Produktionsmogul Harvey Weinstein: Jahrzehnte der sexuellen Belästigung

Die 'New York Times' erhebt schwere Vorwürfe gegen den Produzenten solcher Filme wie «Pulp Fiction», «Scream» und «Shakespeare in Love».

The Weinstein Company

Das von den Weinstein-Brüdern gegründete Unternehmen ist vornehmlich als Kinoverleih und -produktionsstudio tätig. Unter anderem verantwortete The Weinstein Company «The King's Speech», «Inglourious Basterds», «The Imitation Game» und «Sin City: A Dame to Kill For».
Harvey Weinstein gründete mit seinem Bruder Bob das Indie-Label Miramax Films, das vornehmlich auf kantige Komödien und Horrorware zielende Studio Dimension Films sowie, nachdem die Brüder Miramax verlassen haben, die Produktionsschmiede The Weinstein Company. Über diese Studios verteilt verantwortete Harvey Weinstein Kult-Filme wie «Pulp Fiction» und «Dogma», Kassenerfolge wie «Scream» und «Inglourious Basterds» sowie Oscar-Hits wie «Shakespeare in Love», «Chicago» und «Silver Linings» oder «Good Will Hunting». Seit der Gründung von Miramax im Jahr 1979 baute sich Harvey Weinstein ein Image als Produzentenmogul alter Schule auf, der riesige Branchenpartys schmeißt, aufbrausend ist und alles in Bewegung setzt, um seine Filme originell zu bewerben. So scherzte Jennifer Lawrence in ihrer Golden-Globe-Dankesrede 2013, dass Weinstein wohl jemanden getötet hat, um ihr den Award zu ermöglichen.

Rückblickend ist Lawrences' Scherz nicht mehr so lustig. Denn wie die 'New York Times' berichtet, zählt zwar nicht Mord zu den Schandtaten Weinsteins, wohl aber Jahrzehnte der sexuellen Belästigung und des gezielten Missbrauchs seiner hohen Position in der Medienbranche im Umgang mit jungen, weiblichen Talenten. Dem Bericht zufolge hat Weinstein regelmäßig wichtige Meetings mit Frauen in seinem Hotelzimmer abhalten lassen, wo er sich dann unangekündigt nackt oder nur in Badmantel bekleidet präsentiert hat. Darauf hätten zumeist sexuelle Avancen gefolgt, wie die Bitte um ein gemeinsames Bad oder die Frage, ob die Frauen ihm nicht beim Duschen zuschauen wollen. Auf Ablehnung habe Weinstein wiederholt mit Drohungen geantwortet, die Karriere seines Gegenübers auszubremsen.

Unter anderem beschuldigen «Planet Terror»-Star Rose McGowan und «Frida»-Nebendarstellerin Ashley Judd den Film- und Fernsehproduzenten, sie sexuell belästigt zu haben. Zudem nennt die 'New York Times' zwei Weinstein-Assistentinnen, eine weitere Schauspielerin und ein italienisches Model, die allesamt anonym bleiben wollen, als weitere Opfer Weinsteins, die im Kontakt mit dem Medium stehen. Ex-Weinstein-Mitarbeiterin Laure O'Connor untermauert die Vorwürfe und lässt sich zitieren, dass ihr früherer Chef eine toxische Umgebung für Frauen erschaffen und auch wiederholt unerwünschten physischen Kontakt gesucht habe. In mindestens drei Fällen wird Weinstein zudem Vergewaltigung vorgeworfen.

Während Weinsteins Anwälte und Pressesprecher der Weinstein Company gegenüber der 'New York Times' versuchen, die Vorwürfe abzuwiegeln, gibt der Produzent praktisch zu, all dies getan zu haben: In einem öffentlichen Statement schreibt er, er sei "in den 60ern und 70ern gereift, als die Benimmregeln am Arbeitsplatz noch anders waren" und dass er nun einsehen würde, dass dies "keine Entschuldigung sei", weshalb er mit Therapeuten daran arbeite, sich zu ändern. Weiter schreibt er: "Ich respektiere alle Frauen und bedauere, was passiert ist." Während Weinstein die Vorwürfe mit keinem Wort abstreitet, versucht er, in seinem Statement, vom Thema abzulenken, indem der politisch hoch aktive Medienmacher verspricht, seine Energie künftig verstärkt darauf aufzuwenden, die Waffenlobby NRA zu bekämpfen.
06.10.2017 09:51 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/96293