Cast & Crew
Produktion: Zazen ProduçõesSchöpfer: Elena Soarez und José Padilha
Autoren: Elena Soarez und Sofia Maldonado
Regie: José Padilha, Felipe und Marcos Prado
Darsteller: Selton Mello, Caroline Abras, Enrique Díaz, Leonardo Medeiros, Alessandra Colassanti, Jonathan Haagensen, Otto Jr. u.v.m.
Executive Producer: José Padilha und Marcos Prado
Dieses System funktioniert so lange, bis es nicht mehr funktioniert: wie in Brasilien, wo in der „Operation Waschstraße“ ein gigantischer Korruptionsskandal aufflog, in dessen Rahmen der damalige Präsident Gelder des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobrasil in Millionenhöhe veruntreuen ließ, um damit unter anderem die Wahlkämpfe seiner Partei zu finanzieren. Nach einem heute vom höchsten Gericht des Landes ergangenen Urteil wird er dafür zwölf Jahre hinter Gittern verbringen. Diese Geschichte liefert nun die Vorlage für die neue Netflix-Serie «O Mecanismo» (international: «The Mechanism»), die die Namen der realen handelnden Personen und Institutionen nur leicht verfremdet.
Alles beginnt damit, dass Bundespolizist Marco Ruffo (Selton Mello) den Müll von Robert Ibrahim (Enrique Diáz) durchwühlt. Die Beiden verbindet eine lange Geschichte: Vor Jahrzehnten sind sie zusammen zur Schule gegangen und damals hatte Ibrahim auch was mit Ruffos heutiger Frau. Ruffo ist unterdessen sicher, dass Ibrahim in umfangreiche Korruptionsgeschäfte verwickelt ist und Abermillionen Schwarzgeld wäscht. Das hat er herausgefunden, als er in monatelanger Fieselarbeit die geschredderten Unterlagen aus Ibrahims Abfällen wieder zusammengesetzt hat. Die Staatsanwälte – heute werden sie der Off-Stimme zufolge als Helden verehrt – wollen den Sachverhalt aber allenfalls begrenzt weiterverfolgen; vermutlich weil sie ahnen, woher die Gelder stammen, die Ibrahim so fleißig wäscht. Jahre später, nachdem Ruffos Ermittlungen ins Leere gelaufen waren (mit tragischen Konsequenzen), übernimmt seine befreundete Kollegin Verena (Caroline Abras) den Fall.
Schon Netflix‘ erste brasilianische Serienproduktion – «3%» – war ein hochpolitisches Format, wenn auch auf eine ganz andere Art und mit einer anderen intellektuellen Stoßrichtung als «O Mecanismo»: Als geschickt in eine einnehmende, faszinierende Allegorie verpackte Anklage kapitalistischer Exzesse (oder gar des kapitalistischen Systems als solches) und mit einem skeptischen Blick auf eine vermeintliche Meritokratie war die Serie ein spannender, sinnvoller Debattenbeitrag. «O Mecanismo» hat freilich eine konkretere, handfestere politische Ambition: Ihre Wirkung als inner-lateinamerikanischer Beitrag zur öffentlichen Debatte ist dabei nicht zu unterschätzen.
Netflix beweist hier sehr viel Mut, wenn es als amerikanisches Unternehmen den Finger so schonungslos in eine ganz besonders schmerzhafte südamerikanische Wunde legt. Doch gerade diese Ambition könnte einen neuen Maßstab für das internationale Seriengeschäft des Unternehmens setzen. Der Stoff, den «The Mechanism» vorführt, ist ein sehr lokaler, doch die Serie erzählt ihn auf eine Weise, dass er auch global gut verfangen kann – als einnehmendes, klug geschriebenes und schmissig inszeniertes Cop-Drama, das mit einschlägigen vergleichbaren Produktionen aus den USA locker mithalten kann: und nicht nur deshalb auch im fernen Europa hochinteressant ist.
Alle Folgen von «The Mechanism» sind bei Netflix abrufbar.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel