Filmfacts: «Wahrheit oder Pflicht»
- Start: 10. Mai 2018
- Genre: Horror
- Laufzeit: 100 Min.
- FSK: 16
- Kamera: Jacques Jouffret
- Musik: Matthew Margeson
- Buch: Jillian Jacobs, Michael Reisz, Christopher Roach, Jeff Wadlow
- Regie: Jeff Wadlow
- Darsteller: Lucy Hale, Tyler Posey, Violett Beane, Sophia Ali, Nolan Gerard Funk, Landon Liboiron, Sam Lerner, Hayden Szeto
- OT: Truth or Dare (USA 2018)
Nach diesem Prinzip wurden in der Vergangenheit viele Blumhouse-Filme wie «Happy Deathday» und «The Visit» zum Megahit. Für sein neuestes Projekt «Wahrheit oder Pflicht» entschied sich der Konzern nun zum ersten Mal ganz demonstrativ dafür, seinen Namen prominent in PR-Kampagne zu platzieren. Spätestens jetzt weiß jeder, dass „Blumhouse presents“ einer Wundertüte gleichkommt. Und tatsächlich ist in «Wahrheit oder Pflicht» so ziemlich jeder Vor- und Nachteil bisheriger Blumhouse-Horrorfilme vertreten. Das Endergebnis ist nämlich solide, besitzt einige kreative Ideen, ist aber überhaupt nicht gruselig.
Vom Spring Break in die Hölle
Die kalifornische College-Studentin Olivia (Lucy Hale) lässt sich nur ungern von ihrer besten Freundin Markie (Violett Beane) überzeugen, den letzten Spring Break vor ihrem Abschluss in Mexiko zu verbringen. Dort angekommen, sind ihre Bedenken aber schnell vergessen und sie feiern ausgelassen und feuchtfröhlich. Während einer Partynacht lernt sie den charmanten Carter (Landon Liboiron) kennen, der die Gruppe zu einer geheimnisvollen Höhle führt und sie überredet, das Partyspiel „Wahrheit oder Pflicht“ zu spielen. Die erst lustige Stimmung schlägt schnell um, als Carter anfängt, von einem Fluch zu erzählen. Zurück in Kalifornien hat Olivia den Vorfall schon fast vergessen, als sie unheimliche Botschaften erreichen, die sie auffordern, zwischen Wahrheit oder Pflicht zu wählen. Anfangs hofft sie noch, dass sie sich alles nur einbildet, doch dann erkennt sie, dass sie die Regeln befolgen muss, um zu überleben…
„Von Dämonen können nicht nur Menschen besessen werden, sondern auch Orte, Gedanken oder Ideen!“, gibt eine unheimliche, stumme Frau auf Papier an die ihr gegenübersitzenden Teens weiter, als diese in der Angelegenheit "Wahrheit oder Pflicht"-Spiel nicht mehr weiterwissen. In «Wahrheit oder Pflicht» ist nämlich das berühmt berüchtigte Partyspiel besessen und nimmt nach und nach Besitz von den anwesenden Teenies. Das Prinzip ist sehr simpel: In regelmäßigen Abständen verzieht sich die Visage einer in der Nähe befindlichen Person zu einer scheußlichen Fratze („Wie so ein Instagram-Filter!“) und stellt dem Teenager, der laut eines vor Ort geschossenen Selfies gerade an der Reihe ist, die alles entscheidende Frage. Entscheidet man sich für „Wahrheit“, steht in der Regel die Aussprache eines lang gehüteten Geheimnisses an, „Pflicht“ dagegen animiert die Mitspieler zu einer Mutprobe – und wer weder die Wahrheit aussprechen, noch die Pflicht begehen will, stirbt wie von Geister-, pardon, Dämonenhand.
Auch wenn die Prämisse eines verfluchten „Wahrheit oder Pflicht“-Spiels durchaus kreativ und neu ist, ist an der Story als solches nur wenig innovativ. «It Follows», «Final Destination» und so ziemlich jedes Teenie-Horrorfilmklischee der vergangenen fünf Jahre geben sich hier die Klinke in die Hand. Trotzdem kann der Film in vielen Momenten punkten, doch eines ist sicher: Je weniger Genrefilme man zuvor gesehen hat, desto mehr dürfte einen das Gezeigte schockieren. Eingefleischten Horrorfans dagegen dürfte das Geschehen wiederum keine Angst machen – ein wenig Spaß dagegen schon eher.
Altbekanntes neu aufgelegt
Dafür sorgt in erster Linie der gut aufeinander eingespielte Cast. Die frischen Gesichter der Newcomer, die obendrein auch noch sehr solide aufspielen, sorgen für Authentizität und funktionieren obendrein hervorragend als Identifikationsfiguren für das junge Publikum. Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Teens zwar auch hier den einen oder anderen logikbasierten Handlungs-Faux-Pas leisten, im Vergleich zu diversen anderen Genrefilmen dieser Couleur hält sich das – vor allem dank der eindeutigen Prämisse, die einfach gar nichts Anderes zulässt, außer mitzuspielen – weitgehend in Grenzen. Im Mittelpunkt steht vornehmlich die brave College-Studentin Olivia. Als diese hat «Pretty Little Liars»-Serienstar Lucy Hale zwar nicht allzu viel zu tun, dennoch taugt sie als sich vor allem im Finale als ziemlich clever erweisendes Final Girl, die auf ihrem Weg in Richtung Rettung gegen mindestens ein ungeschriebenes Genregesetz verstößt.
Ihre Freunde bestehen dagegen vornehmlich aus Stereotypen des gängigen Horrorkinos, gibt sich bei diesen jedoch nicht ganz so viel Mühe in Sachen Variation. Dass ein sich gegenüber seines Vaters gerade als homosexuell geouteter Junge im nächsten Moment abkratzt, versetzt dem zuvor so unaufdringlich in die Story eingebundenen Subplot rund um seine Angst, sich als schwul zu bekennen, einen ordentlichen Dämpfer. Die Reihenfolge der verschiedenen Todesfälle sowie der damit einhergehenden Umstände bleibt abseits davon aber angenehm unberechenbar.
Auch aufdringlich inszenierte Jumpscares gehören heutzutage zu der Inszenierung moderner Horrorfilme dazu. Im Falle von «Wahrheit oder Pflicht» hätten wir uns aber tatsächlich noch ein paar mehr davon gewünscht, um die ansonsten sehr gediegene, kaum wirklich gruselige Atmosphäre ein wenig aufzupeppen. Klassische Schreckmomente, die auch für den geübten Horrorfilmgucker überraschend kommen, gibt es hier nämlich nicht. Das Motiv der sich zu unheimlichen Fratzen verzerrenden Gesichter strapazieren die Macher bereits in der ersten halben Stunde derart über, dass man ihr Auftauchen fortan viel zu leicht kommen sieht, um den Zuschauer damit wirklich zu schockieren. Weitaus interessanter als der Spaß am Grusel sind dafür die Ermittlungsarbeiten, die Olivia und ihre Freunde anstellen, um endlich von dem Fluch befreit zu werden. Hier schlägt das Skript des vierköpfigen Autorenteams rund um Michael Reisz («Shadowhunters: The Mortal Instruments») einige charmante Haken und offenbart so einige kreative Ideen, die das Geschehen nicht immer so ausgehen lassen, wie man es vermutet.
Auch das Finale kann punkten. So viel können wir verraten: Die ziemlich böse, mit einem Hauch Gesellschaftskritik versehene und dabei auch arg bemüht nach einem Sequel schielende Auflösung haben wir so nicht kommen sehen. Darüber hinaus fügt sie sich nicht in die vorher über weite Strecken sehr bequeme Inszenierung durch «Kick-Ass 2»-Regisseur Jeff Wadlow, dem wir im Anbetracht seiner Vorwerke durchaus ein wenig mehr Biss und Augenzwinkern zugetraut hätten.
Fazit
«Wahrheit oder Pflicht» ist ein solider Abzählreim-Horrorfilm, der die Regeln des Genres weitgehend befolgt. Dadurch eignet er sich hervorragend für Einsteiger in die Welt des Grusels. Wer hier allerdings schon lange zuhause ist, dürfte sich eher durch den Krimiaspekt und weniger durch den Horror an sich unterhalten fühlen.
«Wahrheit oder Pflicht» ist ab dem 10. Mai bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
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