Die Radio- und Fernsehsender werben mit zahlreichen Informationen auf ihren Internetangeboten. Aber bekommen die Konsumenten wirklich mehr Infos?
Der Weg zum Büro beginnt bei vielen Arbeitnehmern mit einem lokalen oder überregionalen Radiosender. Es bietet sich durchaus an, im Auto die neusten Informationen zu hören. Schaltet der Konsument zu spät ein, dann wird der Autofahrer beruhigt mit „Alle News gibt es noch einmal auf unserer Homepage“. Einige Minuten später im Betrieb öffnet man die Website und findet fast gar nichts, was der Morgenmoderator vorgelesen hat. Fehlende Informationen beim Wetter, bei den Blitzern oder auch bei anderen Informationen, die der Moderater eben noch versprochen hat.
Auch die «Tagesschau» hat mit der Vernetzung zwischen Fernseh- und Onlineangebot Probleme. Beim Urteil gegen die Mietpreisbremse erklärte Sprecherin Linda Zervakis, dass Fragen und Antworten zur Mietpreisbremse in der «Tagesschau»-App zur Verfügung stünden. Das ernüchternde Bild: Der interessierte Konsument bekommt ein nicht funktionierendes Zahnrad zu sehen, inklusive den Hinweis „Fehlfunktion. Wir arbeiten daran“. Bei der Desktopversion sieht es zwar etwas besser aus, aber der verlinkte Artikel ist fast genau drei Jahre alt. Inwieweit dies ein Mehrwert bei neuer Faktenlage sein soll, erschließt sich nicht.
Der Kölner Marktführer RTL hat zu vielen Eigenproduktionen eigene Websites gebaut. Beispielsweise zur eingestellten Sendung
«Rach – Der Restauranttester». Wer Facebook-Fan werden möchte, landet beim Social-Media-Dienst und der dazugehörigen Seite. Aber wieso sollte man das tun, denn RTL hat die Seite im April das letzte Mal geupdatet. Auf der RTL-Rach-Seite gibt es einige Ankündigungstexte und einige Clips inklusive Verlinkung zu TVNOW. Mehrwert bietet die Website allerdings nicht, dafür muss Wikipedia herhalten. Die Online-Enzyklopädie listet alle Episoden auf und stellt übersichtlich zusammen, was aus den damals besuchten Restaurants geworden ist.
Am Wochenende kehrte die RTL-Unterhaltungsshow
«Take Me Out» mit Ralf Schmitz zurück. Die letzte Runde kam im Frühjahr 2017 auf Marktanteile von bis zu 21,5 Prozent. Obwohl die Werte spitze sind, werden die Kandidaten nur für das Date interviewt. Eine Folge später gibt es Eindrücke vom ersten kennenlernen, doch danach ist es mit den Infos vorbei. Laut eines Insiders sind zwar noch keine Paare tatsächlich zusammen gekommen, aber das drückt den Unterhaltungswert kein Stückchen. Außerdem soll es für die Produktion sehr aufwändig sein, für die Sendung die Paare zu Hause zu besuchen.
„Bei den (…) genannten Formaten stellen wir unsere Video-Inhalte in den Fokus, da die Nutzer unserer Angebote diese am meisten nachfragen“, erklärte ein RTL-Sprecher. „Zudem bieten wir nicht zu jedem Format eine Berichterstattung in jeglicher Detailtiefe an, da wir bei der Web-Begleitung unser Hauptaugenmerk stärker auf die für unsere Nutzer relevantesten Formate wie aktuell «Das Supertalent» legen.“ Mit dem
«Supertalent» stellt RTL wirklich einen Mehrwert her, denn es gibt Einblicke hinter die Kulissen mit Nazan Eckes.
Deutlich mehr Mühe gibt sich ProSieben: Mit «Kiss Bang Love – endless summer» bekommt man Trailer, Clips und ganze Folgen, aber auch Kurzportraits aller Teilnehmerinnen und „Bachelor“ Julius. Außerdem gibt es eine Bildergalerie zu den Küssen der Folge.
«House Rules» steht dem in Nichts nach: So gibt es Videos, Nina-Botts-Instagram-Account, Bilder und mehr. Es gibt in Videoform einige Handwerkertipps, die Kandidaten und Experten werden vorgestellt und man kann eine Bildstrecke durchklicken. Aber: Von den Kandidaten von
«The Biggest Loser» gibt es keine Nachverfolgung. Böse Zungen behaupten, dass einige Teilnehmer im Anschluss wieder zulegen.
«Love Island» ist derzeit das Aushängeschild von RTL II und kann sich auch online sehen lassen. Neben kompletten Episoden wird das Konzept erläutert, die Paare vorgestellt und eben auch die einzelnen Kandidaten. Bereits im Frühjahr zeigte der Sender
«Naked Attraction» und verfolgte, was mit den Paaren nach Drehschluss passierte. Bei einigen hat es gefunkt, bei anderen dann doch nicht.
Mit der
«Höhle der Löwen» hat VOX ebenfalls einen Knaller im Programm. Auf der dazugehörigen Homepage gibt sich der Sender nicht bescheiden. Man bietet unterschiedliche Clips an, dazu einige exklusive Webinhalte und die Pitches können einzeln ohne viel Werbung angesehen werden. Doch bei der «Höhle der Löwen» fehlt ebenfalls die Nachverfolgung der Projekte, da einige Geschäfte im Nachhinein nicht zu Stande kommen. Medienportale wie Gründerszene fahren mit Informationen über die Show hohe Klicks ein, weshalb dies doch auch für VOX interessant sein könnte.
Dass es eine Verschiebung von Text zu Videobeiträgen im Internet gibt, ist seit Jahren ein Trend. Doch nicht jeder User möchte sämtliche Inhalte in Videoform konsumieren. Einen guten Mittelweg wählen die ProSiebenSat.1-Gruppe und RTL II, die neben Bewegbild auch kurze Informationen über die Personen anbieten. Bei allen Sendern ist es aber gleich: Wenn das Format erst einmal komplett ausgestrahlt wurde, hört die Betreuung des Online-Angebotes auf – teilweise bleiben auch Ankündigungstexte monatelang unverändert stehen.