Die Handlung
Filmfacts: «Nightcrawler»
- Buch und Regie: Dan Gilroy
- Produktion: Lou Adler, Michael White
- Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Bill Paxton, Riz Ahmed, James Huang. Kiff VandenHeuvel, Christina de Leon
- Musik: James Newton Howard
- Kamera: Robert Elswit
- Schnitt: John Gilroy
- Veröffentlichungsjahr: 2014
- Laufzeit: 118 Minuten
- FSK: ab 16 Jahren
Der arbeitslose Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) schleppt sich von Bewerbungsgespräch zu Bewerbungsgespräch, doch das Glück ist ihm schon lange nicht mehr hold. Aus der Not heraus besorgt er sich Videokamera und Mikrophon und versucht, sich ein eigenes Standbein als Nightcrawler aufzubauen – jener zwielichtigen Katastrophenreporter, die bei ihrer Arbeit buchstäblich über Leichen gehen müssen. Immer auf der Suche nach dem explosivsten Bildmaterial begibt er sich Nacht für Nacht auf die Straßen von Los Angeles, um bei Unfällen, Schießereien und anderweitig brutalen Gewalttätigkeiten als Erster vor Ort zu sein und das Geschehen mit der Kamera festzuhalten. Als der sich stets in der Grauzone zwischen Legalität und Straftat bewegende Lou mit einem großen Fernsehsender endlich einen Abnehmer für seine Arbeit findet, stellt er nicht nur einen, wie er sagt, Praktikanten ein, sondern findet immer mehr Gefallen an dem ominösen Geschäft mit dem Leid anderer Menschen. Wie weit wird er für diese für sich entdeckte Berufung gehen?
Die 6 glorreichen Aspekte
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In visuell enger Anlehnung an den Neo-Noir-Kultfilm «Drive» und straight vorangetrieben, als säße man in einem artverwandten Actionthriller à la «Training Day» kombiniert Schreiber und Regisseur Gilroy verschiedene, inszenatorische Ansätze und macht seinen «Nightcrawler» zu einem von vielen Seiten inspirierten Film, ohne dabei zu vergessen, ihm einen Originalitätsstempel aufzudrücken. Zwar verliert Gilroy mehr als einmal die vielen Handlungsstränge aus den Augen, doch nicht umsonst kann sein Film von einem Hauptdarsteller zehren, für den es ein Leichtes ist, die roten Fäden schnell zusammenzusammeln.
Gyllenhaals Lou umwabert von Anfang an eine merkwürdige Aura. Sein Dauergrinsen kann nie über die manisch-aggressiven Emotionsausbrüche des schwer einschätzbaren Zeitgenossen hinwegtäuschen. Und doch ist Lou kein unangenehmer Mensch. Von seiner Umwelt sukzessive an den Rand der Gesellschaft gedrängt, findet er seine Berufung darin, Situationen festzuhalten, die ihn aus seiner Lethargie herausreißen und ihm aufzeigen, dass es Leute gibt, denen es schlechter geht als ihm. Dabei verschieben sich die moralischen Werte Lous nach und nach ins Abnormale und seine Taten entwickeln sich in eine gefährliche Richtung. Als der Nightcrawler mit Rick, solide dargeboten von «Dead Set»-Star Riz Ahmed, eine helfende Hand ins Boot holt, erhält nicht nur Lou Hilfe, sondern auch das Publikum bekommt mit dem ebenso charismatischen wie schüchternen Schönling eine ideale Identifikationsfigur an die Hand. Die Vorsicht, die Rick bei seiner Arbeit an den Tag legt, steht im krassen Kontrast zur überbordenden Leichtsinnigkeit, mit welcher Lou ans Werk geht.
Dabei gelingt es Gyllenhaal gekonnt, Lous nahezu euphorischen Rausch Nacht für Nacht hervorzuheben. Dass ausgerechnet die Interaktion zwischen Gyllenhaal und Ahmed die Story immer wieder ausbremst, ist schade. Besonders in den dynamischen Momenten auf der Straße erhält der Zuschauer den perfekten Eindruck von der Chemie des Duos. Mehrere im Drehbuch platzierte, längere Dialogmomente können die sich vorab aufgestaute Spannung nicht aufrechterhalten und bremsen das Geschehen aktiv aus. Ein Glück, dass Gyllenhaal das Innere seiner Figur besonders in diesen Szenen stark hervorkehren kann.
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Seine Stärken hat «Nightcrawler» unübersehbar dann, wenn Dan Gilroy durch Taten anstatt durch Worte auffällt. Vor der zumeist nächtlichen Kulisse der niemals ruhenden Stadt Los Angeles kreiert Kameramann Robert Elswit, dessen dreckig-unverfälschter Stil bereits in Filmen wie «8 MM – Acht Millimeter» zu bestaunen war, betörend rauschhafte Bilder. Die beengte Kulisse von Lous Wagen perfekt ausnutzend bleibt Elswit stets ganz nah am Protagonisten, behält auch in den hektischsten Momenten den Überblick und macht nicht den Fehler, in eine allzu dokumentarische Sichtweise abzurutschen. Nur selten bekommt der Betrachter Bilder aus Gyllenhaals Perspektive respektive von seinem gefilmten Material zu sehen. Das unterstreicht den allzu fiktiven Charakter von «Nightcrawler» und lässt eine gesunde Distanz zum Geschehen zu. Ergänzt werden diese visuellen Vorzüge durch die Arbeit von James Newton Howard. Der Komponist («Die Tribute von Panem») hält sich zumeist angenehm zurück und stiehlt dem Leinwandgeschehen nicht die Show. Sein Sound treibt voran und fesselt.
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