Am frühen Abend versucht die ARD bekanntermaßen mit Serien wie «Marienhof» und «Verbotene Liebe» vor allem bei den werberelevanten Zuschauern zu punkten, da in dieser Zeit auch Werbung in begrenztem Maße ausgestrahlt werden darf. Die Werbezeit scheint allerdings nicht zu genügen, wie die Nachrichtenagentur epd nun herausgefunden haben will.
Dreijährige Recherchen haben demnach ergeben, dass im Fernsehprogramm der ARD jahrelang illegale Schleichwerbung platziert wurde. Unter anderem seien in der Serie «Marienhof» zehn Jahre lang Werbeaussagen und Botschaften für Firmen und Interessenverbände versteckt worden. Die ARD-Produktionsfirma Bavaria Film soll zwei Münchener Privatfirmen über Jahre erlaubt haben, die Schleichwerbung zu akquirieren. Weiter heißt es, die unerlaubten Werbebotschaften der zahlenden Kunden oder deren Markenzeichen seien anschließend von der Bavaria in die Bilder der Fernsehserie und teilweise sogar in Drehbuchdialoge eingebaut worden.
Die Schleichwerbung sei von der Münchner Unternehmensberatung H.+S. und ihrer Schwesterfirma «Kultur und Werbung» eingeworben worden, heißt es weiter. Während der verdeckten Recherchen habe die Nachrichtenagentur erfahren, dass H.+S. für zehn in die «Marienhof»-Serie integrierte Placements einen Paketpreis von 175.000 Euro forderte.
Doch der Skandal scheint noch größere Ausmaße zu haben: Ähnliche Vorgehensweisen soll es womöglich auch bei der Bavaria-Tochter Saxonia gegeben haben. Nach einem Projektstatusbericht von Schnoors Agentur K+W, den epd zitiert, kam es in der von Saxonia produzierten Serie «In aller Freundschaft», die wöchentlich von etwa sechs Millionen Bundesbürgern gesehen wird, zwischen 2002 und 2003 in mindestens neun Fällen zu bezahlter Pharmawerbung. Krankheiten wie Alzheimer, Asthma, Epilepsie oder Multiple Sklerose seien der Anlass gewesen, über Arzneien oder Wirkstoffe zu reden. Das Dokument vom Nikolaustag 2002 benennt Episoden, Sendedaten und Pharmakunden, die mit bis zu 30.000 Euro Zahlung eingeplant wurden. ARD-Programmdirektor Günter Struve sprach von einem möglichen "Betrugstatbestand".
Am Mittwoch hat die ARD-Produktionsfirma Bavaria nun in einer Stellungnahme zugegeben, dass "es in den vergangenen Jahren Placement in beschränktem Umfang in Produktionen gegeben" hat, "entgegen den Regelungen des jeweiligen Produktionsvertrags." Die unerlaubte Schleichwerbung habe allerdings "bei weitem nicht in dem von epd vermuteten Volumen" stattgefunden. In Zukunft solle es nun einen gemeinsam von Gesellschaftern und der Geschäftsführung vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog geben. Dieser sieht unter anderem verschärfte Kontrollmaßnahmen des Verbots von Placement-Aktivitäten sowie arbeitsrechtliche Schritte für den Fall der Zuwiderhandlung vor. Damit seien unzulässige Kooperationen "künftig wirksam ausgeschlossen".