Vor dem nächsten «Bares für Rares»-Primetime-Special hat sich Quotenmeter-Chefredakteur Manuel Weis mit Horst Lichter unterhalten. Es wurde ein Gespräch über Telefonate nach den Rekordquoten, Lichters arbeitsreiche Jugend, das Privileg Fernsehen zu machen und seine generelle Einstellung zum Umgang mit seinen Kollegen.
Zur Person: Horst Lichter
Lichter wuchs in einem rheinischen Braunkohlerevier auf, hatte früh die Leidenschaft Koch zu werden. Doch weil er mit dem Ton in gewerblichen Küchen nicht klar kam, wechselte er und wurde Arbeiter in einer Brikettfabrik. Durch den Kauf eines Hauses geriet er finanziell unter Druck, arbeitete über die Maßen viel und schädigte damit seine Gesundheit. 1990 dann eröffnete er sein erstes eigenes Restaurant. Über diesen Laden produzierte der WDR einen TV-Beitrag und Lichter geriet auf's Radar der TV-Macher. Er begann seine Karriere in Kerners Kochshow, bekam bald eigene Formate wie «Lafer! Lichter! Lecker». 2013 startete «Bares für Rares», das zunächst nur sonntagnachmittags gesendet wurde.Herr Lichter, die dritte Primetime-Sendung von «Bares für Rares» steht an. Ich weiß noch, im Sommer, vor der Ersten, da dachten wir: Wenn da drei Millionen Zuschauer zusehen, dann wird das ZDF wohl zufrieden sein. Am Ende waren es über sechs Millionen. Wie sah Ihre Rechnung aus?
Das habe ich ehrlich auch nicht erwartet. Das war ein Traum! Ich erinnere mich noch gut, wir haben die Sendung alle zusammen auf Leinwand geschaut. Ein wunderbarer Abend! Natürlich spricht man da auch drüber. Wir wussten ja, wie viele Leute uns nachmittags gucken und so waren wir auch der Meinung, dass mit 13 Prozent alle zufrieden sein können. Ab 14 Prozent hätten wir uns richtig gefreut. Dann kam der nächste Morgen. Ich muss sagen, dass ich noch im Bett lag, als mich der ZDF-Unterhaltungschef anrief. Er war ganz aufgeregt. Wir hatten fast 24 Prozent geholt. Danach stand mein Telefon nicht mehr still. Im Laufe des Vormittags habe ich auch alle Händler und Experten angerufen. Alle haben sich gefreut. Das war ein ganz wunderbarer Tag. Wissen Sie, wir machen ja keine Mega-Show – umso traumhafter ist es, dass man mit einer feinen Sendung einen solchen Erfolg landen kann.
Wie würden Sie es denn beschrieben? Was ist in der Primetime anders als nachmittags?
Es ist schon alles ein bisschen größer, schöner und ein paar Promis schauen ja auch immer vorbei. Aber das Prinzip bleibt. Wissen Sie, ich vergleiche das immer mit einem Restaurant. Das deutsche Fernsehen bietet Fast Food an. Das sind Sendungen, die muss ich jetzt nicht namentlich nennen, aber wir wissen, welche ich meine. Dann gibt es natürlich die Sterne-Küche – das sind Programme, die bei arte, ZDFinfo und solchen Anbietern laufen. «Bares für Rares» ist die gut bürgerliche Küche. Die tägliche Ausgabe um 15.05 Uhr kann man also mit einer wunderbaren Frikadelle vergleichen. Damit kann der Fast-Food-Stammkunde etwas anfangen – und: Der Sternekoch, der geht auch mal gern gut bürgerlich essen. Die Primetime-Ausgabe ist quasi der Sonntagsbraten, den ich mit leckerem Kohlrabi aus dem eigenen Garten serviere. «Bares für Rares» lebt von seinen vielen Überraschungen, den tollen Geschichten und natürlich den Händlern und Experten. Mit am Wichtigsten ist aber, dass wir wirklich jeden unserer Gäste mit größtem Respekt behandeln. Ganz egal, ob er wirklich mit einem Schatz zu uns kommt, oder mit einer einfachen Kaffeekanne.
Sie kommen ja auch gerade von Dreharbeiten. Wie oft kommt es denn vor, dass jemand wirklich mal Gerümpel mitbringt?
Das passiert schon hin und wieder. Manchmal ist es ja so, dass Leute wirklich der Meinung sind, dass sie etwas sehr Wertvolles zu uns bringen. Wir müssen das dann genau prüfen. Ist es vielleicht so, dass es nur nachgemacht ist? Vielleicht ist der Künstler oder Hersteller auch ein anderer als gedacht. Das sind die spannenden Momente. Gerade heute kam – ich will nicht zu viel verraten – eine Frau mit einer Kiste zu uns. Darin waren vier Teile. Am Ende ging die Dame mit 500 Euro nach Hause. Das kann bei uns immer in beide Richtungen gehen.
Die Show lebt letztlich ja auch von den Experten und vor allem von den Händlern, die das Herzstück der Sendung sind…
Sehen Sie, es ist wie im Restaurant: Der Gast geht nur dann zufrieden, wenn alle Schrauben ineinandergreifen. Das ist keine Einzelleistung. Deshalb ist es auch bei uns ein Erfolg jedes Einzelnen. Ich bin glücklich, dass wir so viele Menschen gefunden haben, die in der Sendung so sind, wie sie sind und dass wir damit so viele Leute unterhalten.
Natürlich kommen mir da sofort der Waldi mit seinen „Achtsch“-Euro oder Luggi in den Sinn, der gerade im Süden unseres Landes inzwischen ein echter Star ist…
Ja, der Waldi mit seinen 80 Euro. Ich muss den Waldi hier mal verteidigen. Der stößt nämlich manchmal auf Kritik. Auch das gibt es bei uns! Der Mann ist aber einfach total ehrlich. Wenn er mal für etwas bietet und die Summe liegt deutlich unter dem Wert, dann ist das nie böse gemeint. Manche meinen, er will die Verkäufer dann über den Tisch ziehen. Aber manchmal kennt er sich in bestimmten Bereichen nicht so gut aus oder ist einfach nur geschickt im Verhandeln. Aber er ist ein herzensguter Mensch. Und der Ludwig, ja, der hat unglaublich viele Fans. Das kommt von seinem Auftreten, auch von seinem Alter. Er ist eine Bereicherung für uns.
„
Wer mein altes Restaurant kennt, der weiß auch, dass ich da so viel Zeug hatte, dass ich «Bares für Rares» 30 Jahre lang alleine am Leben halten könnte.
”
Horst LIchter über seine Leidenschaft für Trödel
Sie sind ja eigentlich Koch. Aber Altes und Trödel lagen Ihnen ja schon immer am Herzen…
Das war in meinem Leben wirklich schon immer ein Thema. Wer mein altes Restaurant kennt, der weiß auch, dass ich da so viel Zeug hatte, dass ich «Bares für Rares» 30 Jahre lang alleine am Leben halten könnte. Und mir war auch als Kind schon immer Altes lieber. Ich weiß noch, dass ich mal ein neues Fahrrad bekommen habe. Das habe ich dann gegen ein altes eingetauscht, gegen eins, das eine Geschichte hat. Ich habe eine große Leidenschaft für die Geschichten, die mit Dingen zusammenhängen. An Drehtagen bin ich eigentlich immer mindestens eine halbe Stunde vorher am Set. Einfach nur, um mit den Menschen über ihre Geschichten zu reden. Das macht mich glücklich. Da tut es mir fast schon leid, dass unsere Händler diesen Kontakt nicht haben dürfen. Wir nehmen das nämlich sehr ernst: Sie sollen die Menschen ja erst im Händlerraum kennenlernen.
Sie produzieren die Sendung inzwischen in hoher Stückzahl. Wir alle wissen, dass die Arbeit in der Entertainment-Branche teils durchaus energieraubend und stressig ist. Druck ist oft auch da. Wie gehen Sie damit um, auch vor dem Hintergrund, dass Sie in jungen Jahren ja gesundheitlich sehr angeschlagen waren, weil Sie schlicht zu viel gearbeitet haben?
Das stimmt absolut. Wer mein Buch aber gelesen hat, der weiß, wie ich inzwischen mit meinem Leben umgehe. Ich mache nur noch Dinge, die mir Freude bereiten. Und das ist der ganz große Unterschied. Sehen Sie: Wenn Sie jetzt lauter Artikel schreiben dürfen, die Ihnen große Freude bereiten, dann ginge Ihnen das vermutlich leicht von der Hand. Sie hätten Spaß daran. Würde ich Ihnen jetzt aber Themen und Artikel aufzwingen, sie müssten also etwas tun, für das Sie nicht die große Leidenschaft haben, dann müssten Sie vermutlich ganz viel in die Waagschale werfen. Was Sie gelernt haben, Kraftreserven und mehr. Ich darf – Gott sei Dank – Dinge machen, die mich glücklich machen. Klar sind Drehtage immer auch anstrengend und ich bin abends wirklich müde, aber mein Job ist auch sehr erfüllend.
„
Luxus war für mich, dass ich mir neben einem kleinen Auto ein Motorrad und einen Oldtimer erspart hatte. Das alles ist keine 15 Jahre her. Glauben Sie mir, ich weiß, was es heißt, richtig hart zu arbeiten. Das habe ich seit meinem 14. Lebensjahr gemacht. Was ich jetzt machen darf, ist ein unfassbares Glück.
”
Horst Lichter
Unterscheidet Sie somit auch, dass Sie sehr bewusst wissen, welches Privileg es letztlich ist, im Fernseh-Zirkus arbeiten zu dürfen?
Mit Sicherheit. Ich kenne auch ein anderes Leben. Sehen Sie: Ich bin 55. Im Fernsehen bin ich jetzt seit 18 Jahren. Mit Erfolg mache ich das seit zwölf Jahren. Anfang 40 hatte ich somit noch ein Leben wie jeder andere Bürger in unserem Land. Mein größter Wunsch war damals immer, dass ich schuldenfrei in Rente gehen kann. Ich wollte mein kleines Häuschen bezahlt haben und mich somit ohne Sorgen zur Ruhe setzen. Luxus war für mich, dass ich mir neben einem kleinen Auto ein Motorrad und einen Oldtimer erspart hatte. Das alles ist keine 15 Jahre her. Glauben Sie mir, ich weiß, was es heißt, richtig hart zu arbeiten. Das habe ich seit meinem 14. Lebensjahr gemacht. Was ich jetzt machen darf, ist ein unfassbares Glück. Ich gehe morgens ins Studio, wo mich jeder unfassbar lieb behandelt. Warum? Weil ich auch jeden unfassbar lieb behandele. Wir lachen so viel am Set, wir helfen uns gegenseitig, wenn es mal nötig ist. Besser kann es nicht sein.
Und ich kann Sie beruhigen: Bei den aktuellen Quoten stehen die Chancen gut, dass das auch in fünf Jahren noch der Fall sein wird?
Alles in der Welt hört irgendwann mal auf, aber Sie haben recht, dass das wohl nichts ist, was sehr bald ansteht. Ich werde allerdings nicht mit 80 noch auf der Bühne stehen. Es gibt ja immer wieder Musiker, Schlagersänger zum Beispiel, die dann auch im hohen Alter noch auftreten, weil sie den Applaus brauchen. Ich bin da anders. Ich habe jetzt mehr erreicht, als ich jemals erträumt habe. Aber ich werde immer wissen, woher ich komme.
«Bares für Rares» ist die mit Abstand erfolgreichste deutsche Trödelshow. Welche anderen Trödelsendungen sieht Horst Lichter denn privat?
Ich gucke da in einige gerne rein. Vor allem auf DMAX laufen ja verschiedene amerikanische Formate, wo Sachen verkauft werden. Da bleibe ich immer wieder hängen. Ansonsten schaue ich im Fernsehen sehr gerne auch Filme und Dokumentationen. Und ich schaue auch «Bares für Rares». Ehrlich. Zum einen versuche ich mich immer an die Leute zu erinnern. Es liegt ja doch immer eine Zeit zwischen Produktion und Ausstrahlung. Und dann bekomme ich ja die Verhandlungen im Händlerraum nie mit. Und die interessieren mich ja schon auch…
Herr Lichter, danke für das Gespräch.