Filmfacts: «Gringo»
- Start: 5. April 2018
- Genre: Komödie/Action
- Laufzeit: 101 Min.
- FSK: 16
- Kamera: Eduard Grau
- Musik: Christophe Beck
- Buch: Anthony Tambakis, Matthew Stone
- Regie: Nash Edgerton
- Schauspieler: Joel Edgerton, Charlize Theron, David Oyelowo, Amanda Seyfried, Sharlto Copley, Harry Treadaway, Thandie Newton, Melonie Diaz
- OT: Gringo (USA/AUS 2018)
Denn per se ist «Gringo» eine eher unterdurchschnittliche Komödie, die sich durch ihre vielen parallelen Handlungsstränge sogar noch zusätzlich Steine in den Weg legt. Dafür können Theron und Co. immerhin punktuell für ordentliche Lacher sorgen, auch wenn ihr Engagement nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass man «Gringo» in wenigen Wochen wieder vergessen haben dürfte.
Eine fingierte Entführung
Eben noch war Harold Soyinka (David Oyelowo) ein unbescholtener US-Bürger mit glücklichem Privatleben und gutem Job in der Pharmaindustrie. Doch als er während eines Businesstrips nach Mexiko erfährt, dass seine Bosse Richard (Joel Edgerton) und Elaine (Charlize Theron) einen intriganten Coup planen und seine Frau Bonnie (Thandie Newton) ihn betrügt, hat er schlagartig nichts mehr zu verlieren. Harold inszeniert seine eigene Entführung und fordert ein hohes Lösegeld. Der vermeintlich geniale Plan geht allerdings mächtig nach hinten los, denn Harold ist ohne es zu wissen tief in schmutzige Deals verstrickt. Plötzlich macht alle Welt Jagd auf den Gringo: das mexikanische Drogenkartell, ein gnadenloser Ex-Söldner, schließlich gar die US-Drogenfahndung. Harold wird viel Glück brauchen, um diesen Schlamassel lebend zu überstehen…
Auf dem Plakat zu «Gringo» prangt eine riesige Cannabis-Pflanze; dass der Film damit aber direkt mit dem Thema Drogen zu tun hat, ist ein Trugschluss, denn die einzige relevante Verbindung zu dem Rauschgift ist die, dass der Konzern, für den Hauptfigur Harold arbeitet, Cannabis in Tablettenform verkauft. Nein, «Gringo» ist trotz diverser fies-humoriger Spitzen sogar eine überraschend ernste Angelegenheit, denn die Umstände, durch die Harold nach Mexiko reist, hier schließlich seine eigene Entführung vortäuscht und letztlich doch irgendwie durch Umwege in den Händen von Ganoven landet, entbehrt ob der diesem Szenario innewohnenden „Murphys Gesetz“-Skurrilität zwar durchaus einer gewissen Komik, doch die Art und Weise, wie Nash Edgerton all das aufbereitet, könnte auch aus einem x-beliebigen Gangsterthriller stammen.
Nur vereinzelt treibt Edgerton die absurde Prämisse auch inszenatorisch auf die Spitze; etwa dann, wenn Harold völlig aufgelöst seine Fake-Entführung am Telefon probt, oder in den Szenen, in denen sich Charlize Theron und Joel Edgerton darin zu überbieten versuchen, wer Bernd Stromberg den Titel „Schlimmster Chef der Welt“ streitig machen kann. Auch den Subplot rund um das Pärchen Sunny (Amanda Seyfried) und Miles (Harry Treadaway) reichert das Skript von Anthony Tambakis («Jane Got a Gun») und Matthew Stone («Ein (un)möglicher Härtefall») mit einigen netten Ideen an, gleichzeitig offenbart sich an ihrer Geschichte aber auch ein Grundproblem von «Gringo».
Charlize Theron gegen den Rest des Ensembles
Die Autoren versuchen, in «Gringo» so viele verschiedene Dinge zusammenzuführen, dass der Fokus dadurch vom Wesentlichen genommen wird. Angefangen beim Nebenhandlungsstrang rund um Sunny und Miles, dessen Entbehrlichkeit schon dadurch deutlich wird, dass die beiden in der Plotbeschreibung gar nicht erst auftauchen, über Harolds angerissenen Beziehungsprobleme bis hin zur plötzlich im Raum stehenden Entlassung von Elaine oder Richard ist «Gringo» bis oben hin vollgestopft mit mal mehr, vor allem aber mit mal weniger unterhaltsamen Eskapaden, die für den eigentlichen Kern der Geschichte gar keine Rolle spielen. Zum Schluss müht sich Nash Edgerton zwar sichtlich, sämtliche Handlungsfäden zusammenzuführen, doch wie aus einem Guss wirkt das alles nie. Auch die permanente Aufmerksamkeit, die notwendig ist, um der Geschichte zu folgen, wird dadurch mehr als einmal auf eine harte Probe gestellt. «Gringo» böte Stoff für drei Filme ganz unterschiedlicher Ausrichtung, doch zusammengestampft auf einen einzigen, noch nicht einmal sonderlich langen Spielfilm funktionieren schließlich nur ausgewählte Teilaspekte.
Zu denen gehören in erster Linie die Schauspieler, allen voran Charlize Theron. Ihre Performance würde glatt ein Spin-Off ausschließlich rund um ihre abgefuckte Businessleaderin rechtfertigen, deren Methoden und vorgetäuschtes Interesse an ihren Mitmenschen ungeheuer unterhaltsam sind. Gleiches gilt für Joel Edgerton, in dessen vermeintlich toughem Firmenboss ein ziemlich armes Würstchen steckt; Edgerton verkörpert beides auf eine betont kantige Art und sieht neben Theron, die hier mit Abstand die besten Szenen erhält, trotzdem alt aus. David Oyelowo («Das Zeiträtsel») trifft das harte Los, mit seiner fast duckmäuserischen Rolle gegen zwei so starke Figuren anzuspielen. Genau das gelingt ihm nämlich nicht; zwar gibt sich der zweifach Golden-Globe-nominierte Schauspieler Mühe, möglichst viel mit seiner unspektakulär geschriebenen Figur anzufangen, doch ohne Gegenpart kämpft Oyelowo auf verlorenem Posten, genau wie Amanda Seyfried («Alle Jahre wieder») und «Penny Dreadful»-Star Harry Treadaway.
Für einen überraschend selbstironischen Auftritt sorgt derweil Sharlto Copley («Hardcore»), der schließlich auch Teil einiger wohl dosierter und stark inszenierter Actionszenen ist. Hier zeigt sich, womit Nash Edgerton hauptsächlich sein Geld verdient. Auch ein mit seiner Figur verbundener Twist konnte uns ganz gut überraschen, letztlich reicht all das aber nicht aus, um die ganz offensichtlichen Schwachpunkte von «Gringo» auszugleichen.
Fazit
Als schnörkellose Actioncomedy rund um ein vorgetäuschtes Kidnapping könnte «Gringo» richtig gut sein, doch Nash Edgerton verzettelt sich in Belanglosigkeiten, die seine Geschichte verwässern. Daran ändern auch die stark aufspielenden Darsteller nichts.
«Gringo» ist ab dem 5. April in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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