Zur Person: Timo Schneckenburger
imo Schneckenburger, geboren 1973 in München, absolvierte sein Studium der Betriebswirtschaftslehre von 1993 bis 1998 an der Ludwig-Maximillians-Universität in München. Von 1998 bis 2000 war Schneckenburger Marketing Manager im Bereich Internationale Vertriebsstrategie der BMW Group. 2000 kam der Diplom-Kaufmann zum Mobilfunkunternehmen O2 als Persönlicher Referent des COO. Von 2001 bis 2004 war er in leitenden vertrieblichen Funktionen tätig bevor er 2004 als Vice President Marketing für sämtliche Marketingaktivitäten von O2 verantwortlich zeichnete. Seit 2009 ist Timo Schneckenburger Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der HD PLUS GmbH.Text: HD+
Wir leben in bewegten und bewegenden Zeiten. Das gilt auch für die gesamte TV-Branche, natürlich auch für uns. In diesem Umfeld ist es uns gelungen, unseren Umsatz zweistellig zu steigern. Unsere Kundenbasis entwickelt sich stabil und das trotz einer Preiserhöhung. Produktseitig hat sich Ultra HD bei HD+ sehr positiv entwickelt. Kurz: Das vergangene Jahr war sehr erfolgreich.
Thema Preiserhöhung: Das gibt immer ein bisschen Haue von den Kunden…
So einfach ist das nicht. Es ist doch immer eine Frage, was der Kunde für sein Geld bekommt. Und das ist heute nicht mehr mit dem Angebot von vor einigen Jahren vergleichbar. Bei HD+ sind es deutlich mehr Sender, sogar in Ultra HD, oder die Möglichkeit exklusiven Sport, insbesondere Spiele der Bundesliga hinzubuchen zu können – das vielleicht spannendste Lizenzrecht überhaupt. Die Kundenzufriedenheit bei uns ist deutlich gestiegen.
Es drängen neue Wettbewerber auf den Markt: Wie rüsten Sie sich?
Richtig - es herrscht jetzt Wettbewerb - und dennoch blicke ich sehr positiv in die Zukunft. Ich freue mich über Diveo und Freenet. Ganz ehrlich. Sehen Sie: Wir sind seit 2009 auf dem Markt und haben bisher alleine für HD über Satellit getrommelt. Jetzt müssen unsere Wettbewerber auch Marketing und Kommunikation betreiben. Das wird sich positiv auf die gesamte Branche auswirken. HD+ hat momentan rund 2,1 Millionen Kunden. Aber es gibt 18 Millionen Haushalte mit Satellitenempfang in Deutschland. Es gibt also noch großes Potential für uns im Markt.
Wo sind denn die Unterschiede, zum Beispiel im Vergleich mit Freenet?
Wir schauen uns das Angebot sehr genau an. Auf den ersten Blick erscheint Freenet sehr ähnlich zu uns. Aber es kommt auf die Details an. Wir bieten eine sechsmonatige kostenlose Kennenlernphase, Freenet bietet drei Monate. Zudem kann man bei uns ganz anonym buchen - bei Freenet müssen Sie sich registrieren. Ach ja: Wir bieten exklusive Sender in UHD an. Über uns kann man mit dem Eurosport-Paket Spiele der Bundesliga sehen. Dazu bieten viele Hersteller eine enorme Auswahl an HD+ Receivern, rund 90 verschiedene Modelle. Der Kunde entscheidet also ganz nach seinen Bedürfnissen. Beim Wettbewerber haben Sie keine Auswahl, es gibt nur ein Receiver-Modell.
Und da ist noch etwas: Freenet wirbt damit, dass man mit einem Modul sowohl via DVBT-2 als auch Satellit TV gucken kann, was per se eine super Idee ist. Aber der Use-Case wird zum einen nicht allzu häufig eintreten. Und wenn doch, ist es zum anderen alles andere als einfach. Denn bei jedem Umstecken des Moduls muss sich der Nutzer am Laptop in seinem Kundencenter einloggen, um die Empfangsart – von Sat auf DVB-T2 oder umgekehrt – umzustellen. Wer also im Wohnzimmer das großartige Sat-Fernsehen nutzt und etwa im Schlafzimmer terrestrisch schaut, der muss aktiv werden und sich umloggen. Darüber wird aber sicher noch aufgeklärt werden.
Das ändert übrigens nichts an meiner Einstellung: Ich begrüße den Mitbewerber Freenet, weil er uns mit der HD-Kommunikation helfen wird.
Sky will in diesem Jahr einen Testlauf machen, in Österreich will man alle linearen Sender über das Internet verbreiten. Wird das ein Zukunftsmodell sein?
Aus der Sicht von Sky kann ich den Schritt verstehen, grundsätzlich auf allen Infrastrukturen verfügbar sein zu wollen. Zattoo oder Magine bieten ja heute schon Live-Streams von linearen Sendern. Das funktioniert allerdings heute meist nur dann reibungslos, wenn nicht viele Personen gleichzeitig darauf zugreifen. Dagegen überzeug der Satellit mit seinen technischen und qualitativen Vorteilen, seiner deutschlandweiten 100-Prozent-Verfügbarkeit und der hohen Zufriedenheit bei den Zuschauern.
Im Sportbereich sind Streaming-Dienste längst angekommen. DAZN etwa will ja gar keine Sat-Verbreitung. Wie sehen Sie es? Sind solche internetbasierten Dienste ein Zukunftsmodell oder immer eins, das mit Qualitätsverlusten beim Bild einhergeht?
Das ist definitiv so. Wir haben ja beim Eurosport-Player gesehen, wie schwer es ist, als Internet-basierter Dienst zu Beginn für Stabilität zu sorgen. Via Satellit ist die Bildqualität dagegen nicht nur zuverlässig, sondern auch immer exzellent. Der Aspekt Modell für die Zukunft ist nicht so eindeutig. Dazu muss man klären, welche Zielgruppe man ansprechen möchte. Wenn ich Freunde zu einem Fußballabend einlade, dann will ich das Spiel wohl nicht am Laptop gucken und nicht über einen Stick am Fernseher, wo dann vielleicht die Qualität leidet. Als Sportfan möchte ich das auf dem großen Schirm und in bester Bild- und Tonqualität sehen. Das bietet nur der Satellit. Dass es dazu Dienste zur parallelen Nutzung gibt, das ist natürlich ein Mehrwert. Mal ein Spiel unterwegs am Tablet zu gucken, das macht Sinn. Daher erhalten alle Eurosport-Paket-Kunden bei HD+ für die fünf Euro Gebühr pro Monat zusätzlich auch den Zugang zum Eurosport-Player.
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Ultra HD ist das neue HD. Die Bindungskraft dieser Bilder ist enorm. UHD hat einen ganz natürlichen 3D-Effekt. In Kombination mit HDR sorgt es für unglaubliche Kontraste und Schärfe.
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Timo Schneckenburger, Mitglied der Geschäftsführung von HD+
Ultra HD ist das neue HD. Die Bindungskraft dieser Bilder ist enorm. UHD hat einen ganz natürlichen 3D-Effekt. In Kombination mit HDR sorgt es für unglaubliche Kontraste und Schärfe. Dagegen hat sich 3D damals einfach nicht nach den Bedürfnissen der Zuschauer gerichtet. Die Menschen wollen einfach nicht mit einer zusätzlichen Brille vor dem Fernseher im richtigen Winkel sitzen. Natürlich funktioniert die Technik im Kino, wie beispielsweise bei «Avatar», bei einem Film der komplett für dieses Erlebnis gemacht wurde. Aber die absolute Mehrzahl der heute relevanten TV-Inhalte ist halt anders. UHD bringt das zur Geltung. Ein Kollege der UFA sagte kürzlich, dass UHD im Wohnzimmer sogar besser als Kino sei. Ich kann das unterstreichen. Wir bieten den Sendern die Möglichkeit an, ihre UHD-Inhalte auf UHD1 zu testen. Meine Erwartung ist, dass die Zuschauer nur darauf warten. Denn nachdem ich erste UHD-HDR-Aufnahmen von großen Showproduktionen gesehen habe, war ich wirklich schwer beeindruckt. Das war einfach geil.
In Sachen UHD scheint aber ein WM-Boom im Jahr 2018 auszubleiben. Warten wir also eher auf 2020?
Mehr als die Hälfte der heute verkauften Fernseher sind UHD-fähig. Wenn wir jetzt bei den Größenklassen ganz weit nach oben gehen, sind wir sogar bei 100 Prozent. Sie haben aber recht: Der Content hängt der Gerätedurchdringung noch hinterher. Das war aber bei der HD-Einführung auch so. Für die Sender ist Ultra HD natürlich zunächst ein weiterer Kostenfaktor. Wir wissen nicht, welche UHD-Angebote die großen Gruppen mittelfristig planen. Wir können aber entsprechende Möglichkeiten für Showcases zur Verfügung stellen, so wie wir es etwa bei RTLs «Sankt Maik» gemacht haben. Wir arbeiten hier auch schon mit arte, RTL II, DELUXE MUSIC und anderen zusammen – und haben mit Eurosport auch schon die Bundesliga in UHD ins Wohnzimmer gebracht, wohl gemerkt im Free-TV.
Das lineare Fernsehen sieht sich immer größerem Wettbewerb ausgeliefert. Über 100 lineare Sender duellieren sich, dazu kommen Anbieter wie Netflix, Amazon und Co. Was schafft sich da gegenseitig ab und wer wird in 15 oder 20 Jahren der strahlende Sieger sein?
Wir sind eine Plattform, von dem her ist das schwer zu beantworten. Aber als solche werden wir für die bestmögliche Verbreitung der Inhalte sorgen. Natürlich ist die Fragmentierung ein großes Thema. Früher gab es die großen Dickschiffe, die Jahr für Jahr einen gewissen Marktanteil für sich reklamiert haben. Heute ist das Angebot mit speziellen Sendern für junge Frauen, ältere Männer, Jugendliche, Sport- oder Modefans sehr viel größer… Dieser Trend wird wohl weitergehen.
Sehen Sie eine ferne Zukunft, in der Satelliten-Schüsseln ein Relikt der Vergangenheit sind, ähnlich wie die kultigen Antennen von früher?
Fast alles landet ja irgendwann im Museum. Die Frage ist nur wann? Wir kennen die Zufriedenheit unserer Kunden und die ist sehr hoch. Unsere Qualität in Verbindung mit einem fairen Preis ist unschlagbar. Nicht umsonst hat der Satellit dem Kabel den Rang abgelaufen. Während die Kabelbetreiber Anteile verlieren, legen wir zu. Ich würde also sagen: Wenn ich mal in Rente gehe – und das dauert noch über 20 Jahre – werden unsere Schüsseln noch nicht im Museum stehen.
Danke für das Gespräch.
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