Die Kritiker

«Wolfsland – Der steinerne Gast»

von   |  1 Kommentar

Götz Schubert und Yvonne Catterfeld ermitteln wieder: Die ARD-Krimireihe «Wolfsland» geht in die dritte Runde.

Cast und Crew

  • Regie: Max Zähle
  • Darsteller: Yvonne Catterfeld, Götz Schubert, Johannes Zirner, Jan Dose, Jan Krauter, Cornelia Ivancan, Renate Krössner, Daniel Wagner, Wolfgang Winkler
  • Drehbuch: Sönke Lars Neuwöhner, Sven S. Poser
  • Kamera: Frank Küpper
  • Schnitt: Ingo Ehrlich
  • Musik: Andreas Weidinger
  • Produktionsfirma: Molina Film
Die noch recht neue ARD-Krimireihe «Wolfsland» dreht sich in ihrem dritten Fall um die Entdeckung zweier Skelette im Fundament eines Görlitzer Altstadt-Hauses. Eines wird auf das 16. Jahrhundert datiert, das andere Skelett scheint dagegen aus dem Jetzt zu sein. Dies ruft das weitestgehend ungleiche, aber zu recht gleichen Teilen seelisch gebrochene Ermittlerduo Viola Delbrück (Yvonne Catterfeld) und Burkhard "Butsch" Schulz (Götz Schubert) auf den Plan.

Alsbald rütteln sie mit ihren Ermittlungen eine eingeschlafene Geschichte über alte Schuld und schmerzhafte Erkenntnisse wach: Gemeinsam haben drei Gangster vor mehreren Jahren einen Juwelier überfallen und getötet. Bei der nun gefundenen Leiche handelt es sich um einen der drei Täter, der Zweite im Bunde wird von den Kommissaren kurz nach dem Leichenfund aufgespürt … Allerdings ebenfalls nur als Leiche: Sie finden ihn erstochen am Ufer der Neiße. Es drängt sich die Frage auf: Wer ist der dritte Mann? Und liegen die Ermittler mit ihrer Theorie richtig, dass dieser auf einmal versucht, seine Spuren zu verwischen – zur Not, indem er seine alten Partner ermordet?

Eine überraschende Erkenntnis, die «Der steinerne Gast» mit sich bringt: Das Produktionshaus Molina Film bemüht sich redlich, dem riesigen Aufgebot an Primetime-Krimis, das allein schon Das Erste auffährt, mit der Reihe «Wolfsland» neue Facetten abzugewinnen. Der Auftakt zur «Wolfsland»-Reihe kam Ende 2016 nämlich für kaum eine Minute aus den Genreklischees heraus, und diese wurden auch noch dürftig umgesetzt. Fast ausschließlich die wenigen wortkargen, zwischenmenschlichen Momente der Interaktion zwischen Viola und Butsch brachten dem Neunzigminüter Leben ein, den wir daher zum Krimipendant zur Discount-Vollmilchschokoladentafel ernannt haben.

«Der steinerne Gast» mutet im Vergleich wie eine bemühte Überkorrektur an. Generisch sind in diesem Fernsehkrimi nur eine Handvoll Grundzutaten. Im Hinblick darauf, dass das Programm des Ersten solche Alltagskrimis in Hülle und Fülle anbietet, ist dies per se eine begrüßenswerte Entwicklung, werden so doch auch Mal wieder Publikumsteile angesprochen, die sich an Krimis der Sorte Vollmilch längst satt gegessen haben.

Nur übertreiben es die Verantwortlichen in diesem Krimi zuweilen mit dem Anderssein. Da wird sich an Münster-«Tatort»-Humor versucht, wenn etwa Spurensicherer Jakob Böhme (Jan Dose) beim entdeckten Skelett aus dem 16. Jahrhundert ins Schwärmen gerät und begeistert von der 1527er Tuchmacherverschwörung erzählt. Dann üben sich Skript sowie Inszenierung an cineastischen Hommagen, wie sie dem «Tatort» aus Wiesbaden gut zu Gesicht stehen würden. «Der dritte Mann» will gefunden werden, wie das Dialogbuch immer wieder betont, während Kameramann Frank Küpper unter der Regie Max Zähles Görlitz szenenweise zu einem Schauplatz formt, der aus einem Horrorfilm des Deutschen Expressionismus stammen könnte: Lange Schatten, gammelige Türen, sich schräg wölbende Fassaden.

Und dann ist da die Stalker-Storyline rund um Violas besessenen Ex, die visuell wie narrativ aus einem übertriebenen 90er-Thriller aus der dritten Reihe Hollywoods stammen könnte. Ganz zu schweigen vom Finale, das mit seinen Fischaugen-Froschperspektive-Einstellungen, einem hochdramatischem Gewitter und dramatisch-ironischem Geschmatze entweder eine Parodie darstellt oder nicht weiß, dass es als Persiflage besser dastehen würde. Selbiges gilt für den Neo-Gothic-Nachklapp, der so wohl in sonst keinem ARD-Krimi vorkommen könnte, der sich im Mittelteil in heimeligem Lokalkolorit sonnt.

«Der steinerne Gast» legt so viel Energie darein, nicht generisch zu sein, dass die Frage nach Ausgewogenheit völlig aus dem Fokus gerät. Es ist die seltsame Fenchel-Urdbohne-Chili-Karamell-Schokoladentafel der mittelgroßen Supermarktketten-Eigenmarke, die angeboten wird, damit der Laden von sich behaupten kann, exklusive und besondere Sorten anzubieten, ganz gleich, dass die Zutaten nur partiell aufeinander abgestimmt sind und es für eine edel-exzentrische Köstlichkeit an kulinarischer Perspektive fehlt. Trotzdem: Anders und handwerklich solide bis gut ist sie.

«Wolfsland – Der steinerne Gast» ist am 24. Mai 2018 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
22.05.2018 20:49 Uhr 1
die 1.beiden Teile haben mir sehr gut gefallen.
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