Filmfacts: «Hagazussa»
- Start: 17. Mai 2018
- Genre: Drama/Horror
- Laufzeit: 102 Min.
- FSK: 16
- Kamera: Mariel Baqueiro
- Buch und Regie: Lukas Feigelfeld
- Darsteller: Aleksandra Cwen, Celina Peter, Claudia Martini, Tanja Petrovsky, Haymon Maria Buttinger
- OT: Hagazussa - Der Hexenfluch (DE/AT 2017)
Erst in den letzten zehn Minuten kommen in «Hagazussa» genretypische Horrorelemente zum Tragen. Die eineinhalb Stunden zuvor sehen wir unter Zuhilfenahme einer der markerschütterndsten Tonspuren jüngerer (Horror-)Filmgeschichte einer einsamen Frau in unheilvoller Abgeschiedenheit beim langsamen Abdriften in den Wahnsinn zu. Und das ist einfach wahnsinnig effektiv, auch ohne dass auf der Leinwand besonders viel passiert.
Das 15. Jahrhundert
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Wer aufgrund der Kritiker-Lobpreisungen damals mit dem Gedanken an «The Witch» herangegangen ist, in den kommenden eineinhalb Stunden den krassesten Horrorfilm aller Zeiten zu erleben, dürfte vor allem dann enttäuscht gewesen sein, wenn er unter einem krassen Horrorfilm möglichst viele Jumpscares und Schockmomente versteht. Robert Eggers wusste mit seiner Genreperle zwar zu verstören, inszenierte aber auch ganz klar einen Film fernab vom weichgespülten Blumhouse-Horror, James Wans «Conjuring» und Co. Auf genau diesen anspruchsvoll-atmosphärischen Pfaden wandelt nun auch Lukas Feigelfeld, nur dass «Hagazussa» nicht im Neuengland des frühen 17. Jahrhunderts spielt, sondern in den österreichischen Alpen, kurz nach dem Mittelalter. Auch bei ihm entsteht aus der Abgeschiedenheit seiner Kulisse die ultimative Beklemmung: Dort die auf sich allein gestellte Familie, da die beiden Frauen und später die Frau mit Baby, aus deren Interaktionen nach und nach die nackte Panik erwächst.
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Hexe oder keine Hexe?
Viel interessanter ist es allerdings, wenn Albrun auf ihrer Hütte komplett auf sich allein gestellt ist und die Grenze zwischen etwaigen Visionen, die weniger visueller, denn viel mehr akustischer Natur sind, hin zur Realität immer mehr ineinander verschwimmen. Zunächst hört Albrun ihre Mutter nachts nach ihr rufen – so kurz nach dem plötzlichen Verlust eindeutig eine Vision, was Lukas Feigelfeld durch seine Inszenierung unmissverständlich erläutert. Doch als die junge Frau den vom Dorfpfarrer erhaltenen Totenschädel ihrer Mutter in einer Ecke der Hütte drapiert und von nun an regelmäßig Atemgeräusche und ein pulsierender Herzschlag zu vernehmen sind, wird es immer undeutlicher, was nun echt und was Wahn ist. Haben die von Albrun unverständlich gemurmelten Verse die Verstorbene möglicherweise wieder zum Leben erweckt? Oder driftet die junge Frau in Paranoia ab?
Gründe dafür gibt es zuhauf, was vor allem eine besonders intensive Vergewaltigungsszene zeigt, die uns so kalt erwischte, dass wir an dieser Stelle nicht spoilern wollen, welche Person genau darin involviert ist. Es ist ein ungeschönter Blick darauf, wie zur damaligen Zeit mit angeblichen Hexen umgegangen wurde.
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Abseits der sehr dosiert eingesetzten Musik, die mehr einem dröhnenden Klangteppich gleicht, funktioniert ein Großteil der Spannung über die intensive Tonspur. Die akustischen Affekte diverser Naturgeräusche malträtieren das Trommelfell des Zuschauers wie kleine Nadelstiche. Danach traut sich erst einmal keiner so schnell alleine in den Wald…
Fazit
Intensiv, beklemmend, abscheulich, schön. Lukas Feigelfelds Horrordrama «Hagazussa – Der Hexenfluch» ist die österreichische Antwort auf «The Witch» – und vielleicht sogar noch besser.
«The Witch» ist ab dem 17. Mai im Rahmen einer Kinotour in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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