Fakten zu «Haus des Geldes»
- Originaltitel: «La casa del papel» (International: «Money Heist»)
- Genre: Heist-Serie
- Idee: Álex Pina
- Darsteller: Úrsula Corberó, Itziar Ituño, Álvaro Morte, Paco Tous, Pedro Alonso u.w.
- Produktionsland: Spanien
- Produktionsunternehmen: Vancouver Media
- Weltpremiere: 2. Mai 2017 (Antena 3)
- Deutschlandpremiere: 22. Dezember 2017 (Netflix)
- Episodenlänge: 70 Minuten (Antena 3) / 41-55 Minuten (Netflix)
Der deutsche Titel ist eine relativ direkte Übersetzung des Originalnamens «La casa del papel». Bei den 22 auf Netflix verfügbaren Episoden, von denen die neuesten neun erst Anfang April erschienen, handelte es sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht um ein Netflix-Original. Stattdessen lief die Serie weltweit erstmals beim spanischen Sender Antena 3 und umfasste dort eigentlich nur 15 Episoden, die dafür je knapp 70 Minuten umfassten. Um die Serie binge-gerechter zu machen, schnitt Netflix, das sich die Serie lizensieren ließ, die Folgen auf eine kürzere Laufzeit um und teilte sie auf. 13 Ausgaben erschienen so bereits am 22. Dezember 2017 in der deutschen Online-Mediathek. Dies stellte sich als kluger Schachzug des Streaming-Dienstes heraus. Tatsächlich wurden im frühen Jahr 2018 in Deutschland immer mehr Menschen auf die Thriller-Serie aufmerksam und als schließlich Anfang April der Rest der Episoden erschien, entstand schließlich ein regelrechter Hype.
Der Raub des Jahrtausends
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Tatsächlich stellt der spektakuläre und an Plot-Twists reiche Coup der Notenbank-Gangster nur eine Facette der Qualität dar, die «Haus des Geldes» auszeichnet und zum klammheimlichen Mega-Erfolg werden ließ. Denn was die Serie mit dem internationalen Titel «Money Heist» seinen Genre-Kollegen voraushat, sind die komplexen und sehenswerten Zwischenmenschlichkeiten, die besonders innerhalb der Bankräuber für ein großes Sehvergnügen sorgen. Man kennt das: Im Rahmen von Hollywood-Blockbustern reicht es häufig nicht, eine actionreiche Geschichte zu präsentieren. Häufig wird fast zwanghaft eine Liebesgeschichte in die Story hineingedrückt, um womöglich noch das weibliche Publikum anzulocken und abzuholen. Nicht selten wirken derart forcierte Neben-Plots aber wie ein Fremdkörper, den man sich auch hätte sparen können.
Dreidimensionale Figuren mit spanischem Temperament
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Dennoch konnte Netflix bei «Haus des Geldes» nicht von einem über die spanischen Landesgrenzen hinaus bestehenden Hype ausgehen. Dafür ist die Geschichte eigentlich zu sehr in den Sehgewohnheiten und der Mentalität Spaniens verankert, was sich insbesondere an den häufig mit überzogener Theatralik vorgetragenen Dialogen ablesen lässt, die eher an die im spanischsprachigen Raum beliebten Telenovelas erinnern. Doch auch die Deutschen scheinen gefallen am spanischen Temperament gefunden zu haben. «Haus des Geldes», das zeigt sich erst später, will jedoch nicht nur unterhalten, sondern übt sich auch in Kapitalismuskritik, was schon am Raub selbst deutlich wird. Statt reiche Privatpersonen oder betuchte Unternehmen zu bestehlen, wird gleich das ganze Finanzwesen ausgenommen, wodurch die Gangster schon zu Beginn Vergleiche mit Robin Hood bemühen. Vom reichen Staat nehmen und es dem Volk zurückgeben - nicht umsonst sind die Overalls der Räuber knallrot. Eindeutig wird die Metapher, wenn die Notenbankräuber im Finale „Bella Ciao“ singen, das Lied, das zur Hymne der anarchistischen, kommunistischen und sozialdemokratischen Bewegung geworden ist.
Gefährdet Netflix das Vermächtnis von «Haus des Geldes»?
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In der Tat muss dieses Vorhaben kritisch betrachtet werden, riecht es doch nach einer vorrangig aus Profitgründen getroffenen Entscheidung. Netflix werden die überragenden Abrufzahlen von «Haus des Geldes» schon länger vorliegen, weshalb wohl schon beim Klang der Worte „«Haus des Geldes» Staffel drei“ die Dollar-Zeichen in den Pupillen der Verantwortlichen aufploppen. Eine bereits fertig auserzählte Geschichte fortzuspinnen, klingt wenig sinnhaft und der Streaming-Dienst ist nach dieser Bekanntgabe in der Bringschuld, zu beweisen, dass es möglich ist, die Serie sehenswert weiterzuführen, ohne das Vermächtnis dieses unwahrscheinlichen Serienhits zu gefährden. Etliche Serien haben den Absprung nicht geschafft und dadurch ihren Platz im Serienolymp verspielt. Auch Netflix, das bereits einige andere Formate von TV-Stationen übernahm und eigenhändig fortsetzte, ließ Staffeln von niedrigerer Qualität folgen, so etwa bei «Arrested Development» oder – mittlerweile auch – bei «Black Mirror». Doch vielleicht ist uns Serienzuschauern „Professor Netflix“ schon zwei Schritte voraus.
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30.04.2018 13:35 Uhr 1