Viele, viele Politmagazine; viele, viele Themen?

An Fernsehmagazinen, die über politische Themen berichten, mangelt es Fernsehdeutschland nicht. Doch wie politisch sind sie wirklich? Und wie abwechslungsreich sind sie?

«Frontal 21»


Wir haben das Archiv von «Frontal 21» und seinen zahlreichen Kollegen im Ersten durchsucht und die Themenbandbreite der jeweils drei jüngsten Ausgaben unter die Lupe genommen. In seinen drei vergangenen Ausgaben berichtete das ZDF-Magazin sogleich mehrfach über die AfD. Am 19. September ging es um den "Wahlkampf mit der Angst" und darum, dass Deutschland sicherer ist als die Rechtspopulisten darstellen. In einem weiteren Thema in derselben Ausgabe ging es um "Provokateure von rechts" und explizit um Alexander Gaulands Aufstieg mit der AfD. Am 29. August thematisierte «Frontal 21» zudem AfD-Sprecher Meuthen, der über die Beteiligung einer Werbeagentur am AfD-Wahlkampf gelogen hat.

Ein wirtschaftspolitischer Beitrag in «Frontal 21» drehte sich am 29. August um die ungleiche Verteilung des Reichtums in der Bundesrepublik, zudem wurde in dieser Ausgabe ein Verbraucherthema (die Internetgeschwindigkeit in Deutschland) aus politischer Sicht (inwiefern ist die Politik daran Schuld?) aufgerollt. Am 22. August wurde zudem der Streit um Gebietsreformen, also das Erweitern von Gemeinden und Kreisen zum Einsparen von bürokratischen Ausgaben, angepackt.

Das die Schlagzeilen dominierende Thema um den Dieselskandal wurde ebenfalls bei «Frontal 21» beleuchtet (am 19. September), und zwar mit strengem Blick auf die Industrie. Am 22. August wiederum ging es im Sektor Industrieskandale um "Grillkohle aus Tropenholz", zudem wurde weltpolitisch über Schleuser und deren Methoden berichtet.

«Monitor»


Ein wiederkehrendes Thema bei «Monitor» war in den vergangenen Monaten die Integration: Am 27. Juli ging es um die Wahlrechtsfrage für Ausländer, um Menschen, die aufgrund von Kettenduldungen in ständiger Angst vor der Abschiebung leben und in einem dritten Beitrag um die Doppelpass-Diskussion. Am 14. September dagegen behandelte ein Beitrag explizit die Integration von Flüchtlingen und kam zum Entschluss, dass die von manchen Politikern heraufbeschworene Katastrophe ausgeblieben ist. Am 24. August wurden ebenfalls Flüchtlinge thematisiert – dieses Mal dadurch, dass auf die Versuche der EU eingegangen wurde, sie vom Mittelmeer fernzuhalten.

Soziale Gerechtigkeit kam ganze drei Mal im «Monitor»-Programm vor, und zwar in einem Hartz-IV-Beitrag am 24.8 und in zwei Beiträgen am 14. September – einmal explizit über die Bezahlung von Krankenpflegern, einmal über die Auswirkungen von Armut auf Betroffene. Weitere «Monitor»-Themen im Beobachtungszeitraum: Die jüdische Philosophin Ágnes Heller, die Klimakatastrophe, der rätselhafte Tod eines Terrorverdächtigen und "Verkehrte Welt: Deutsche ohne Wahlrecht".

«Fakt»


Das vom MDR beigesteuerte Politmagazin «Fakt» nahm sich in zwei Ausgaben dem Amoklauf von München im Sommer 2016 an – einmal aus dem Winkel "Hätte es verhindert werden können?" und einmal, um der Frage nachzugehen "Was waren die Motive?" Darüber hinaus ging es am 12. September um einen Terrorverdächtigen, der eigentlich für De-Radikalisierung zuständig war.

Sowohl am 12. September als auch am 25. Juli ging es um Verbraucherfragen im Gesundheitsbereich, darüber hinaus ging es am 22. August sowie am 25. Juli um Industrieskandale – einmal in der Tierzucht, einmal in Sachen Pflanzengift. Weitere «Fakt»-Themen: "Briefwahlaffäre in Stendal", "Jugendämter wegen Inobhutnahmen in der Kritik", die Urteilspraxis in Italien sowie Ähnlichkeiten zwischen der AfD und der Linken in der Russlandpolitik einzelner Mitglieder.

«Kontraste»


Im Politmagazin «Kontraste» präsentierte sich die Frage nach sozialer Gerechtigkeit als roter Faden in den vergangenen Monaten. So ging es am 13. Juli um Wuchermieten, mit denen Flüchtlinge abgezockt werden, am 10. August indes gab es eine ausführliche Reportage darüber, was eigentlich Gerechtigkeit ist, und in der Ausgabe am 31. August ging es um ungeheuerliche Tarifverträge. Wie auch andere Politmagazine der Öffentlich-rechtlichen blickte «Kontraste» zudem auf Industrieskandale – die Redaktion des rbb-Magazins widmete sich dem übermäßigen Gebrauch von Pestiziden (am 13. Juli) und dem wertlosen "Blauer Engel"-Gütesiegel bei Wandfarben (am 31. August).

Die restlichen Themen im Beobachtungszeitraum sind bunt gemischt, aber von Relevanz: "Es war doch nicht alles schlecht: Die Hitler-Glocke in Herxheim soll bleiben", "Inside Facebook: Die Arbeit der Löschteams jenseits der Pressetermine" und "Teure Privilegien: Wie Beamte die Existenz der Privaten Krankenversicherungen sichern" verhalfen «Kontraste» trotz einer monothematischen Ausgabe im Juli zu einem breiten Themenfeld in den vergangenen drei Folgen.

«Panorama»


Obwohl der Ressortname "Panorama" oftmals für bunte, leichte Themen benutzt wird, fokussiert sich das NDR-Magazin «Panorama» auf das politische Geschehen – und blickte in seinen vergangenen drei Ausgaben in besonders hoher Taktung auf extremistische Ansichten. Sogleich drei Beiträge, darunter zwei am 7. September, blickten auf Rechtsextremismus, in einem weiteren Beitrag ging es um linke Gewalt. Die Ausgabe vom 20. Juli brachte derweil einen großen Themenblock über die Ausschreitungen während des G20-Gipfels mit sich – sowohl seitens der Protestler als auch seitens der Polizei.

Am 17. August hingegen schaute «Panorama» hinter die Kulissen der sich neu ausrichtenden FDP sowie um das an seine Grenzen stoßende deutsche Justizsystem: "Überforderte Richter: Kein Prozess, kein Urteil, keine Strafe".

«Report Mainz»


Die Redaktion von «Report Mainz» thematisierte sogleich zwei Mal den Wandel in Sachen Automobilität – und zwar aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Am 29. August ging es um "E-Autos scheitern an Vermietern und Besitzergemeinschaften", am 8. August dagegen darum, wie sich die Politik schützend vor die klassische Automobilindustrie stellt. Außerdem wurden zwei weitere verbrauchernahe Themen behandelt: "Bleibende Schmerzen: Trotz Gesetz bekommen viele Schmerzpatienten kein Cannabis auf Rezept", titelte ein «Report Mainz»-Beitrag am 19. September, in der Ausgabe davor ging es dagegen um die Gefahren von Sportwetten.

Mit "Gelenkter Volkszorn: Wie die Proteste gegen Merkel organisiert werden" wurde zudem über hauptsächlich rechte Demonstrationen gesprochen, während am 29. August das Gerechtigkeitsthema in den Fokus rückte, und zwar mit einem Einspieler über Azubis, die ausgenutzt werden. Mit "Neue Belastungen für Italien und Griechenland" gab es dagegen einen raren wirtschaftspolitischen Blick über den deutschen Tellerrand sowie ein medizinisches Thema und einen Beitrag über "Kommunen weisen trotz Leerstand neue Baugebiete aus".

«Report München»


In «Report München» gab es in den Ausgaben vom 15. August, 18. Juli und dem 27. Juni zwei Beiträge, die sich in einem Politmagazin wie Füllmaterial anfühlen – einmal wurde ausführlich über "Beschwerden über Service-Hotlines von Reiseveranstaltern" berichtet, ein weiteres Mal über "Ekelbrot in bayerischen Bäckereien". Quasi zum Ausgleich wurden sogleich drei Mal Aspekte der Flüchtlingspolitik behandelt, die zuletzt im öffentlichen Diskurs untergegangen sind: Seenotretter, die in Kritik geraten, umstrittene Geldzahlungen an Hilfsdienste und der komplizierte, juristische Prozess, der losgetreten wird, wenn sich Asylbewerber selbst schlimmsten Straftaten bezichtigen.

Die AfD wurde derweil bloß einmal, am 15. August, in den Fokus gerückt, und zwar im Beitrag "Mit deutschnationalen Sprüchen in den Bundestag? Die rechten Vordenker der AfD". Ein weiteres populäres Thema des Sommers, die Automobilindustrie, wurde am 27. Juni mit sogleich zwei Beiträgen gewürdigt, am 15. August wurde mit der Reportage "Das zerstörte Urlaubsparadies – Ein Jahr nach der Erdbebenkatastrophe in Italien" einmalig über den deutschen Tellerrand geblickt. Weitere «Report München»-Themen unseres Beobachtungszeitraums: "Der Preis des Erfolges: Kein Platz für Polizisten, Rettungssanitäter und Altenpfleger in Großstädten", "Manipulierte Daten, geschönte Ergebnisse: Fehlverhalten in der Wissenschaft" und "Das zweite Leben - Die vergessenen Opfer von Terroranschlägen".

Fazit


Obwohl wir in unserer Untersuchung der Themenbandbreite der öffentlich-rechtlichen Politmagazine bis in die Sommermonate zurückgegangen sind, gab es erfreulich wenige Beiträge zu sehen, die Nichtigkeiten behandelt oder Themen in den Fokus gerückt haben, die in anderen Magazinen besser aufgehoben wären. Ob Ekelbrote in Bayern und eine Hitler gewidmete Glocke in ein Politmagazin gehören, lässt sich zwar durchaus diskutieren, gemeinhin ist aber lobend festzuhalten, dass die Redaktionen nach größeren Themen fischen und im Sommer bei typischen Verbrauchermagazin-Themen wie Grillkohle oder unnützen Gütesiegeln nach einem tragenden, umweltpolitischen Ansatz gesucht haben.

Zudem muss für die Politmagazine eine Lanze gebrochen werden: Der wiederholt in der Presse vorkommende Vorwurf, die AfD erhalte ein zu großes Forum und somit mehr Aufmerksamkeit als sie verdiene, lässt sich auf die betrachteten Sendungen nicht anwenden. Von 67 ausgewerteten Beiträgen behandelten nur fünf Stück die rechtspopulistische Partei. Gewiss: Anders ausgedrückt mögen knapp über 13 Prozent viel erscheinen, da sich die Beiträge aber kritisch und entlarvend mit der Partei auseinandergesetzt haben, statt ihre Thesen unkommentiert dastehen zu lassen, sollte dies angebracht sein.

Außerdem fällt auf, dass sich die Redaktionen nicht gegenseitig auf die Füße treten. Zwar tauchen grobe Themengebiete wie soziale Ungerechtigkeit (acht Beiträge), die Automobilindustrie (vier Beiträge) und Flüchtlings- sowie Integrationspolitik (insgesamt neun Mal) mehrmals auf, allerdings sind die gewählten Blickwinkel, dargelegten Hintergründe und kritischen Nachfragen sehr unterschiedlich. Ganz gleich, wie es um das politische Klima in Deutschland bestellt sein mag: Die öffentlich-rechtlichen Politikmagazine stehen gut da.
20.09.2017 07:58 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/95930