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Ganz klar, wir haben früher immer nur Flaschen gedreht, weil wir knutschen wollten. Und man hat immer gehofft, dass man nur den knutschen darf, den man auch knutschen wollte. Es war nichts anderes als eine sehr holprige Variante einer pubertären Annäherung zwischen einem selbst und der Person der persönlichen Begierde.
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Jeannine Michaelsen, Teilnehmerin bei «Das große Promi Flaschendrehen»
Das Konzept hinter der Sendung ist dabei ziemlich selbsterklärend. Fünf Promis, in diesem Fall Moderatorin Jeannine Michaelsen, Sänger Sasha, Moderatorin Ruth Moschner, Comedian Wigald Boning und Moderator Stefan Mross, treffen sich zum pubertären Spiele-Spaß. Zwischen Wahrheit oder Pflicht dürfen sie nicht wählen, die kleinen Spielchen oder Fragen sind vorgegeben. Wer an der Reihe ist, entscheidet in der Theorie die Flasche, in der Praxis ist es Spieleleiter Balder. So weit, so sympathisch. Schon die Witze-Show «Richtig witzig» hatte ein ähnlich überschaubares Konzept anzubieten - und wusste (gerade deshalb) mit ihrer Pilotfolge im März gut zu unterhalten.
Von den bloßen Rahmenbedingungen her hätte deshalb auch das «Promi Flaschendrehen» funktionieren können. Flaschendrehen als klassisches Jugendspiel, das seine Mitspieler zum öffentlichen Scheitern anhält - das hat einen gewissen Reiz, vor allem bei Promis. Es hätte also durchaus lustig, vielleicht auch ein wenig nostalgisch werden können. Die Bilanz nach knapp drei Stunden «Promi-Flaschendrehen» fällt aber anders aus: (Zu) obszön und häufig nur mäßig unterhaltsam.
Kurze Spiele, viele Zweideutigkeiten
Denn: Durchwachsene Momente hat Folge eins des «Promi-Flaschendrehens» zuhauf anzubieten. Da wäre etwa das eher unspektakuläre Spiel, bei dem Wigald Boning Schlager singen muss, während er in einem Auto durchgeschüttelt wird. Ein vermeintlicher Ekel-Drink mit Wurstwasser und Co, um den es am Anfang der Sendung geht, flasht in Zeiten des Dschungelcamps eigentlich auch niemanden mehr. Mäßig spannend ist zudem das Spiel, bei dem sich Sasha selbst einschätzen muss - eine Aufgabe, an der ausgerechnet Stefan Mross in einer RTL-Show erst kürzlich gescheitert ist.
Überhaupt scheinen Mross und seine Mitstreiter nicht die ideale Besetzung für eine Show zu sein, die aufgrund ihres überschaubaren Konzeptes von Improvisationstalenten leben sollte. Eine Hella von Sinnen, ein Oliver Pocher - um nur zwei mögliche Namen beispielhaft in den Raum zu stellen - hätten der Show vermutlich erheblich helfen können. Die „abgedrehteste Show des Jahres“, die Balder am Anfang verspricht, erwartet den Zuschauer so gewiss nicht. Balder selbst wirkt zu Beginn der Sendung noch etwas deplatziert, findet sich im Laufe des Abends aber besser ein.
Negativ fällt ins Gewicht, dass die Auftaktepisode an manchen Stellen unnatürlich obszön wirkt - ganz so, als hätten sich die Verantwortlichen hinter den Kulissen eine Extra-Portion Mühe gegeben, die Show an allen denkbaren Stellen versaut genug daherkommen zu lassen. Wie nötig und lustig es etwa ist, ein ziemlich harmloses Spiel "Doggystyle" zu nennen, sei mal dahingestellt. Dass die Studio-Kulisse eher wenig hergibt und der Schnitt nicht an allen Stellen ganz sauber ist, sei den Verantwortlichen verziehen.
- © SAT.1/Guido Engels
Ruth Moschner (l.) und Jeannine Michaelsen (r.) geben alles!
Boning und der paarungswillige Regenwurm
Positiv ist dagegen zu erwähnen, dass im Laufe des dreistündigen Abends ziemlich viele verschiedene Wahrheit- oder Pflicht-Aufgaben durchgekaut werden. Dadurch fällt es nicht so sehr ins Gewicht, wenn eines der kurzen Spiele mal nicht zieht. Andererseits wäre es bei manch unterhaltsamem Spiel wünschenswert gewesen, wenn sich ihm die illustre Runde rund um Hugo Egon Balder noch etwas länger und ausführlicher gewidmet hätte.
Denn natürlich gibt die Show in knapp drei Stunden Laufzeit auch kurzweilige Momente her. Zum Beispiel, als Ruth Moschner mit verbundenen Augen die Berufe von verschiedenen Menschen ertasten muss. Oder der paarungswillige Regenwurm, vertanzt nach Boning, der durchaus gelungen ist. Das Kartensaugen am Ende der Sendung fällt zwar extrem kurz und herrlich belanglos aus – trotzdem ist es irgendwie lustig. Diese unterhaltsamen Schnipsel hätten vielleicht gereicht, um eine einstündige Rankingsendung zu füllen. Eine Freitagabend-Show, die den Anspruch erhebt, drei Stunden lang zu liefern, tragen sie aber nicht.
Fazit
Verglichen mit dem, was Sat.1 am Freitagabend zuletzt gezeigt hat, kann die Auftaktfolge des «Promi-Flaschendrehens» nicht mithalten. Dafür bietet die Sendung zu wenige Highlights in zu viel Sendezeit. Dafür schlagen sich die teilnehmenden Promis in puncto Improvisation nicht gut genug. Womöglich hätte es auch geholfen, die Sendung live zu produzieren – auch wenn dieser Gedanke wohl eine schöne Wunschvorstellung bleiben dürfte.
Übrigens ist es am Ende der Sendung ausgerechnet Hugo Egon Balder selbst, der das alles sehr treffend zusammenfasst. „Sowas läuft normalerweise bei RTL II“, sagt er mit einem gehörigen Augenzwinkern bezogen auf das vorletzte Spiel. «Genial daneben» hat mehr Niveau. Es ist unterhaltsamer. Und es passt besser zu Hugo Egon Balder als ein mäßig spannendes Flaschendrehen mit mäßig spannenden Promis.
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