Auch in seiner neuen Folge bleibt sich der Weimarer «Tatort» seinem komödiantischen Duktus treu. Von Ermüdungserscheinungen keine Spur...
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Nora Tschirner als Kriminalhauptkommissarin Kira Dorn
Christian Ulmen als Kriminalhauptkommissar Lessing
Andreas Döhler als Fritjof "Fritte" Schröder
Sascha Alexander Geršak als Martin Schröder
Elisabeth Baulitz als Cleo Schröder
Ruby O. Fee als Lollo Sassen
Thorsten Merten als Kommissariatsleiter Kurt Stich
Hinter der Kamera:
Produktion: Wiedemann & Berg Television GmbH
Drehbuch: Murmel Clausen
Regie: Titus Selge
Kamera: Stephan Wagner
Produzenten: Nanni Erben, Max Wiedemann und Quirin BergEs beginnt wieder äußerst bizarr: Ein Killer schleicht sich nachts in eine Weimarer Villa, um dort den schon etwas in die Jahre gekommenen, regional bekannten Millardär Alonzo Sassen niederzustrecken. Doch der Auftragsmörder lebt nur unbedeutend länger als sein Opfer. Denn mit einem gezielten Schuss befördert ihn Sassens deutlich jüngere und sehr attraktive Frau Lollo (Ruby O. Fee) ins Jenseits.
Bei dieser Beziehungskonstellation liegt die erste Hypothese von Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) freilich nicht fern: Die Ehe war nur eingegangen worden, damit der jungen Frau im Falle des Ablebens des alten Knackers sein gesamtes Vermögen zufällt, und weil ihr der natürliche Weg nach einem halben Jahr des ehelichen Zusammenlebens nicht schnell genug ging, hat sie nun mit einem Auftragskiller nachgeholfen, um das eklige Prozedere etwas zügiger hinter sich zu bringen – und anschließend auch gleich noch unter vorgeschobener Notwehr den Mörder aus dem Weg geräumt, schließlich kann dann schon mal eine Person weniger auspacken.
Doch diese Hypothese verfängt nicht: Gemäß Lollos Ehevertrag erhält sie für jeden Tag, den sie mit dem Milliardär verheiratet ist, lumpige zehn Euro – macht summa summarum nicht einmal zweitausend Tacken. Sein gesamtes Vermögen hat der Milliardär mit Wissen seiner Gattin seiner Stiftung gegen Tierversuche hinterlassen.
Nichtsdestotrotz lassen Lessing und Kira Dorn Lollo erst einmal observieren. Ihr erster Stopp am nächsten Morgen: ein Puff im Industrieviertel. Den Betreiber Fritjof Schröder (Freunde nennen ihn Fritte, Andreas Döhler) kennt Lollo noch aus alten Zeiten. Eine heiße Fährte: Denn Frittes Bruder Martin (Sascha Alexander Geršak) und dessen Frau Cleo (Elisabeth Baulitz) gehört am Stadtrand ein Steinbruch, der kurz vor der Insolvenz steht. Rettende Pläne, auf dem Grundstück das geplante Goethe-Geomuseum zu errichten, gerieten vor kurzem in Gefahr, als just der Milliardär Alonzo Sassen der Stadt ein wesentlich attraktiveres Objekt zu diesem Zweck geschenkt hat.
Der Weimarer «Tatort» hebt sich wegen seines humoristischen Duktus‘ recht prägnant von anderen Städten ab. Das hat er mit Münster gemein: Doch während sich das Konzept in Nordrhein-Westfalen – sicherlich auch wegen der schon sehr langen Laufzeit – schon lange totgelaufen hat, fällt Weimar auch mit dem „Kalten Fritten“ wieder mit wesentlich größerer komödiantischer Zielsicherheit auf.
Sicherlich wird auch hier mittlerweile öfter als unbedingt nötig die Grenze ins Klamaukhafte überschritten, das Maß an Überdrehtheit nimmt etwas zu und das Kuriositätenkabinett wird immer opulenter. Trotzdem legt auch das Drehbuch von Murmel Clausen wieder großen Wert darauf, eine Geschichte zu erzählen, die weder ihre beiden Hauptfiguren noch die überdrehteren Episodencharaktere zum Spott freigibt.
Besonders gefällt ein kleiner Nebenplot um den alten Vater von Kommissariatsleiter Kurt Stich (Thorsten Merten), einen Kunstexperten (und –fälscher), der sich auf seine alten Tage mit seinem Sohn aussöhnt und als charmanter, niveauvoller, gütiger und niemals säftelnder Herr bald das Gefallen von Lollo gewinnt. Im Kleinen führt „Der kalte Fritte“ hier eine sehr menschenfreundliche Geschichte vor, mit sehr viel Wärme und erzählerischer Sanftmut, die so in der Klamottenkiste aus Münster schwer vorstellbar wäre.
„Der kalte Fritte“ macht deutlich: Weimar ist der bessere Comedy-«Tatort». Weil er sich nicht (nur) auf Gags und Punchlines verlässt, und weil er jenseits des Klamauks noch etwas Sinnvolles, Interessantes zu erzählen hat.
Das Erste zeigt «Tatort – Der kalte Fritte» am Sonntag, den 11. Februar um 20.15 Uhr.