Filmfacts: «Nach einer wahren Geschichte»
- Regie: Roman Polanski
- Produktion: Wassim Béji
- Drehbuch: Olivier Assayas, Roman Polanski; basierend auf dem gleichnamigen Roman von Delphine de Vigan
- Darsteller: Eva Green, Emmanuelle Seigner, Camille Chamoux, Vincent Perez, Dominique Pinon, Alexia Séféroglou
- Musik: Alexandre Desplat
- Kamera: Paweł Edelman
- Schnitt: Margot Meynier
- Laufzeit: 101 Minuten
- FSK: ab 12 Jahren
Eine Verfilmung von «Nach einer wahren Geschichte» kann verständlicherweise die Wucht dieses (mindestens) doppelbödigen Spiels, das Delphine de Vigan in Interviews weitergetrieben hat, kaum wiederholen. Da müsste schon ein schwer durchschaubarer Coup her, wie ihn «Blair Witch Project» bei seinem Kinostart noch dargestellt hat.
Mit einem klar fiktionalen Suspensefilm mit der durch «Casino Royale» und «Sin City: A Dame to Kill For» bekannten Eva Green in einer der tragenden Rolle lässt sich dies hingegen nicht bewerkstelligen. Anstelle der Frage "Ist das wahr oder ist das Fiktion?" drängt sich im Kinofilm «Nach einer wahren Geschichte» dem Titel zum Trotz viel eher die Überlegung auf: "Hat der Film denn nun einen Twist oder führt er sein Publikum bewusst mit diversen Andeutungen in die Irre?"
Richtiger Nervenkitzel will in diesem Psychothriller jedoch kaum aufkommen. Das liegt einerseits daran, dass «Nach einer wahren Geschichte» für einen Roman-Polanski-Film erschreckend dahingeklatscht wirkt. Vom Paranoia auslösenden visuellen Stil, den der berüchtigte Regisseur unter anderem in «Tanz der Vampire» und «Rosemaries Baby» oder «Die neun Pforten» bewiesen hat, ist hier nichts mehr zu spüren. Die Bilder des Kameramanns Pawel Edelman («Venus im Pelz») sind brutal überbelichtet, Polanskis Kameraeinstellungen wirken (bis auf wenige Ausnahmen) eher zufällig gewählt als minutiös dirigiert und die raren Chromakey-Aufnahmen in diesem Film wurden wohl von Photoshop Philipp während einer Pinkelpause erstellt.
Bei der schalen Inszenierung muss das Schauspiel so viel kompensieren wir nur möglich, erst recht, da «Nach einer wahren Geschichte» auch dramaturgisch wenig hermacht. Schon früh steht drohendes Unheil im Raum, allerdings lässt Olivier Assayas' und Roman Polanskis Drehbuch die Protagonistin sehr lange ahnungslos durch das Geschehen schlendern, und verzichtet zudem darauf, die Bedrohung zu konkretisieren. Wenn der Plot gegen Schluss dann plötzlich eskaliert, kommt dieses Aufreiben zu spät und zu dramatisch, als dass sich «Nach einer wahren Geschichte» als plausibler Thriller verkaufen könnte. Für einen campig-übertriebenen Thriller der Marke Brian de Palma ist der Stoff derweil trotz kleinerer palmaesker Augenblicke zu zahm.
Somit ist es vornehmlich Eva Green, die diesen Film schultert. Selbst wenn das Drehbuch ihre Figur einer (übereifrigen?) Verehrerin der Schriftstellerin Delphine bestenfalls zweidimensional anlegt, gelingt es der Mimin, dem Material mit ihrem unverkennbaren "Ich verhex' dich gerade und warte darauf, dass die Wirkung eintritt"-Blick eine angespannt-verruchte Aura zu verleihen. Als aufdringlich-hilfreiche 'Femme fatale light' holt Green Suspense aus Momenten, in denen bei diesem Skript und dieser Umsetzung eigentlich keine sein dürfte. Emmanuelle Seigner indes legt ihre Figur arg blauäugig an. Wenn sie als zunehmend aufgekratzte Delphine jedoch in Zwiegespräche gedrängt wird, blitzt das darstellerische Talent der Polanski-Gattin kurzzeitig auf.
In seinen raren, guten Momenten funktioniert «Nach einer wahren Geschichte» als konzeptueller Psychothriller über Schriftsteller-Obsessionen, zumeist ist Polanskis Neuster allerdings ein vor sich hinplätscherndes Vehikel für eine ungezügelt chargierende Eva Green. Filminteressenten, die Green verehren und/oder beim Grundthema dieses Films nicht wählerisch sind, werden passabel bedient – alle Anderen dürften hier aber eher eine Enttäuschung erleben.
«Nach einer wahren Geschichte» ist ab dem 17. Mai 2018 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
15.05.2018 15:07 Uhr 1
15.05.2018 15:36 Uhr 2