Filmfacts: «Stronger»
- Start: 19. April 2018
- Genre: Drama
- Laufzeit: 119 Min.
- FSK: 12
- Kamera: Sean Bobbitt
- Musik: Michael Brook
- Buch: John Pollono
- Regie: David Gordon Green
- Schauspieler: Jake Gyllenhaal, Tatiana Maslany, Miranda Richardson, Richard Lane Jr., Nate Richman, Lenny Clarke
- OT: Stronger (USA 2017)
Dass David Gordon Green aus seinem Porträt kein eindimensionales Heldenepos macht, ist begrüßenswert. Ebenso wie die Performance von einem überragenden, wenngleich ein wenig zu verkrampft aufspielenden Jake Gyllenhaal («Southpaw»). Nur vereinzelt vergessen die Macher, ihre anti-patriotische Tour-de-Force konsequent durchzuhalten. Ihr Vaterland geht den Amerikanern eben doch über alles.
Die Bomben von Boston
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In Peter Bergs «Boston» ging es in erster Linie um die Ermittlungsarbeit, die rund vier Tage nach den Anschlägen dazu führte, dass die beiden Täter gefasst werden konnten. Dafür warf der «Lone Survivor»-Regisseur einen intensiven Blick hinter die Kulissen des Polizeiapparates, zeigte Vernehmungen von Opfern, die Nachstellung der Ereignisse in einer riesigen Lagerhalle und das Ringen mit der Presse, möglichst nur jene Informationen der Öffentlichkeit preiszugeben, die zu diesem und jenen Zeitpunkt angebracht waren. Natürlich nicht, ohne sich auch am Ende ausführlich der bewaffneten Auseinandersetzung zu widmen und sich sogar darauf einzulassen, die Motive der Täter zu ergründen. Wer «Boston» gesehen hat, erlebt in «Stronger» mehr als ein Déja Vu. Wenngleich Gordon Green viel näher an seinem einzelnen Protagonisten dran ist («Boston» war im Vergleich dazu ein Ensemblestück), erkennt man in vielen kleinen Hintergrundbeobachtungen wieder, in welchem Ermittlungsstatus sich die Bostoner Cops gerade befunden haben dürften.
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Starkes Drama mit kleinen Abstrichen in der B-Note
Im Fokus steht für David Gordon Green jedoch ganz deutlich das Anschlagsopfer Jeff Baumann. Auch das Skript basiert vor allem auf dem Tatsachenroman dieses Mannes, der durch die Explosionen beide Beine verlor. Dass sich der Film fast ausschließlich aus der Perspektive seines Protagonisten heraus entwickelt, ist daher selbstverständlich und wird von den Machern mit einer beachtenswerten Konsequenz durchgezogen. Vom psychischen wie physischen Leiden direkt nach dem Erwachen aus dem Koma (eine Szene, in der Jeffs Stümpfe das erste Mal von den Verbänden befreit werden, ist so schmerzhaft, dass man kaum hingucken kann!), über das langsame Arrangieren mit seiner Situation bis hin zu emotionalen Rückschlägen und dem ständigen Versuch, sich seiner Vorbildfunktion zu entsagen, lässt «Stronger» sein Publikum sämtliche Stationen durchleiden, die auch Baumann am eigenen Leib erfahren musste. Und Gordon Green schreckt vor nichts zurück.
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Während das Skript Jeffs beschwerlichen Weg vom bettlägerigen Invaliden hin zum Kämpfer mit all seinen Höhepunkten und Tiefschlägen zeichnet und dabei zu gleichen Anteilen auch die schwierigen Beziehungen zu seiner On-Off-Freundin Erin (muss sie notgedrungen wieder mit ihm zusammen sein, nur weil ihr Freund plötzlich schwer krank ist?) und der über-engagierten Mutter (Miranda Richardson als heimliches Highlight in «Stronger») miteinbezieht, wird die Geschichte in ihrer Konsequenz schwammiger, sobald es an den Kritikpunkt der Heldenverehrung geht. Auf der einen Seite betont der Film die Diskrepanz zwischen der von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Vorbildfigur und dem, was genau diese Verehrung mit ihr macht. Auf der anderen Seite springt «Stronger» im Finale ein wenig zu sehr den jubelnden Massen an die Seite, damit die „Nicht jeder möchte ein Held sein!“-Message vollends zündet.
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Fazit
«Stronger» ist ein einfühlsames, starkes Drama ohne falsche Scheu vor Intimitäten, in dem Jake Gyllenhaal und seine Kollegen groß aufspielen. Lediglich das ein wenig zu patriotisch-heldenhafte Ende passt nicht ganz in den ansonsten so unaufgeregt und zurückhaltend erzählten Film.
«Stronger» ist ab dem 19. April in den deutschen Kinos zu sehen.
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