Die glorreichen 6: Agentenfilme ohne 007 (Teil VI)

Das Genre des Spionagefilms kennt so viel mehr als nur die legendäre 007 namens James Bond. Zum Abschluss der Staffel geht's um die Agentenkomödie «Spy - Susan Cooper Undercover».

Die Handlung


«Spy - Susan Cooper Undercover»

  • Regie: Paul Feig
  • Produktion: Peter Chernin, Paul Feig, Jessie Henderson, Jenno Topping
  • Drehbuch: Paul Feig
  • Darsteller: Melissa McCarthy, Rose Byrne, Jude Law, Jason, Statham, Jessica Chaffin, Miranda Hart, Richard Brake
  • Musik: Theodore Shapiro
  • Kamera: Robert D. Yeoman
  • Schnitt: Melissa Bretherton, Brent White
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
  • Laufzeit: 119 Minuten
  • FSK: ab 16 Jahren
Normalerweise ist die strebsame CIA-Analystin Susan Cooper (McCarthy) nicht von ihrem Arbeitsplatz in der Zentrale des US-amerikanischen Geheimdienstes wegzubekommen. Sie liebt ihren ruhigen Bürojob und steht ihrem liebgewonnen Kollegen Bradley Fine (Jude Law) mit Rat und Tat via Telefon zur Seite, wenn dieser wieder einmal in einem Außeneinsatz den Weltfrieden sichert. Doch auf der Jagd nach der gemeingefährlichen Schurkin Raina Boyanov (Rose Byrne) geht etwas schief und Bradley muss vor den Augen von Susan Cooper den Löffel abgeben. Traurig über den Verlust steht die CIA nun mit dem Rücken zur Wand, denn Boyanov muss so schnell wie möglich dingfest gemacht werden.

Es ist die Chance für Susan, auch endlich als Agentin Karriere zu machen. Aufgrund ihres unscheinbaren Äußeren wird sie von ihrer Chefin darauf angesetzt, in die Fußstapfen ihres verstorbenen Kollegen zu treten. (Fast) ganz ohne Hilfe des von sich selbst zur allzu überzeugten Vorzeige-Actionhelden John Ford (Jason Statham) reist Susan inkognito um die halbe Welt, um sich unbemerkt an Rainas Fersen zu heften. Doch mit ihrem neuen Dasein als knallharte Ermittlerin ist Susan so überfordert, dass sie sich schon sehr bald die Hilfe ihrer Kollegen herbeisehnt. Ein Glück, dass die CIA auf alles vorbereitet ist…

Der Platz von «Spy - Susan Cooper Undercover» im Pantheon des Agentenkinos


Paul Feig weiß ganz genau, welche Knöpfe er wann zu drücken hat, um aus einer biederen Bond-Persiflage das Optimum an Alleinstellungswert herauszuholen. Feig, der in Interviews mehrfach seine Liebe zum britischen Ur-Spion James Bond betonte, geht es wie schon seinem «Kingsman»-Kollegen Matthew Vaughn ("Die glorreichen sechs"-Ausgabe IV) nicht darum, eine bloße Nachdichtung zu inszenieren, sondern eine Verneigung vor den charmanten Gentleman-Spionen zu kreieren, die der Regisseur mithilfe simpelster Mechanismen gekonnt unterläuft. Trotz Hemmungen, den knallharten Action-Haudegen Jason Statham eine sich selbst veralbernde Rolle in «Spy» anzubieten, lässt Feig ein ganzes Potpourri klassischer Agentenfilmfiguren auflaufen, ohne dabei Stereotypen abzuhaken und Klischees zu bedienen. Statham, dessen vielfältige Kostümierung Feig als „Highlight des Films“ beschreibt, zieht zudem sein Image als Martial-Arts-Held einmal kreuz und quer durch den Kakao. Jude Laws mimt indes den aalglatten Archetyp eines geleckten Agenten und bildet ein ideales Kontrastprogramm zur eher grobmotorisch veranlagten Performance Stathams.


Die 6 glorreichen Aspekte von «Spy - Susan Cooper Undercover»


Obwohl Melissa McCarthys Rolle der Protagonisten zunächst wie die eines typischen „Graue Maus“-Charakters anmutet, wächst Susan mit der Zeit nicht nur emotional über sich hinaus, sondern entdeckt obendrein auch ungeahnte Nahkampf-Fähigkeiten. Die hochanspruchsvollen Kampf-Choreographien forderten der sympathischen Schauspielerin körperlich alles ab und sind zum Großteil ohne Stuntmen inszeniert worden. Als fachkundiger Zuschauer erkennt man auch hier Referenzen auf diverse Actionfilm-Vorbilder: Ein Fight zwischen Susan Cooper und ihrer Gegnerin innerhalb einer asiatischen Küche lassen sofort Erinnerungen an die legendäre Schlusssequenz von «The Raid 2» wach werden. Im Vergleich zu derartigen Genrebeiträgen muss «Spy» genrebedingt allerdings Abstriche machen: Die inszenierten Kampfszenen haben zwar ein sehr ordentliches Niveau, bahnbrechende Quantensprünge sollte man von ihnen jedoch nicht erwarten. Dafür legt Feig seinen Film doch bevorzugt als Komödie an.

Für eine solche ist Feig, der neben der Regie auch das Schreiben des Drehbuchs übernahm, jedoch sehr dran gelegen, dass nicht nur die Gagdichte hoch ist, sondern auch das Storytelling einem konsequenten Muster folgt. «Spy» ist keine bloße Nummernrevue. Schon bei der Zeichnung der Schurkin gibt sich Feig sichtbar Mühe, keinen eindimensionalen Bösewicht zu kreieren. Rose Byrne («Das hält kein Jahr..!») spielt ihre herablassende Antagonistenrolle der Raine so genial und selbstgenießend, dass man als Zuschauer gar nicht genug von ihrer Anwesenheit bekommt. Das Zuschauen ihrer ultimativen Superzicken-Attitüde hat einen ähnlichen Unterhaltungswert wie die Eskapaden der eigentlichen Heldin. Kurzum: In «Spy» wird es trotz der auslandenden zwei Stunden nie langweilig. Auch deshalb, weil die Beweggründe der Bösewichtin nachvollziehbar sind und über das übliche Weltherrschafts-Gewäsch hinausgehen. Was abseits dieser pointierten Treffsicherheit innerhalb der Texte jedoch am meisten beeindruckt, ist die handwerkliche Raffinesse. Mit einer Vielzahl an Explosionen, (durchaus blutiger) Schießereien und Verfolgungsjagden steht «Spy» dem Adrenalingehalt seiner ernst gemeinten Vorbilder in nichts nach. Paul Feig legt seine persönliche Leidenschaft für den Agentenfilm in jede einzelne Szene und liefert damit ein buntes Potpourri verschiedenster Genre-Einflüsse ab, was vielleicht nicht einmalig ist, in seiner Qualität allerdings vor Konsequenz und Passion nur so strotzt. Und das ist im modernen Hollywoodkino tatsächlich recht selten geworden.

«Spy - Susan Cooper Undercover» ist auf DVD und Blu-ray Disc erhältlich sowie über Amazon, maxdome, iTunes, Google Play, Microsoft, JUKE, Rakuten TV, Videoload, Sony und CHILI streambar.
08.10.2017 10:30 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/96325