Mit einem generischen Titel, aber potenziell charmanten Konzept versuchte sich ProSieben am späten Abend an der Wiederbelebung der jungen Stand-Up-Comedy. Doch so klein und charmant Optik und Idee daherkamen, so aufgesetzt und bemüht rangen die fünf Nachwuchs-Talente um jeden Lacher - die es dann zumeist vom Band gab.
Wechselnde Comedians (Auswahl)
- Stefan Danziger
- Jacqueline Feldmann
- Joyce Ilg
- Lena Liebkind
- Marcel Mann
- Sarah Mangione
- Joel von Mutzenbecher
- Benni Stark
- Der Storb
- Osan Yaran
Dieser Freitagabend war ohne jede Frage einer der spannendsten in der Sendergeschichte ProSiebens: Während zur Primetime mit «Das Ding des Jahres» das erste große Lebenszeichen Stefan Raabs nach dem Ende seiner TV-Karriere zu sehen war, versuchten sich die Unterföhringer zu später Stunde mit einer Revitalisierung der komödiantischen Talentförderung, wie sie einst (und seit neuestem auch wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit bei Sky 1) der «Quatsch Comedy Club» kultiviert hatte. Doch leider fehlt
«Die Comedy-Show» weitaus mehr als nur ein markanter, aussagekräftiger Titel - und zwar allen voran Aufrichtigkeit. Denn während Studio, Besetzung und das konzeptionelle Grundgerüst eine hübsche, vielleicht etwas unscheinbare Sendung mit Wohlfühl-Faktor versprachen, war das Resultat eher peinlicher Haudrauf-Humor nach schlechtem Drehbuch, an dem das Studio-Publikum offensichtlich so wenig Freude hatte, dass man sie mit Lachern vom Band künstlich aufmotzen musste.
Die Idee: Schauspielerin Mimi Fiedler, Kevin Gerwin, Kevin Ray sowie zwei von Folge zu Folge wechselnde Jung-Comedians (siehe Infobox) präsentieren in der im Kesselhaus München aufgezeichneten und von Constantin Entertainment verantworteten Show jeweils einen Stand-Up mit vermeintlich witzigen Geschichten, die bis auf eine Ausnahme allesamt "auf wahren Gegebenheiten beruhen". Die Storys werden mit nachgespielten Szenen visuell unterfüttert, sodass kleine Mini-Sketche mit den Stand-Ups kombiniert werden. Am Ende jeder Folge muss das Publikum entscheiden, welche Geschichte es für die erfundene hält - die Auflösung allerdings wird nicht von Jonathan Frakes vorgenommen, James Brolin hatte ebenso wenig Zeit.
Was inhaltlich erst einmal nach einer etwas skurrilen Mixtur aus «QCC» und «X-Factor: Das Unfassbare» tönt und mit den implementierten Clips durchaus eine dezente kreative Note hat, driftet humoristisch leider schon mit dem ersten Auftritt sehr schnell in die "Kennta, kennta!?! Meeeeeene Freundin! Nussloch!"-Brüllaffen-Schiene ab, nur dass die zahlreich eingeflochtenen Pointen bei weitem nicht so sehr zünden wollen wie beim König der komödiantischen Marktschreier. Das lässt sich bei einem Blick ins Publikum durchaus erkennen, wo hingegen die auditiven Signale aus der Mattscheibe einen frenetischen Jubel suggerieren. Der geübte Zuschauer weiß, zu welchem Notnagel die Macher gegriffen haben: Konserven-Lacher, wahlweise im Vorfeld der Aufzeichnung aufgenommen oder von irgendeinem anderen Comedy-Format aus der langen Fernsehgeschichte recyclet.
Nun ist Humor ja zu einem Teil auch schlichtweg Geschmackssache und nicht immer deckt sich der snobistische Bedarf nach feiner, anspruchsvoller Unterhaltung auch mit dem Massengeschmack, sodass es durchaus Menschen geben mag, die Mimi Fiedlers Aufzählung vulgärer pubertärer Beleidigungen in ihrer Geschichte etwas abgewinnen können. Wirklich unfreiwillig komisch sind allerdings die kurzen Passagen zwischen den Stand-Ups geraten, in denen das Quintett das zuvor Gehörte einzuordnen versucht und immer wieder augenscheinlich in die Leere blickt - oder eben Richtung Teleprompter, was angesichts der diesen Blicken gerne folgenden Flachwitze wahrscheinlicher scheint. In diesen Momenten hat die Sendung ein latentes Wannabe-«RTL Freitag Nacht»-Feeling.
Kurzum: Man muss schon ein sehr spezielles Verständnis von Humor haben, um das Dargebotene witzig zu finden. Aufrichtig, authentisch und angenehm aber ist es in keinem Fall, da man den Akteuren zu oft zu deutlich anmerkt, dass sie nicht frei sprechen, sondern stark nach Vorgaben agieren - was wiederum dem Modernitätsanspruch, den vor allem die mäßig nachgespielten Szenen zu stellen scheinen, zuwider läuft. Was auch dem Vermächtnis von Thomas Herrmanns' Klassiker nicht gerecht wird. Was ferner auch einen ziemlichen Stilbruch gegenüber der «Das Ding des Jahres»-Tonalität darstellt, denn von auswendig gelernten Präsentationstexten einmal abgesehen kommt die neue Raab-Kreation in den Momenten der Interaktion schon sehr ehrlich und "real" daher. Und was nicht zuletzt auch überhaupt nicht zu dem kleinen, feinen Studio passt, in dem die Aufzeichnungen durchgeführt wurden und das eher einen gewissen Sparten-Touch hat.
Es fällt schwer zu sagen, wer dafür verantwortlich ist, dass «Die Comedy-Show» derart missraten, unsympathisch und plastisch wirkt, wie es eben in der finalen Umsetzung wirkt. Sicherlich hat die Post Production mit ihren eingespielten Lachern einen nicht ganz unerheblichen Anteil daran, sicherlich hätten die Comedians ihre Auftritte auch etwas natürlicher darbieten und ihr Mienenspiel ein wenig zurückfahren können - aber es ist kaum anzunehmen, dass diese Fehlgriffe komplett ohne senderseitige Verantwortung getätigt wurden. Immerhin ahnt man aber nun, warum man diese Sendung nun doch nicht wie ursprünglich geplant schon um 22:30 Uhr ausstrahlt wurde. Zudem fraglich aus welcher Befürchtung heraus man zu einem solch nichtssagenden Titel gegriffen hat: Nach Sichtung der Auftaktfolge besteht unbedingter Klärungsbedarf, dass es sich hierbei um etwas Lustiges handelt. Doch nicht immer leben wir in einer Welt, in der Traum und Wirklichkeit nah beieinander liegen - und es erscheint mehr als denkbar, dass der Zuschauer nicht allzu viele Probleme dabei hat, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Zumindest, was die Qualität dieser Sendung anbetrifft.
ProSieben zeigt fünf weitere Folgen von «Die Comedy-Show» fortan immer samstags gegen 23:20 Uhr im Anschluss an «Das Ding des Jahres».
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