berichterstattung genervt ist, der wird eventuell die Augen verdrehen und sich fragen: 105 Minuten Hoeneß? Alle neutralen Betrachter der Liga werden aber anerkennen müssen, dass selten zuvor eine einzige Talkshow zum Thema Fußball so viel Substanz hatte wie der «Wontorra»-Auftakt. Somit ist auch klar, dass man dieses hohe Niveau nicht Woche für Woche wird halten können. Dann sind auch mal die anderen Vereine dran: Hoeneß hat vorgelegt, “Acki” Watzke muss kommenden Sonntag nachziehen. Das Fernduell zwischen Sky und Sport1 am Sonntagmittag dürfte in dieser Woche recht deutlich an den Free-TV-Sender des Pay-TV-Unternehmens gegangen sein. Gewinner gibt es noch einen weiteren: Den Zuschauer. Der kann künftig nämlich zwischen zwei Sendungen wählen und bei Bedarf dorthin schalten, wo die für ihn besseren Themen gesetzt werden. Und wie heißt es so schön: Die Tabelle nach einem Spieltag (oder in diesem Fall sogar noch vor dem Ersten) ist wenig aussagekräftig. Das deutsche Fernsehen hat ein neues Gigantenduell.