Nach dem Disney/Fox-Deal: FX soll größere Rolle spielen

Disneys Übernahme zahlreicher Unternehmensbereiche von 21st Century Fox ist abgemachte Sache, nun macht Disney-Boss Bob Iger erste Ansagen, was er mit den erworbenen Marken plant.

Obwohl die Walt Disney Company über zehn Jahre lang via Miramax Films solche Filme wie «Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber», «Scream», «Kill Bill» und «Kids» in die Kinos brachte, durch ihr Label Touchstone Pictures Actioner wie «Con Air» veröffentlicht und zudem derzeit Marvel-Serien wie «Punisher» realisiert, zog sich die Tage eine Frage durch sämtliche Branchenportale: Wie wird Disney nach seinem Aufkauf der wichtigsten Unternehmenssektoren von 21st Century Fox mit unangepassteren Projekten aus dem Hause Fox umgehen? Im Rahmen einer Anlegerkonferenz klärte Disney-Boss Bob Iger einige dieser Fragen – und erläuterte beispielsweise, im Kabelsender FX und dessen Erfolgsserien wie «American Horror Story» enormes Diversifikationspotential für Disney zu sehen.

"FX ist eine großartige, raue Marke, die die Möglichkeit hat, auch außerhalb des Kabelpakets zu bestehen", so Iger. Inwiefern er den Sender, für den unter anderem auch «The Americans», «Fargo» und «Legion» entstehen, zu einer über das Kabelfernsehen hinausgehende Marke auszubauen gedenkt, erläuterte Iger derweil nicht. Die denkbaren Möglichkeiten sind allerdings groß genug – erstrecken sich Disneys Geschäftsgebiete doch vom VOD-Sektor bis hin ins Kino. Sorgen der Anleger, Disney werde profitable, aber familienuntaugliche Fox-Filmfranchises einstampfen, wiegelte Iger ebenfalls ab.

"Solange das Publikum weiß, worauf es sich einlässt, können wir uns R-Rated-Filme problemlos vorstellen", hielt Iger fest. So sei es denkbar, für Filme wie «Deadpool» ein spezielles Marvel-Label einzuführen, das den vulgären Mutanten von Helden wie «Iron Man» abgrenzt. Die Entwicklung sämtlicher Marvel-Filmadaptionen, egal ob sie Teil des von den «Avengers» bevölkerten Marvel Cinematic Universe sind oder nicht, unterstehe laut Iger ab sofort Marvel-Studios-Boss Kevin Feige.

Iger ging auch explizit auf das Indie-Label Fox Searchlight Pictures ein, das zahllose Oscar-Gewinner wie «Birdman», «12 Years a Slave» und «Grand Budapest Hotel» hervorbrachte. "Fox Searchlight Pictures wird für uns eine Lücke schließen, da es auf klein budgetierte, prestigeträchtige Filme spezialisiert ist." Somit nimmt Fox Searchlight die Position ein, die von 1993 bis 2010 Miramax innehielt. Damals verkaufte Iger das Studio, da der Heimkinomarkt einbrach und Miramax an den Kinokassen nicht genug Geld einbrachte. Ein großer Fehler, wie nicht wenige Branchenbeobachter festhalten, könnte Disney zum Beispiel bei seinen aktuellen VOD-Langzeitplänen das gigantische Miramax-Archiv gut gebrauchen. Nun, da ein großer Filmkatalog durch VOD-Dienste für Studios wieder wichtiger geworden ist, ändert sich Igers Strategie also wieder.

Abseits dessen hielt Iger fest, dass der Fox-Deal zunächst nichts an Disneys Fahrplan ändern wird, groß ins Video-on-Demand-Geschäft einzusteigen: 2018 wird in den USA ein ESPN-Streamingdienst eingeführt, der durch regionale Lizenzen aus dem Fox-Aufkauf an Attraktivität gewinnen soll, 2019 wird Disneys erster, familienorientierter Streamingdienst für das US-Publikum folgen, der "preisgünstiger als Netflix" werden soll. Ein Komboabonnement sei eine Option, deren Umsetzung in Betracht gezogen wird. Darüber hinaus werden nicht-familientaugliche Inhalte (vornehmlich von Fox) in den USA via Hulu angeboten. Durch den Fox-Deal hält Disney 60 Prozent an der Plattform, die unter anderem den Emmy-Abräumer «The Handmaid's Tale» umsetzt. Iger gab an, es zu einer Priorität zu machen, Hulus Wachstum noch stärker voranzutreiben.

Ob in anderen Märkten solch spezialisierte Dienste wie in den USA geplant sind oder eher Rundumpakete, ist bislang unklar. Da Disney durch den Fox-Deal auch große Anteile an Sky erworben hat und Interesse zeigt, die restlichen Anteile zu kaufen, ist in einigen Märkten für Disney sowieso eine andere Situation gegeben als in den USA. Man wolle zudem aus Fehlern lernen, die Disney bei der britischen Streamingplattform Disney Life gemacht hat: User, die den Dienst nicht von Apple-Endgeräten aus bedienen, beschweren sich beispielsweise regelmäßig über Probleme bei der Bedienung. Solche Schwierigkeiten wolle man künftig dringend vermeiden.

Nicht Teil des Fox-Deals ist, neben der US-weiten Sportangebote von 21st Century Fox sowie Fox News und dem Network-Sender FOX, das Fox-Studiogelände in Hollywood. Jedoch wird Disney für die Dauer von sieben Jahre Teile des Geländes mieten, da Disneys eigenes Studiogelände in Burbank nicht groß genug ist, um nach der Übernahme der erworbenen Fox-Unternehmensteile allen Mitarbeitern Raum zu bieten. Für das Network FOX steht ebenfalls ein Umbruch bevor: Aktuelle Staffelordern und Produktionsverträge werden eingehalten, danach wird es aber zu erneuten Verhandlungen kommen. 21st-Century-Fox-Chef Rupert Murdoch gab in einer Anlegerkonferenz bekannt, nicht daran interessiert zu sein, eine neue Produktionsfirma zu gründen. Ebenso wenig sei er daran interessiert, die bisherige Programmausrichtung beizubehalten. Er wolle das Network stärker auf Sport, News und Reality-Fernsehen ausrichten, aber auch einzelne Serieninhalte anderer Anbieter, wie das von Disney geführte 20th Century Fox sowie dessen Mitbewerber, ausstrahlen. Somit könnte es möglich werden, dass einige FOX-Network-Serien in Zukunft zu Disneys schwächelndem Network ABC wandern.
15.12.2017 02:40 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/97779