Mit den «80s Smash Hits» revitalisierte Nitro am Donnerstagabend seine Marke «Nitrolaut» - und ließ Markus Kavka eine televisionäre Hausparty feiern, wie sie echte Musikfans nur lieben können.
Meistgestreamte Titel der 80er
- Wham! - Last Christmas
- Survivor - Eye Of The Tiger
- Journey - Don't Stop Believing
- Michael Jackson - Billie Jean
- Toto - Africa
- Marvin Gaye - Sexual Healing
- The Proclaimers - I'm Gonna Be (500 Miles)
- Bryan Adams - Summer Of '69
- a-ha - Take On Me
- Phil Collins - In The Air Tonight
Erhoben wurden die Charts von der GfK Entertainment.
Das Thema Musik im deutschen Fernsehen ist in der heutigen Zeit nicht selten begleitet von einem gewissen Kulturpessimismus. Mit Blick auf das Untergenre Casting hieß es lange, es ginge nicht ohne egozentrische Alphatiere der Marke Bohlen oder Soost, die oft eher mäßig talentierte, aber umso willigere junge Wannabe-Sternchen durch die Voyeurismus-Hölle gehen ließen - bis «The Voice» zeigte, dass es auch mit wirklich talentierten Musikern klappen kann. Das Wort "Musikfernsehen" schien seit Mitte der 2000er-Jahre untrennbar mit "tot" verbunden, bevor ausgerechnet das quasi schon gescheiterte Deluxe Music plötzlich den Lazarus machte und zumindest in der Nische mittlerweile schöne Erfolge einfährt. Live-Musik ohne Wettbewerbs- und Casting-Gedanken galt als sichere Flop-Garantie - bis «Sing meinen Song» aufkam.
Und das Musikranking? Diesen Bereich grast inzwischen nur noch wenige Male im Jahre Oliver Geissen in seiner «Ultimativen Chart Show» breitenwirksam ab, ansonsten ist es nach einem großen Hype inzwischen eher ruhig geworden um die televisonäre Aufbereitung von Hitlisten. Dass es aber auch ohne abendfüllende Shows in einem ebenso großen wie sterilen Studio, belanglosen Aktionspielchen mit bestenfalls ansatzweisem Bezug zur Musik und desinteressierten Prominenten, die oft eher aus Promo- und Präsenz-Gründen an der Show partizipieren, gehen kann, zeigte am Donnerstag Markus Kavka in
«80s Smash Hits powered by Nitrolaut».
Darin lud der Gastgeber zu einer kleinen Hausparty ein, die sich Sebastian Madsen, Kai "Havaii" Schlasse (Frontmann von Extrabreit), Kai Wingenfelder, Larissa Rieß sowie der bekannte Drummer Curt Cress nicht entgehen lassen wollten. Als roter Faden der Show fungiert ein Ranking der 25 meistgestreamten Songs der 80er-Jahre - was insofern ein durchaus interessanter Hitlisten-Ansatz ist, dass hierbei nicht in erster Linie darauf geschaut wird, was in dieser Dekade selbst besonders erfolgreich war, sondern was gewissermaßen die Zeit überlebt hat und noch heute oft und gerne konsumiert wird. Und das fördert so einige Überraschungen zutage, wie etwa den Bronzerang von Journey, deren "Don't Stop Believing" einst noch nicht einmal die Hitparade erreicht hatte.
Neben dem ebenso stimmigen wie interessanten frischen Chart-Ansatz und der erfreulich musikzentrierten Gästeliste ist vor allem die Kompaktheit der Sendung zu loben, die in gerade einmal gut einer Stunde Brutto-Sendezeit Ranking, Talk, Spiele und einige Live-Performances der Künstler unterzubringen vermag. An mancher Stelle wirkt das eine Nuance zu gehetzt und ambitioniert, aber der massive inhaltliche Leerlauf der «Chart Show» tritt hier überhaupt nicht auf. Spiele wie Songtexte oder Mashup-Raten bzw. Karaoke singen sind hingegen auch bei Moinmoin-Olli denkbar, werden hier aber eben nicht mit sinnentleerten Aktionsspielen ohne musikalischen Bezug gepaart. Und so sieht der Musikfan eine angenehme, schlicht aufgemachte Stunde Fernsehen, bei dem einzig das räumlich abgetrennte Studio-Publikum ein wenig deplatziert wirkt.
Was ist euer liebster Smash Hit der 80er?
Ob nun ein solches Format auch im Hauptprogramm funktionieren würde? Reflexartig neigt man zunächst zu einem "nein", weil man solche Formate kaum mehr kennt bei den großen Sendern, die Show eher den Charme einer exklusiven Musiknerd-Feier hat und Kavka, Madsen und Co. eben nicht die Gesichter sind, die standardmäßig die Heavy Rotation von RTL, Sat.1 oder ProSieben runterspulen. Doch all diese Bedenken haben nicht zuletzt auch dazu beigetragen, dass die großen Privatsender im 21. Jahrhundert mitunter angestaubter und von der Routine gelähmter daherkommen als die öffentlich-rechtlichen Pendants.
Aber vielleicht ist ja auch schon die Frage nach der Mainstream-Tauglichkeit eines solchen Formats der falsche Denkansatz und man sollte es wertschätzen, dass Kavka als Aushängeschild des Musik-Journalismus seit einigen Jahren wieder vermehrt im deutschen Fernsehen zu sehen ist. Mit solch schönen, von jeglichen Anbiederungsvorwürfen an die breite Masse gefeiten und im besten Sinne des Wortes "musikalischen" Fernsehsendungen wie «80s Smash Hits powered by Nitrolaut» fällt die Wertschätzung des Liebhabers jedenfalls nicht schwer - zumal Nitro am Donnerstag mit der sehenswerten deutschen (und von Thomas Gottschalk kommentierten) Musikdoku «40 Jahres Musikvideos» sowie der US-Doku «The Eighties» auch sonst so einige Einschaltargumente sammelte. Schade nur: Bis auf die Kavka-Show kam davon alles nur aus der Konserve.
Nitro zeigt am kommenden Donnerstag um 22 Uhr eine weitere Folge der Sendung, in der man sich dann der Smash Hits der 90er-Jahre annehmen wird.