Knapp neun Monate nach der Bundestagswahl und dem anschließenden monatelangen Hin und Her, bis am Ende doch mal wieder eine GroKo zustande kam, ist das deutsche Fernsehpublikum ein wenig Talkshow-müde geworden - was sich aktuell vor allem an den deutlich rückläufigen Werten für «Anne Will» am Sonntagabend offenbart. Inhaltliche Kritik müssen sich die Formate ohnehin regelmäßig gefallen lassen, ganz aktuell erst wieder vom Deutschen Kulturrat: Man habe die AfD bundestagsfähig gemacht und sollte ein Jahr Talkpause einlegen. Eine Idee, die bei ARD-Chefredakteur Rainald Becker erwartungsgemäß auf wenig Gegenliebe stößt - und auch sonst halte er den "Großteil der Kritik an unseren Talksendungen für Quatsch", wie er in einem Interview mit der "Welt" klarstellte.
Den Vorschlag der einjährigen Talkpause etwa verglich er mit einer möglichen ARD-Antwort, der Kulturrat "solle sich ein Jahr lang nicht um Kultur kümmern". Zu krawallig gehe es nach seiner Überzeugung in den Sendungen auch nicht zu, zumindest nicht nur "um des Krawalls willen". Stattdessen wollen sie "informieren und unterhalten", weshalb sich die Redaktionen nach Gästen umschauen, die "pointiert und überspitzt formulieren" könnten - was besser sei, "als wenn jemand minutenlang herumschwurbelt". Grundsätzlich gehe es aber darum, "ein Thema ausführlich zu diskutieren".
Für den Teil der Zuschauer und Medienvertreter, die nach Krawall streben, hat Becker aber auch eine Einschaltempfehlung parat: "Schauen Sie sich ähnliche Formate in den USA oder Großbritannien an." Und wer noch immer zu meckern gedenkt, der sei darauf aufmerksam zu machen, dass "der Fernseher auch einen Ausschaltknopf" habe.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
13.06.2018 12:01 Uhr 1
13.06.2018 12:16 Uhr 2
Wo sind Talkshow, die über die Gefahr von evangelikalen Christen mal Tacheles redet, aber das trauen sich die Programmmacher zu. Vielleicht auch mal Themen anpacken, die als zu sperrig gelten. In einem Interview zählte Anne Will so ein Thema auf, was ich ganz interessant fand.