Ein blutiger Karrierebeginn
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«Zombieland» war mein erstes Synchronbuch für's Kino, und da hat einfach alles gestimmt: Der Humor in dem Film entspricht meinem eigenen, weswegen es so große Freude gemacht hat, die deutschen Texte zu verfassen. [...] Das war einfach eine runde Sache – und umso mehr freut es mich, dass «Zombieland» so etwas wie ein moderner Klassiker geworden ist.
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Tobias Neumann
Neumanns erstes Synchronbuch ist thematisch verwandt mit «Zombieland» – es handelt sich dabei nämlich um die Horrorkomödie «Blood Feast 2: All U Can Eat» von Herschell Gordon Lewis, eine als Heimkinopremiere ausgewertete, späte Fortsetzung des Ur-Splatters «Blood Feast». Neumann blickt ebenso stolz wie amüsiert auf sein Synchronbuchdebüt zurück: "Der ist extrem blutig, da werden die Leute reihenweise ausgeweidet", denkt er mit einem Lachen zurück, um im selben Atemzug begeistert zu erläutern, dass H. G. Lewis mit dem Vorgänger im Jahr 1963 ja quasi das Splatterkino begründet hat. Nach «Blood Feast 2», dessen deutsche Fassung Neumann 2005 textete, woraufhin der Film jedoch noch zwei Jahre auf seine hiesige Veröffentlichung warten musste, "folgten erst einmal zahlreiche billige Horrorfilme für den DVD-Markt. Denn das ist ein Genre wo man, sagen wir mal freundlich, auch als Texter ohne größere Erfahrung wenig kaputtmachen kann."
Neumanns Anfänge im Synchronbereich liegen jedoch weiter zurück als «Blood Feast 2»: Als Kind sprach er vereinzelte Synchronrollen ein. Dann kamen erst andere Interessen und später das Studium dazwischen. An eine Rückkehr ins Synchrongeschäft dachte er damals nicht. "Ich hatte nicht vor, eine Schauspielausbildung abzuschließen, wollte aber auch nicht ohne hinters Mikro zurück. Also habe ich mit diesem Kapitel abgeschlossen." Während des Studiums der Geschichtswissenschaft und der Germanistik hat Neumann jedoch wieder zur Branche zurückgefunden. "Ich habe auf Lehramt studiert, dann überlegt, an der Uni zu bleiben und dort eine Stelle zu suchen. Ich habe gemerkt, dass ich mein Leben damit verbringen will, etwas zu schreiben und regelmäßig Texte zu produzieren." Irgendwann kam die Idee: "Da ich als Student viel Zeit damit verbracht habe, Serien und Filme zu schauen, habe ich die alten Kontakte rausgesucht und gefragt, ob ich nicht für Synchronisationen Texte schreiben kann …"
Ähnlich wie ihm ergeht es einigen Synchronbuchautorinnen und -autoren, selbst wenn es bei weitem keinen normierten Weg in dieses Metier gibt. Da es kein Ausbildungsberuf ist, gibt es in diesem Bereich zahlreiche Quereinsteigende, die auf den verschiedensten Wegen ihre ersten Berufserfahrungen sammeln. Seit wenigen Jahren gibt es für Interessenten zudem Synchronbuch-Workshops, die der Synchronverband e.V. – Die Gilde veranstaltet., bei denen innerhalb von zwei Wochen Novizen von erfahrenen Synchronschaffenden an diese Arbeit herangeführt werden. "Wer daran teilnimmt, muss nicht die Horror- und Trash-Schule durchlaufen, wie ich es musste", erklärt Neumann, der Mitglied im Synchronverbands ist.
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Es gibt Filme, da lässt sich an einer Stelle ein Gag partout nicht genauso lustig auf Deutsch liefern wie im Original. Und dafür bietet sich aufgrund der Situationskomik oder der sprachlichen Möglichkeiten in unserer Sprache an anderer Stelle ein etwas stärkerer Witz an. Ich finde, dass es bei Komödien absolut angebracht ist, so etwas auszunutzen, damit der Film unterm Strich in beiden Fassungen gleich lustig ist.
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Tobias Neumann
Was Synchronbuchautorinnen und -autoren sich allerdings über viele Jahre erarbeiten müssen, ist ein sprachliches Bauchgefühl. Gerade bei Komödien sei das wichtig. "Es gibt Filme, da lässt sich an einer Stelle ein Gag partout nicht genauso lustig auf Deutsch liefern wie im Original. Und dafür bietet sich aufgrund der Situationskomik oder der sprachlichen Möglichkeiten in unserer Sprache an anderer Stelle ein etwas stärkerer Witz an. Ich finde, dass es bei Komödien absolut angebracht ist, so etwas auszunutzen, damit der Film unterm Strich in beiden Fassungen gleich lustig ist – selbst wenn sich die Lacher etwas anders verteilen." Die von den Verleihern beauftragten Supervisor sehen das laut Neumann nicht immer so.
Wer Donner isst, muss Blitze ausscheiden
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Ich habe vollstes Verständnis, dass die Studios hohe Sicherheitsmaßnahmen treffen, um ihre Filme vor Raubkopien zu schützen. Mittlerweile gibt es Filme, mit denen ein ganzes Geschäftsjahr steht und fällt.
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Tobias Neumann
"Das ist der Super-GAU, wir müssen natürlich sehen können, was wir da übersetzen sollen", führt Neumann aus. "Zum Glück hat die Anzahl der Produktionen mit solchen Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren eher abgenommen. Statt des völlig geschwärzten Bildes gibt es dann zumindest meist einen Milchglas-Effekt, durch den man wenigstens die groben Bewegungen erkennen kann. Das ist schon hilfreich, weil es besonders in actionreichen Filmen Phrasen gibt, die je nachdem, was eine Figur da gerade macht, sehr unterschiedlich übersetzt werden müssen." In anderen Fällen, "werden uns Filme auch einmal in einer 'freien' Version, ohne Verfremdungseffekte, unter großen Sicherheitsmaßnahmen im Kino vorgeführt. Das sorgt dann bei vielen Passagen für Klarheit."
Und bei Produktionen, wo dies nicht möglich ist? "Im Zweifelsfall biete ich dann einfach mehrere denkbare Versionen an und dann wird in der Mischung der Synchronfassung zum freien Bild entschieden, was am besten passt. So etwas ist zum Glück eher selten der Fall. Das sind keine idealen Arbeitsbedingungen, und das wissen die Studios. Sie erkennen, dass sie eine gute Synchro ermöglichen müssen, damit ein Projekt gute Chancen auf dem deutschen Markt hat."
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Ich bin mit den «Star Trek»-Serien aufgewachsen, habe sie mir teils viele Male angesehen. Als ich erfahren habe, dass für «Star Trek: Discovery» jemand gesucht wird, habe ich mich prompt ins Spiel gebracht – und es hat geklappt.
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Tobias Neumann
Auch wenn in den vergangenen Jahren in der Diskussion um Synchronfassungen kritische Stimmen zugenommen haben, sieht Neumann die Entwicklung jedoch insgesamt positiv: "Meines Erachtens nach sind sie in den letzten Jahrzehnten grundsätzlich immer besser geworden. Die technischen Fortschritte erlauben immer synchronere Aufnahmen und durch die besseren Recherchemöglichkeiten und Qualitätssicherungsmaßnahmen der Verleiher und Redaktionen unterlaufen weniger Übersetzungsfehler."
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Meines Erachtens nach sind sie in den letzten Jahrzehnten grundsätzlich immer besser geworden. Die technischen Fortschritte erlauben immer synchronere Aufnahmen und durch die besseren Recherchemöglichkeiten und Qualitätssicherungsmaßnahmen der Verleiher und Redaktionen unterlaufen weniger Übersetzungsfehler.
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Tobias Neumann
Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
16.04.2018 17:46 Uhr 1
Zitat: ""Es ist schade, dass er so gefloppt ist – doch durch die globale Hasskampagne hatte er leider keine Chance. Erschreckend, wie der Film ideologisch aufgeladen und von Hatern niedergemacht wurde ... Leute, es ist doch nur ein Film!""
Jetzt geht das schon wieder los. Könnte es sein, daß das einfach ein schlechter Film war, der nicht im geringsten verstanden hat, was am Original Ghostbusters so gut war?
Niedergemacht wurde nicht der Film sondern die Botschaft, als sich Feminazis und deren Sympathisanten geballt außerhalb jeglicher filmbezogener Kritik an ihrem Männerhaß aufgegeilt haben, so das im Höhepunkt sogar das Scum-Manifest erwähnt wurde.
Lieber Synchronautor Jahrgang 1980 bitte mal nachlesen worum es da geht, damit bist auch du gemeint.
Und mit solchen Aussagen ist man definitv außerhalb des Films.
Aber da können die Fangirls gerne 2 Jahre nach dem Flop wieder aus den Löchern kommen und "Hate" unterstellen.
16.04.2018 18:29 Uhr 2
Könntest du/Ihr vielleicht mal eine Bericht bringen über dieses "Xten", daß wohl seit etwa 10 Jahren "gang und gebe" geworden ist...heißt, die Synchron Sprecher stehen nicht mehr zusammen, sondern nur noch alleine im Studio......einige finden das wohl sehr gut, einige andere können damit wohl wenig anfangen.
17.04.2018 01:26 Uhr 3
17.04.2018 11:06 Uhr 4
17.04.2018 15:13 Uhr 5
Danke sehr! Wir hatten zuletzt schon zwei Synchro-Artikel und der nächste ist in der Pipeline.