Filmfacts: «Love, Simon»
Regie: Greg BerlantiProduktion: Marty Bowen, Wyck Godfrey, Isaac Klausner, Pouya Shahbazian
Drehbuch: Isaac Aptaker, Elizabeth Berger; basierend auf dem Roman von Becky Albertalli
Darsteller: Nick Robinson, Josh Duhamel, Jennifer Garner, Talitha Bateman, Katherine Langford, Alexandra Shipp Jorge Lendeborg Jr., Logan Miller, Tony Hale
Musik: Rob Simonsen
Kamera: John Guleserian
Schnitt: Harry Jierjian
Laufzeit: 110 Minuten
FSK: ohne Altersbeschränkung
Die Geschichte dreht sich um Simon (Nick Robinson), der mit seiner liebenden Familie in einem Vorort von Atlanta lebt und sich tagein, tagaus mit seinen Kindergartenfreunden Leah (Katherine Langford) und Nick (Jorge Lendeborg Jr.) sowie der erst kürzlich hinzugezogenen Abby (Alexandra Shipp) den Schulalltag versüßt. Als sich eines Tages auf der Tumblr-Seite 'creeksecrets', einem Schulblog, ein anonymer Junge zu Wort meldet und verrät, schwul zu sein, springt Simons Herz auf: Er ist also nicht der einzige Schwule auf der Schule, der bislang niemandem von seinem Geheimnis erzählt hat! Simon eröffnet ein anonymes Mailkonto, um mit dem 'Blue' genannten Jungen in Kontakt zu treten. Es entsteht eine digitale Brieffreundschaft: Die beiden muntern einander auf, flirten sogar ein wenig. Aber keiner traut sich, zu verraten, wer er ist.
Als Simon eines Mittags vergisst, sich nach einem Mailaustausch wieder aus dem Schulcomputer auszuloggen, stößt jedoch sein vorlauter Mitschüler Martin (Logan Miller) auf sein Geheimnis, woraufhin er ihn zu erpressen versucht: Sollte Simon nicht sein Bestes versuchen, Martin mit Abby zu verkuppeln, wird er Simon outen …
Martins Erpressungsversuche bringen ein Element der Bedrohung in diese von Kameramann John Guleserian («The Overnight») in leuchtend-hellen Farben eingefangene Geschichte. Jedoch packen Elizabeth Berger und Isaac Aptaker Martins Gemeinheiten in ihrem Drehbuch auf eine verdauliche Weise an: «Love, Simon» betritt selbst in seinen dramatischsten Phasen nicht die Gefilde eines Coming-out-Indiedramas über die Leiden, die queere Jugendliche an der Schule mitunter zu durchstehen haben.

Dadurch bleibt Martin noch immer eine Nervensäge und ein Fiesling, der seine Absichten über die Gefühle seiner Mitschüler stellt. Allerdings nimmt dies bewusst etwas Biss aus dem Erpressungsplot: Simon ist nicht wegen seines Schwulseins das Ziel von Martins Handeln – und dennoch fühlt Simon durch seine Orientierung einen Ballast auf seinen Schultern. So schafft es «Love, Simon» das Ungleichverhältnis zwischen den romantischen Erfahrungen von Hetero-Teenies und ihren queeren Mitmenschen anzureißen und das reale Problem erzwungener Coming Outs zu thematisieren, ohne der langen Reihe an Problemverarbeitungsfilmen zu einem weiteren Eintrag zu verhelfen. Simons Dilemma wird von Regisseur Greg Berlanti nur eine Spur arger inszeniert, als es von den Liebesärgernissen anderer Teeniekomödien-Protagonisten gewohnt ist.

Die Ausstattung von «Love, Simon» sowie weite Teile des Soundtracks haben einen Retrocharme, gleichwohl sind tumblr, Textnachrichten, Mails und Facetime-Unterhaltungen Alltag in Simons Leben – auch wenn der von Tony Hale launig gespielte, exzentrische Konrektor ein "softes" Handyverbot an der Schule verfolgt. Das gibt dem Film weitere Gagmöglichkeiten und dient als plausible Erklärung, weshalb sich die Teeniefiguren sehr viel häufiger ins Gesicht schauen (und viel weniger am Smartphone kleben) als es im Heute eigentlich der Fall sein müsste. Ergänzt durch das charmante Spiel des ergänzenden Casts, das energiereich und dennoch nicht anbiedernd-flippig ausfällt, findet «Love, Simon» einen stimmigen Platz zwischen zeitgemäß und zeitlos. Da lässt es sich auch leicht verzeihen, dass das Ende (genregemäß) ans Kitschige grenzt – zumal die wundervolle Jennifer Garner kurz vor Filmschluss einen herzzerreißenden, motivierenden Monolog hält, der das Potential hat, alle zu berühren, die in ihrer Jugend dachten, Dinge verheimlichen zu müssen. Egal ob queer oder nicht.
Fazit: Ein liebenswerter Film mit viel Witz und einer gesunden Mischung aus Optimismus und Glaubwürdigkeit: «Love, Simon» reiht sich behände in den oberen Pantheon der Teenieromanzen ein.
«Love, Simon» ist ab dem 28. Juni 2018 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel