Filmfacts: «Early Man»
- Start: 26. April 2018
- Genre: Familienfilm/Abenteuer
- Laufzeit: 89 Min.
- FSK: o.Al.
- Kamera: Charles Copping, Dave Alex Riddett, Paul Smith, Peter Sorg
- Musik: Harry Gregson-Williams, Tom Howe
- Buch: Mark Burton, James Higginson
- Regie: Nick Park
- Deutsche Sprecher: Friedrich Mücke, Palina Rojinski, Kaya Yanar
- OT: Early Man (USA/UK/FR 2018)
Unter diesen Voraussetzungen ist die Liebe von Regisseur Nick Park («Wallace & Gromit – Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen») zu seinem Werk nur erahnbar, die sich in jedem noch so kleinen technischen Detail von «Early Man» wiederfindet. Auf den Inhalt trifft das weniger zu – mit der Fokussierung auf ein Fußballspiel werden die Macher dem inszenatorischen Herzblut ihres Films nicht ganz gerecht.
Lange vor unserer Zeit
Angesiedelt in der Vorzeit, als urzeitliche Kreaturen und wollige Mammuts die Erde bevölkerten: Höhlenmensch Dug (deutsche Stimme: Friedrich Mücke) ist überzeugt davon, dass sein Stamm mehr kann als nur Kaninchen zu jagen. Wenn überhaupt. Doch Clanführer Bobnar rät ihm von solchen Höhenflügen ab. Als Steinzeitmenschen sollten sie einfach zufrieden in ihrem Tal leben und weiter Kaninchen jagen. Wenn überhaupt. Doch als eines Tages die Bronzemenschen und mit ihnen der heimtückische und arrogante Anführers Lord Nooth das idyllische Tal des Stammes für sich beanspruchen wollen, wird Dug klar, dass es nun Zeit zu handeln ist! Zusammen mit seinem besten Freund, dem prähistorischen Wildschwein Hognob, macht er sich auf seine Heimat zu retten. Und findet dabei heraus, dass seine Vorfahren früher sehr wohl ein großes Talent besaßen… ein episches Fußballspiel wird schon zeigen, wer die wahren Helden sind!
Richtig gelesen: In «Early Man – Steinzeit bereit» geht es tatsächlich die meiste Zeit um die Vorbereitungen und die Austragung eines Fußballmatches, worauf der Ursprungstitel «Early Man-United» sogar explizit verweisen sollte. Diese Prämisse erweist sich auch direkt als größter Schwachpunkt des Films: Dem Zuschauer eröffnet sich erst ein kreativ-sympathischer Einblick in die Welt der Steinzeitmenschen, bis das Setting zu Gunsten des Sportplots immer weiter in den Hintergrund rückt. Aber der Hälfte ist es schlichtweg egal, ob sich das (natürlich fiktive) Geschehen nun vor vielen Millionen Jahren zugetragen hat, oder sich im Hier und Jetzt abspielt. So ist das erste Drittel von «Early Man» gleichsam das stärkste. Wie sich Dug und seine Kumpane auf einer Hasenjagd anstellen, was für Dinge die Gruppe für ihre Bedürfnisse zweckentfremdet (es gibt zum Beispiel einen Einblick in die Ur-Form der Wäscheklammern), oder wie sie sich gegen ihre Feinde zur Wehr setzen müssen, ist voll von amüsantem Ideenreichtum, der eine standardisiert erzählte Geschichte nahezu überflüssig macht.
Es würde ausreichen, den Höhlenmenschen einfach nur bei ihrem täglich Werk zuzuschauen und trotzdem in regelmäßigen Abständen für ausgiebige Lacher sorgen – übrigens wieder einmal bei Groß und Klein. Doch leider konzentrieren sich die Drehbuchautoren Mark Burton («Shaun das Schaf – Der Film») und James Higginson zunehmend auf das runde Leder.
Optik hui, Story mau
Von der intensiven Vorbereitungsphase über Rückschläge und Selbstzweifel bis hin zum David-gegen-Goliath-gleichen Sieg der Außenseiter über die Favoriten, hakt «Early Man» pflichtbewusst die Stationen des gängigen Sportfilms ab und garniert sie mit einer familientauglichen „Glaub-an-dich“-Botschaft. Dass die Macher im Angesicht dieser durch und durch konventionellen Story trotzdem nicht auf den Aardman-typischen, skurrilen Humor verzichten, hievt die in ihren 88 Minuten sehr flott inszenierten Geschichte letztlich trotzdem noch leicht über den Durchschnitt. Dug ist nicht bloß ein frecher Protagonist, der mit dem Wildschwein Hognob einen echten Szenendieb-Sidekick an seiner Seite hat, auch seine spleenigen Freunde und Verwandte bereichern das Geschehen um ihre ganz persönlichen Eigenheiten. Das mündet mitunter in herrlich absurden Slapstick und dürfte vor allem die ganz kleinen Zuschauer begeistern, während «Early Man» für das ältere Publikum voller Wortwitz steckt und gerade Fußballfans mit vielen treffsicher-entlarvenden Beobachtungen amüsieren dürfte.
Das abschließende Spiel zwischen den Höhlenmenschen und Profi-Mannschaft der Bronzemenschen nimmt zum Abschluss fast eine halbe Stunde der Laufzeit ein und betrachtet dabei nicht bloß das Geschehen auf dem Rasen, sondern in erster Linie die Reaktionen des Anführers Lord Nooth – ein für Familienfilmverhältnisse überraschend skrupelloser Bösewicht, der richtig angsteinflößend wäre, würde ihn das Skript nicht immer wieder bewusst der Lächerlichkeit preisgeben. Auch im Finale ist wieder einmal das am spannendsten, was sich nur indirekt mit dem Fußball befasst: Die süffisanten Beobachtungen der prähistorischen Sportkommentatoren (auch damals gab es schon Zeitlupe!), Lord Nooths zwielichtige Geldeintreiber-Methoden und seine skeptische Mutter, die einen der besten Running Gags des Films auf ihrer Seite hat, verhelfen «Early Man» auf erzählerische Ebene viel eher zum typischen Aardman-Flair, als das Spiel an sich.
Ein plötzlicher Ansturm von Selbstzweifel wirkt in seiner bemühten Tragik sogar regelrecht deplatziert sowie überflüssig und sorgt derart aufgesetzt nicht für die Emotionen, die das Skript beabsichtigt. Trotzdem freut man sich am Ende trotz des vorhersehbaren Ausgangs mit Dug und seinen Freunden – zum Staunen ob der fast übermenschlichen Entstehungsgeschichte eines solchen Films ist «Early Man – Steinzeit bereit» nämlich immer noch bestens geeignet.
Fazit
«Early Man – Steinzeit bereit» liefert tricktechnisch ebenjenen Standard, den man von den Filmen aus dem Hause Aardman gewohnt ist. Inhaltlich war das britische Animationshaus aber schon mal besser aufgelegt.
«Early Man – Steinzeit bereit» ist ab dem 26. April in den deutschen Kinos zu sehen.
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