Cast & Crew «Impulse»
- basiert auf der «Jumper»-Romanreihe von Steven Gould
- Creator: Jeffrey Lieber
- Darsteller: Maddie Hasson, Sarah Desjardins, Enuka Okuma, Craig Arnold, Tanner Stine, Keegan-Michael Key, Missi Pyle
- Regie (Pilot): Doug Liman
- Ausf. Produzenten: Gene Klein, Jeffrey Lieber, David Bartis, Doug Liman, Lauren LeFranc
- Produktion: Hypnotic, Universal Cable Productions für YouTube
- Folgen: 10 in S1
Dass nun gerade YouTube zurückkehrt zu alten Fernseh-Traditionen, ist also paradox: Mit seinem Angebot YouTube Premium, das seit einiger Zeit unter anderem in den USA erhältlich ist, lässt der Streamingdienst klassische Serien auf seine Nutzer los. Serien, die 40 Minuten dauern, berühmte Hollywood-Namen aufweisen, im bekannten Drama-Stil erzählen, audiovisuell hochwertig produziert sind – und für den Otto-Normalzuschauer damit kaum zu unterscheiden von anderen Serienformaten, die bei Netflix oder HBO laufen. In den vergangenen Monaten war das Roll-Out-Jahr für die meisten großen neuen Eigenproduktionen – darunter «Step Up: High Water», die Serienadaption des bekannten Tanzfilm-Franchises; «Lifeline», einer SciFi-Serie mit Dwayne Johnson; «Cobra Kay», das auf der «Karate Kid»-Reihe beruht; und eben für «Impulse».
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Wir Zuschauer sind dabei, wie Henry sich selbst kennenlernt und ihre Art, mit diesem Trauma und ihrer neuen Kraft umzugehen. Ein eigentlich normales Mädchen muss akzeptieren und verstehen, dass sie anders ist als ihre Mitmenschen – und mächtiger. Diesen Prozess zeigt «Impulse» eindrucksvoll und empathisch. „Ich bin keine verdammte Superheldin, okay?“ schreit Henry irgendwann in der Mitte der Serie – und bringt damit die Ambitionen von «Impulse» auf den Punkt: Zwar geht es irgendwie um Superhelden-Fähigkeiten. Aber auch darum, sich gegen diese zu sträuben. Sich mit ihn intensiv auseinanderzusetzen und sie letztlich bedachtvoll zu nutzen. Von klassischen Highschool-Stoffen setzt sich das Format deswegen ab, weil es seriöser und erwachsener mit diesem Thema Superheldenkräfte – das letztlich umgedichtet wird zum Thema Identitätssuche – umgeht. Damit einhergehend nimmt die Verarbeitung des Vergewaltigungs-Traumas eine wichtige Rolle ein – auch hier lotet «Impulse» neue Erzählgrenzen aus, ähnlich wie zuletzt «Tote Mädchen lügen nicht» beim Thema Suizid.
YouTubes «Impulse»: Identitätssuche als Superhelden-Geschichte getarnt
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«Impulse» verliert nie den Fokus, auch wenn wir angedeutet bekommen, dass eine größere Verschwörungsgeschichte den Storyrahmen bildet. Das Format ist von Doug Liman und anderen Regisseuren großartig kalt und rau in Szene gesetzt. Aber wie sehr kann dieses gelungene Drama dazu beitragen, dem Premium-Angebot von YouTube zum Erfolg zu verhelfen?
Der Streamer ist sehr spät dran, wenn es um Originalstoffe in Serienformat geht. Zwar experimentiert man seit Jahren mit Eigenproduktionen, aber als richtige Markenstrategie mit großen Namen und einem klaren Geschäftsmodell dahinter ist erst seit 2017 erkennbar. Wenig verwunderlich, dass man kürzlich abermals die Abo- und Preis-Gestaltung änderte. Der Premium-Service ist zudem immer noch nicht in vielen Ländern außerhalb der USA angelaufen, darunter auch nicht in Deutschland. Ein baldiger Start ist zumindest versprochen. Gegenüber den klassischen Pay-TV-Anbietern, Netflix oder Amazon hinkt man damit trotzdem Jahre hinterher.
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Vielleicht auch deswegen hat der Dienst die ersten drei Episoden von «Impulse» für alle freigeschaltet – erst ab Episode vier muss gezahlt werden. Die riesige Nutzerbasis von YouTube bietet jedenfalls gewaltiges Potenzial, aber auch die schwierige Aufgabe, diese Nutzer nicht an die Konkurrenz zu verlieren. Und wie erfolgreich ist nun «Impulse»? Gefühlt spricht niemand über die neue Serie, ähnlich wie bei vorherigen Starts von YouTube-Eigenproduktionen. Bei Serienfans ist YouTube noch gar kein Thema.
Ob der einstige First Mover beim Video-Streaming im hart umkämpften Serienbusiness also zu spät kommt? Immerhin zählt die erste «Impulse»-Folge mittlerweile über drei Millionen Aufrufe. Aller Anfang ist schwer – auch für einen Internet-Giganten.
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