Am Neujahrstag zeigt das Erste nach dem «Tatort» eine neue Krimi-Reihe aus Schweden: Die will eine Mischung aus Scandi-Noir und Wohlfühlkrimi sein – und scheitert gnadenlos an diesem Widerspruch.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Ida Engvoll als Rebecka Martinsson
Eva Melander als Anna Maria Mella
Jacob Öhrman als Krister Eriksson
Gunilla Röör als Alva Björnfot
Jonas Inde als Fredrik Ohlsson
Niklas Engdahl als Måns Wenngren
Ville Virtanen als Lars Pohjanen
Hinter der Kamera:
Produktion: Yellow Bird, TV4 Sweden und Filmpool Nord
Drehbuch: Henrik Engström und Mattias Grosin
Regie: Fredrik Edfeldt
Kamera: Petrus SjövikRebecka Martinsson (Ida Engvoll) lebt als erfolgreiche Rechtsanwältin in Stockholm. Eigentlich feiert sie gerade den Aufstieg in ihrer Kanzlei, als sie der Anruf aus der alten Heimat ganz im Norden von Schweden erreicht. Dort ist die Pfarrerin Mildred verstorben, eine enge Freundin von Rebecka, mehr noch: ihre Ersatzmutter nach dem frühen Tod ihrer Eltern. Rebecka reist für die Beisetzung in die Provinz und will eigentlich am selben Tag noch zurück in die Hauptstadt fliegen.
Doch als sie beiläufig durch Mildreds Nachlass blättert, stößt sie auf allerhand ominöse Drohbriefe, die ihr in letzter Zeit zugegangen waren. Von der hochschwangeren Kommissarin Anna (Eva Melander) – natürlich eine alte Bekannte – erfährt sie, dass in Mildreds Todesfall nur sehr oberflächlich ermittelt worden war, noch dazu von einem Kollegen, der nach Abschluss des Verfahrens wegen Burnout umgehend vom Dienst freigestellt wurde. Die Umstände von Mildreds Ableben im Pfarrhaus lassen bei genauerer Untersuchung nicht zwingend von einem Unfall ausgehen. Es beginnt die Suche nach einem Motiv – und die Jagd auf einen Mörder.
Trotz ihrer Herkunft und ihres Genres lässt sich «Rebecka Martinsson» nicht treffend als Scandi-Noir bezeichnen. Denn obwohl selbst im sommerlichen Lappland die Bilder kalt, weiß und eben: nordisch wirken, sind Duktus und Erzählhaltung alles andere als
noir. Sicherlich bemüht man sich schon in der Premiere, die alten Wunden der schwierigen Kindheit und Jugend der Titelfigur ein bisschen auszuleuchten, man gibt sich ein wenig psychologisch, wie man sie frühmorgens nach einer versoffenen Nacht mit der Schnapsflasche in der Hand auf dem Waldboden vor sich hin träumen lässt. Doch das Merkmal
noir setzt die eingehende Betrachtung einer schwierigen, wenn nicht gar gebrochenen Heldin voraus, ein ernsthaftes, tiefgreifendes psychologisches Interesse und den Willen, einen solchen Stoff dramaturgisch auch entsprechend zu problematisieren.
Davon lässt sich in «Rebecka Martinsson» nicht viel erkennen. Gleichzeitig scheint das Format allerdings über seine Ästhetik eine gewisse, natürlich diffuse Verwandtschaft mit nordischen noiren Stoffen herstellen zu wollen. Doch die düsteren Bildern und die als schwierig vorgeführte Charakterbiographie sind eher ein hilfsweises Kokettieren, ein Nachbau ohne den Kern. Vielmehr scheint diese Reihe eine Äquidistanz zu suchen, zwischen Scandi-Noir und Wohlfühlkrimi. Doch am Schluss können sich die beiden Ansätze nicht ergänzen; sie widersprechen sich vielmehr schon in der grundsätzlichen erzählerischen Zeilsetzung, und auch inszenatorisch wirkt „Weiße Nacht“ daher eher inkonsequent als bedacht erzählt.
Das Erste zeigt «Rebecka Martinsson – Weiße Nacht» am Montag, den 1. Januar um 21.45 Uhr.