Verbrechensbekämpfer und Zuschauerhit

Zum runden Geburtstag des ZDF-Fahndungsklassikers «Aktenzeichen XY… ungelöst» werfen wir einen Blick auf die Vergangenheit. Worin genau besteht das Erfolgsrezept der Sendung?

Zur Person: Rudi Cerne

Rudi Cerne, geboren 1958 in Wanne-Eickel, startete seine Karriere als Eiskunstläufer, während der er zwei Mal deutscher Meister wurde. Mit dem Gewinn der Silbermedaille bei der Europameisterschaft 1984 in Budapest feierte er internationale Erfolge. Nach einigen Jahren bei der ARD ging Cerne, der sich inzwischen voll und ganz dem Fernsehjournalismus verschrieben hatte, 1996 ins ZDF. Dort präsentierte er bis 2005 u.a. «Das aktuelle Sportstudio». Bis heute moderiert Cerne hin und wieder den Sportteil bei den «heute»-Nachrichten. Neben seinen Arbeiten als Sportjournalist ist er seit 2002 Moderator von «Aktenzeichen XY... ungelöst».
Knapp 34 Jahre lang - von Februar 1981 bis Dezember 2014 - war «Wetten, dass..?» im ZDF auf Sendung. Im doch eher kurzlebigen TV-Business ist das eine Zeitspanne, die nahezu einer Ewigkeit gleichkommt. Immerhin fast halb so lange existiert inzwischen die RTL-Show «Wer wird Millionär?». Das Jauch-Format feierte erst kürzlich seinen 18. Geburtstag und gehört damit zu den ältesten Sendungen, die in diesen Tagen überhaupt noch im Fernsehen zu sehen sind.

Doch verglichen mit dem Jubiläum, das 2017 die Verantwortlichen von «Aktenzeichen XY… ungelöst» begehen durften, wirken sowohl die Lebenszeit von «Wetten, dass…?» als auch das aktuelle Alter von «Wer wird Millionär?» ziemlich mickrig. Die Fahndungsshow im ZDF feierte in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Auch ein halbes Jahrhundert nach dem Start geht das Format, das von Rudi Cerne moderiert wird, regelmäßig auf Sendung und veranlasst jedes Mal ein Millionenpublikum zum Einschalten. Quotenmeter.de blickt zurück auf die Geschichte der Sendung, die Statistiken zu den behandelten Fällen, die Einschaltquoten – und das Erfolgsrezept.

Von Zimmermann zu Cerne


Seine erste «XY»-Folge moderierte der derzeitige Moderator Rudi Cerne vor knapp 16 Jahren am 18. Januar 2002. Noch viel länger als von Cerne wurde die Sendung allerdings von Eduard Zimmermann moderiert, der «Aktenzeichen XY» 1967 ins Leben lief. Insgesamt 30 Jahre lang war der 2009 verstorbene Zimmermann das Gesicht der Sendung. In dieser Zeit moderierte er unglaubliche 300 Folgen – ab Januar 1975 übrigens nicht mehr in Schwarz-weiß, sondern in Farbe.

Den Sendeplatz am Mittwochabend hat das Format seit Anfang 2008. Damals kam, es im Zuge einer größeren Programmumstellung beim ZDF, zu der Verschiebung und zugleich zu einer Ausweitung der Sendezeit von ehemals 60 auf nun 90 Minuten. Einen Problem mit dem Mittwoch hatte man nie, bis heute fährt man hier äußerst erfolgreich.

Die Rekord-Ausgabe


Ich sehe es genauso: Dass man nichts unversucht lassen darf, solange es einen Funken Hoffnung gibt.
Rudi Cerne zur Suche nach Madeleine McCann
Fakt ist: In den letzten zehn Jahren rutschte keine Ausgabe von «Aktenzeichen… XY» unter den Senderschnitt - was allein schon die enorme Zugkraft des Formats unterstreichen dürfte. Die beste Quote der jüngeren Vergangenheit stand am 16. Oktober 2013 zu Buche, als die Eltern der verschwundenen Madeleine McCann zu Gast bei Rudi Cerne waren. Der brisante Fall, der anhand eines langen Einspielfilms besprochen wurde, zog an besagtem Abend ganze 7,26 Millionen Menschen ins ZDF.

Der Marktanteil bei allen kletterte damals auf sagenhafte 24,3 Prozent, selbst bei den 14- bis 49-Jährigen wurde die Marke von 20 Prozent fast geknackt. „Ich habe die Eltern - vor allen Dingen Gerry McCann – sehr aufgeräumt und souverän erlebt. (…) Trotzdem war die Verzweiflung der Eltern - insbesondere bei der Mutter - spürbar gewesen. Es ist unvorstellbar, dass diese Menschen tagtäglich mit keinem anderen Gedanken zu Bett gehen und die ständige Hoffnung auf eine positive Nachricht in sich tragen“, sagte Cerne im Gespräch mit Quotenmeter.de einige Monate nach der Begegnung.

Specials


2017 hat das ZDF neben elf reguläre Folgen bislang drei Specials gezeigt - darunter eine «Wo ist mein Kind?»-Ausgabe, die schon seit einigen Jahren etabliert ist. Als äußerst gefragt erwies sich zudem das «Vorsicht, Betrug!»-Specials, das mit 20,1 Prozent sogar die höchste Quote des gesamten Jahres ergatterte. Direkt dahinter folgte übrigens das «Aktenzeichen XY… gelöst», das man erst im November aus Anlass des runden Jubiläums erstmals auf Sendung schickte. Am Ende des Jahres 2017 wird das ZDF übrigens 15 Folgen von «XY» gezeigt haben – und damit eine Ausgabe mehr als im vergangenen Jahr. Es ist davon auszugehen, dass es mindestens bei dieser Anzahl an Folgen bleibt, schließlich hat das ZDF ab der Saison 2018/ 19 nicht mehr die Champions League im Programm und somit den einen oder anderen Mittwochabend zusätzlich zu bespielen.

Statistiken und Fakten


Ich bin sehr froh, dass wir mit dieser Sendung etwas bewirken können. Wir zeigen nichts wegen des Grusels, sondern es geht darum, Hinweise zu bekommen. Diese Sendung dient dazu Kriminalität zu bekämpfen, ganz im Sinne des Erfinders Eduard Zimmermann.
Rudi Cerne im Quotenmeter.de-Interview zu «Aktenzeichen XY»
Zwischen dem 20. Oktober 1967 und dem 10. November 2017 wurden nach Angaben des ZDF in 524 «XY»-Ausgaben 4600 Fälle behandelt. Aufgeklärt wurden von diesen etwas mehr als 40 Prozent – das entspricht über 1850 Fällen. Das ZDF spricht von einer „stolzen Zahl“, schließlich seien die Fälle häufig kniffelig. Allerdings waren in der Vergangenheit nicht nur Fälle aus Deutschland in der Sendung Thema. Mit Abstand am häufigsten schafften es Fälle aus Österreich und der Schweiz in «XY», aber auch ungelöste Kriminalfälle aus den Benelux-Staaten und den USA waren in der Vergangenheit schon zu sehen.

„Der Mord an sich begeistert mich natürlich überhaupt nicht, aber mich beeindruckt, dass diese Sendung etwas bewirkt. Dass durch unsere Sendung Kapitalverbrecher gefasst werden“, so Rudi Cerne. Eine weitere Besonderheit: Der «XY»-Preis, den das ZDF gemeinsam mit der Produktionsfirma Securitel 2002 ins Leben rief. "«XY»-Preis – Gemeinsam gegen das Verbrechen" hat es sich zum Ziel gemacht, vorbildliches Verhalten von Mitbürgern öffentlich zu machen und zu fördern. In den letzten 16 Jahren gingen 72 Persönlichkeiten hervor, die mit dem Preis geehrt wurden.

Die Erfolgsformel


Dass die Erfolgsformel der Sendung ziemlich komplex und schwierig zu kopieren ist, bewiesen zahlreiche Nachahmer der letzten Jahre: Sie blieben alle hinter dem «XY»-Erfolg zurück. Warum dem so ist? Zum einen hat sich «Aktenzeichen XY» über fünf Jahrzehnte hinweg ein enorm seriöses Image erarbeitet hat. 1850 aufgeklärte Fälle dürften für sich sprechen. Mit Rudi Cerne weiß die Sendung zudem einen äußerst sympathischen Moderator zu präsentieren, der angemessen durch die Sendung führt ohne dabei unterkühlt oder unsympathisch zu wirken.

Ein weiterer, ganz entscheidender Punkt ist die Live-Situation, die «Aktenzeichen XY» vermittelt - inklusive der Hinweis-Telefone, die sich direkt im Studio befinden. So werden die Zuschauer über die gesamte Sendung hinweg konsequent angesprochen und eingebunden. Alfred Hettmer vom LKA München berichtet in jeder Sendung in der Regel zweimal über den Stand der aktuellen Ermittlungen.

Gelingt es, einen Täter zu fassen, wird der Zuschauer bei «XY» in einer der Folgesendungen darüber in Kenntnis gesetzt. Heißt mit anderen Worten: «XY» versucht die echten Fälle, die es auswirft, auch zu Ende zu erzählen. Das alles sind letztendlich Aspekte, die RTL II mit dem an sich ordentlich produzierten «Ungeklärte Fälle» nicht liefern konnte. Die Quoten der zweimal gezeigten Sendung fielen nur enttäuschend aus.

Und so dürfte die Zukunft von «Aktenzeichen XY… ungelöst» bis auf weiteres wohl gesichert sein. Vieles mag ein Ende haben, Trends mögen kommen und gehen. Eines aber steht fest: Dass das Verbrechen weiter existieren wird. Und dass es somit auch die geben muss, die sich der Verbrechensbekämpfung verschrieben haben.

In diesem Sinne, liebes «Aktenzeichen XY»: Auf die nächsten 50 Jahre!

Die nächste Folge von «Aktenzeichen XY… ungelöst» läuft am kommenden Mittwoch, 13. Dezember, ab 20.15 Uhr im ZDF.
10.12.2017 12:15 Uhr  •  David Grzeschik Kurz-URL: qmde.de/97658