«Weisheiten»: Sommerpause
Durchaus masochistische Züge lassen sich in letzter Zeit bei mir erkennen – ich tue es immer wieder. Ich blättere die aktuellen Programmankündigungen der großen deutschen Privatsender durch. Diese werden üblicherweise sechs Wochen im Voraus für Journalisten zugänglich gemacht. Was dort über den Monat Juni zu lesen ist, schmerzt. Man könnte fast meinen, dass jede gute Sendung im Sommer eine Pause einlegt.
Beginnen wir bei RTL: Dass Jauch pausiert, schadet vielleicht nicht. Die RTL-Allzweckwaffe konnte mit dem allabendlichen Quiz (zumindest mir kommt es so vor, als ob jeden Abend gesendet wird)höchstwahrscheinlich auch nur deswegen überleben, weil die Show lange und ausgedehnte Pausen einlegt. Das war’s dann aber schon. Erstmals seit dem Start gibt es eine Sommerpause für die Knastfrauen aus Reutlitz («Hinter Gittern»). Stattdessen ist Konservenkost vorgesehen. «Dr. Samantha Ryan» ermittelt im Sommer montags, von der BBC-Serie werden sowohl neue Fälle als auch Wiederholungen gezeigt. In der Wiederholung laufen auch die RTL-Filme am Mittwoch – allein die Titel treiben Tränen in die Augen. Der Klassiker im RTL-Programm im Sommer ist auch in diesem Jahr wieder vertreten. «Inspektor Columbo» trottet an 15 Donnerstagen durch die Weltgeschichte.
Auch beim Berliner Sender Sat.1 sieht das Bild nicht besser aus. Cordula Stratmanns «Schillerstraße» ist zehn Wochen geschlossen. Immerhin: Stattdessen gibt es frische Kost mit «Deal or no deal». Auch Ottfried Fischer gönnt sich eine Verschnaufpause. Er wird am Mittwochabend durch Reruns der Krimiserie «SK Kölsch» ersetzt. Was für RTL «Columbo» erledigt, besorgt «Asterix» in Sat.1. Der Gallier wird auch in diesem Sommer wieder samstags mit seinem Freund Obelix gegen die Römer kämpfen.
Wirklich enttäuscht hat mich eine Meldung in dieser Woche: Meine verschollenen Freunde der Serie «Lost» müssen ebenfalls eine Pause einlegen. Menno, wie soll man das denn aushalten? Neben ihnen haben auch die «Desperate Housewives» Sendepause.
Warum aber gibt es die Sommerpause überhaupt? Prinzipiell sind die Einschaltquoten im Sommer niedriger, weil viele Menschen ihren Feierabend lieber auf der warmen Terrasse als vor dem TV-Gerät verbringen. Aus den niedrigeren Einschaltquoten folgen auch niedrigere Werbeeinnahmen. Damit die Sommermonate nicht zum Verlustgeschäft werden, senden die Anstalten also etwas, was sie sowieso schon bezahlt haben: Wiederholungen – oder wie der neue Fachausdruck lautet: „Reruns“ - ist zwar eigentlich das Gleiche, aber alle finden ihn toll.
Betrachten wir die Angelegenheit aber einmal von einer anderen Seite: Sind die Einschaltquoten nur deswegen so niedrig, weil die Qualität des Sommerprogramms eher minder ist? Vielleicht würden Shows, Serien und Filme in Erstausstrahlung doch keine so schlechten Werte liefern. Eines steht fest: Die Sommerpause ist absolut out. Jetzt sind die Sender an der Reihe: Schläfert uns bitte nicht zu sehr ein.