Nicht nur am Dienstagabend, sondern auch auf ihrem seit Jahren angestammten täglichen 18:10-Uhr-Slot macht die gelbe Familie immer größere Probleme. Zweistellig ist man derzeit kaum noch unterwegs.
Im Grunde seit Jahrzehnten sind
«Die Simpsons» nun bereits im täglichen Vorabend-Programm von ProSieben beheimatet, nachdem man das Format 1994 vom ZDF übernommen hatte. Klar, hin und wieder schraubte man ein wenig an den Sendezeiten herum, zeigte mal - also vor allem in der jüngeren Vergangenheit, da der Sender ja inzwischen immer mehr Programmflächen mit immer weniger Formaten bestückt - mehr, mal weniger Folgen pro Tag, doch im Grunde kann man sich das Vorabend-Programm ohne die Kult-Familie aus Springfield kaum mehr vorstellen. Doch aktuell gerät dieses Ritual in Gefahr, denn die Serie liegt immer öfter im nur noch klar einstelligen Bereich.
Blicken wir etwa zurück auf den Februar, lassen sich gerade einmal drei Folgen ausfindig machen, die mit 10,0 bis 11,0 Prozent knapp die Zweistelligkeit erreichten. Auf der anderen Seite gab es allerdings gleich 13 Episoden, die mit nur 6,5 bis 7,9 Prozent um mehr als einen Prozentpunkt unterhalb des ohnehin schon alles andere als erfreulichen ProSieben-Monatsschnitts von 9,0 Prozent lagen, die 24 restlichen Vorabend-Ausgaben platzierten sich dazwischen. Heißt mit anderen Worten, dass sich die gelbe Familie aktuell alles in allem noch im Rahmen der wenig erfreulichen Sendernorm befindet, sie aber momentan eher leicht nach unten zieht, als ein Impulsgeber nach vorne zu sein.
Das alleine wäre schon ein Zeichen dafür, dass man sich bei der weiteren Programmplanung die weitere Entwicklung sehr genau anschauen sollte, doch deutlich dramatischer liest sich die Bilanz beim Gesamtpublikum: Keine einzige Folge erreichte hier die Millionenmarke oder den Senderschnitt von 4,1 Prozent, nur zweimal kam man diesem mit 3,8 und 3,6 Prozent zumindest nahe, fast die Hälfte aller Vorabend-Präsentationen fielen mit weniger als drei Prozent komplett durch. Bei den älteren Zuschauern tat sich die Trickserie zwar schon immer schwer, doch derart konsistent im roten Bereich hatte man in der Vergangenheit nur selten gelegen - und auf der anderen Seite hatten Homer und Co. halt noch bis vor einigen Monaten meist beim jungen Publikum punkten können.
Langzeitvergleich: «Simpsons» verlieren schneller als ProSieben
«Simpsons»-Langzeitentwicklung im Februar
- 2015: 11,8% (+0,8)
- 2016: 11,5% (+0,7)
- 2017: 9,8% (+0,2)
- 2018: 8,4% (-0,6)
Median-Marktanteil der Vorabend-Folgen bei den 14- bis 49-Jährigen. In Klammern: Abweichung vom jeweiligen Februar-Senderschnitt ProSiebens.
Wie schlecht man aktuell in Form ist, zeigt sich auch mit Blick auf die Februar-Vergleichswerte der Vorjahre: 2017 etwa hatten noch fast die Hälfte der Vorabend-Folgen zweistellige Zielgruppen-Werte erzielt, beim Gesamtpublikum erzielten immerhin vier Ausgaben mehr als eine Million Fernsehende. Vor zwei Jahren waren einstellige Marktanteile sogar noch die absolute Ausnahme, zwölfmal wurden sogar tolle 13,1 bis 14,9 Prozent generiert - und insgesamt erreichten mehr als die Hälfte der ausgestrahlten Reruns über eine Million Menschen. Und 2015 fielen sogar nur vier Folgen unter die Zehn-Prozentmarke, auch hier lagen Reichweiten wie Marktanteile auf einem klar höheren Niveau als mittlerweile. Kein Wunder also, dass der Langzeit-Februar-Trend erheblich nach unten zeigt (siehe Infobox).
Nun ließe sich ja berechtigterweise das Argument vortragen, dass ja auch ProSieben selbst in den vergangenen Jahren deutlich an Zugkraft eingebüßt hat und sich «Die Simpsons» damit nur dem allgemeinen Sender-Trend angepasst hat. Das ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, immerhin waren die Unterföhringer vor zwei Jahren noch um rund zwei Prozentpunkte stärker beim jungen Publikum unterwegs gewesen. Problem: Das Format hat sich dem allgemeinen Abwärtstrend deutlich zu stark angepasst und liegt in diesen Wochen erstmals unterhalb des ProSieben-Normalniveaus. Also zieht dieses Argument nur bedingt, da das Format schneller an Quote verliert als seine TV-Heimat.
Eine quasi alternativlose Quoten-Schnecke
Median-Marktanteil? Wat is dat?
Für den Median-Marktanteil wird nur der "mittlerste" Marktanteil einer Sendung berücksichtigt. Heißt, wenn wir Quoten von neun Folgen einer Sendung vorliegen haben, blicken wir auf den fünftstärksten (bzw. fünftschwächsten) Wert. Vorteil (und Nachteil zugleich) gegenüber dem arithmetischen Mittel: Extremwerte kommen kaum zur Geltung.Bliebe als springfieldphiler Erklärungsansatz noch das direkte Programmumfeld, das allerdings auch nur bedingt Angriffsfläche bietet: «taff» etwa erreichte im Februar an gleich zehn Wochentagen tolle Zielgruppen-Werte von 12,2 bis 14,4 Prozent und kann damit auch auf einen sehr erfreulichen Median-Marktanteil von 12,1 Prozent verweisen, berücksichtigt man die schwächer laufenden Samstagsausgaben in der Kalkulation nicht - was fair wäre, da die gelbe Familie am Samstag aktuell Sendepause hat. «Galileo» tut sich ab 19:05 Uhr mit einem Februar-Median von 9,4 Prozent erheblich schwerer, aber eben auch erheblich leichter als «Die Simpsons» mit 8,4 Prozent - und auch die «Newstime» um 18 Uhr hat auf 9,4 Prozent zu verweisen.
Was uns das alles sagen soll? Der Februar lief echt nicht gut für den Klassiker, der übrigens auch zur Primetime weder mit neuen noch mit alten Folgen so wirklich zu überzeugen wusste. Und auch wenn man über diesen Monat hinaus blickt, gab es in der jüngeren Vergangenheit eine dramatische Zunahme der roten Zahlen. Für ProSieben ist das ein echtes Dilemma, denn auf der einen Seite sieht man, wie einem die Felle wegschwimmen, andererseits gibt es aber mehrere Faktoren, die vor Interventionsmaßnahmen zurückschrecken lassen: Der erwartbare Fan-Aufschrei und die damit verbundenen negativen Schlagzeilen. Die Alternativarmut bis -losigkeit, erwachsen aus einem
rein gewinnorientierten Handeln ohne jegliche eigenen Impulse - wobei hier ja das direkte Umfeld aus «taff» und «Galileo» die löbliche Ausnahme darstellt. Die negativen Vor-Erfahrungen mit Doktorspielchen bei der «Simpsons»-Domäne, von «Lotta in Love» bis hin zum unvermeidlichen «The Big Bang Theory». Es scheint also, als sei der Privatsender um 18:10 Uhr aktuell zum Scheitern verdammt.