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Von Weimar zu Hitler – Teil 2

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Der zweite Teil behandelt unter anderem die zwei Fritz-Lang-Werke «M» und «Metropolis».

Im ersten Teil der Reihe Von Weimar zu Hitler wurde die Geburt des deutschen Films behandelt und wie sich der Erste Weltkrieg in diesem wiederspiegelte. Der wegweisende Horrorfilm «Das Cabinet des Dr. Caligari» wurde beleuchtet, ebenso wie die politische Lage des damaligen Deutschlands. Doch welcher Soziologe hatte die Gesellschaft der Weimarer Republik eingehends analysiert und ist zu dem Entschluss gekommen, dass man sie in den Filmen jener Zeit erkennen kann? Wie veränderte sich der deutsche Film nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und wie setzten diese das Medium für sich ein? Mit solchen Fragen und noch weiteren beschäftigt sich der zweite Teil der Reihe Von Weimar zu Hitler.

Doch der Paukenschlag, der «Das Cabinet des Dr. Caligari» für die Filmwelt war, sollte nicht als leichte Unterhaltung geeignet sein und schien dennoch einen bestimmten Nerz zu treffen. Der Erfolg des Films von Robert Wiene ging weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Selbst die anliegenden Ländern, die die neu gegründete Republik aufgrund des erst jüngst beendeten Krieges noch argwöhnisch beäugten, zeigten das Werk in ihren Lichtspielhäusern und der Weimarer Film erlebte seine Blütezeit, auch wenn es nur eine kurze werden sollte. Der expressionistische Film wurde für seine Innovation gefeiert und seine Versatzstücke bewundert. So ergab es sich, dass selbst die Filmwelt in Japan die Bühnenbilder imitierte, die durch ihre ikonische Bedrohlichkeit auffielen. Der Weimarer Film war erwacht, genährt durch das kollektive Trauma eines unmenschlichen Krieges.

Der Intellektuelle Siegried Kracauer gilt als der bedeutendste Filmhistoriker und Analyst der Weimarer Filmlandschaft. In seinem essentiellen Werk Von Caligari zu Hitler: Eine psychologische Geschichte des deutschen Films (1947) skizzierte er die soziologische Bedeutung des Weimarer Films, in dem er das durch den Krieg erstarrte Kollektivbewusstsein erkennt. Kracauers Studien sind beispiellos und zeichnen ein Bild der Weimarer Filmkultur, die versucht das Vergangene auf der Kinoleinwand zu verarbeiten. Der Soziologe, der selbst in der Weimarer Republik aufwuchs, hatte dabei klare Hypothesen über das Medium des Films. 1928 wurde sein Essay Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino in der Frankfurter Zeitung veröffentlicht. Kracauer argumentiert darin, dass der Film selbst stets als ein Spiegel seiner Gesellschaft fungiert und dass Filmmotive nur ein Konglomerat der vorhandenen Ideologien innerhalb der Gesellschaft sind. Er fügt hinzu, dass das Beobachten der fiktiven Erfüllung von Zielen und Wünschen auf der Leinwand eine Flucht des Publikums war, da sie es in der Realität nicht vermochten. Der Voyeurismus des Kinos als fiktive Befriedigung sozusagen.

„Die Filme einer Nation reflektieren ihre Mentalität“, so einer der Sätze in Kracauers bedeutender Analyse Von Caligari zu Hitler: Eine psychologische Geschichte des deutschen Films. Darin zeigt er, dass der Expressionismus neben den Leiden des Ersten Weltkriegs noch etwas anderes, noch unheilvolleres symbolisierte: das schleichende Aufkommen des Nationalsozialismus. Der Filmhistoriker ist der Ansicht, dass das filmische Unterbewusstsein von Weimar die dunkle Zukunft ankündigte, in Form von Instrumentalisierung der Massen, dem Missbrauch von Macht und Autorität und weiteren Indikatoren. In Paul Wegeners «Der Golem, wie er in die Welt kam» (1920), der zusammen mit «Das Cabinet des Dr. Caligari» als der größte Exportschlager des frühen Weimarer Films gilt, soll das Judentum aus dem mittelalterlichen Prag vertrieben werden. Der Golem, eine Figur aus jüdischen Legenden, soll dies verhindern. Wegeners Film endet damit, dass diese letzte Instanz der Juden auf einem Feld zusammenbricht. Beängstigend, da man weiß, was der Religion und ihren Anhängern in der nahenden Zukunft wiederfahren wird.

Doch ungeachtet der Handlung war «Der Golem, wie er in die Welt kam» finanziell überaus erfolgreich und popularisierte den expressionistischen Film nur noch weiter. Fortan wurden eine Vielzahl an Filmen in unterschiedlichen Genres gedreht und die 1917 gegründete und in Babelsberg ansässige Universum-Film-Aktiengesellschaft, kurz: UFA, war zentraler Punkt der Weimarer Filmproduktion. Zahlreiche Filme mit Versatzstücken aus dem Horror, der Mystik und dem Surrealismus fanden ihren Weg in die Kinosäle und die Zeit der „damönischen Leinwand“, wie sie die deutsch-französische Filmhistorikerin Lotte Eisner nannte, war angebrochen. Für eben solche Inhalte stand insbesondere der Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau, der mit «Der letzte Mann» (1924), «Faust – eine deutsche Volkssage» (1926) und maßgeblich «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens» (Bild) (1922) seine Spuren in der Weimarer Filmhistorie hinterließ. Wenn sich «Das Cabinet des Dr. Caligari» durch seinen Inhalt und die Bildsprache als der erste Horrorfilm klassifizieren lässt, ist Murnaus «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens» der Film, der dieses Genre ausweitete und bis heute seine Richtlinien formte.

Die Erzählung rund um den Vampir Graf Orlok erinnert nicht durch Zufall stark an Bram Stokers Roman «Dracula» (1897). Murnau besaß nicht die Rechte an der Literatur und musste demnach gewisse Inhalte abändern. Sein wegweisendes Werk wurde bei der Veröffentlichung zwar für die innovative Inszenierung gelobt, allerdings auch für eine inhaltliche Parallelität zu «Das Cabinet des Dr. Caligari» gescholten.

Murnau leistete in dem Spiel von Licht und Schatten wahre Pionierarbeit und trug maßgeblich dazu bei, dass eben jene stark kontrastierten Schattierungen ein Identifikationsmerkmal dieser deutschen Filmbewegung sind. Nicht zuletzt wurde durch Murnau der lange Schatten der Vampirhand das Sinnbild des Horrorfilms.

Während Conrad Veidt maßgeblich durch seine Rolle als Cesare in «Das Cabinet des Dr. Caligari» zu dem ersten Star des expressionistischen Films avancierte, führte Murnau mit seinem wegweisenden Vampirfilm eine weitere, nicht unbedeutendere Schauspielikone in die Weimarer Filmlandschaft ein: Max Schreck, die Nosferatu-Verkörperung persönlich. Seine Darstellung als das Phantom der Nacht war so nachhaltig, dass sich die Theorie um ihn bildete, dass er auch in der Wirklichkeit ein Vampir sein musste. Während Veidt durch seine Statur und körperlich betontes Schauspiel glänzte, wusste Schreck nur mit seinen Augen und wenigen, aber effektiven Bewegungen die Zuschauer zu fesseln und zu verängstigen.

Während Filmemacher wie Ernst Lubitsch den Expressionismus nur am Rande miterlebten, da sie früh in die Vereinigten Staaten emigrierten, um sich der dortigen Filmlandschaft zu verschreiben, brachte die neue Weimarer Filmkultur Regiegrößen hervor, die bis heute kaum erreicht worden sind. Neben Murnau ist dabei die in Wien geborene Legende Fritz Lang (Bild) besonders auffällig.

Der ursprüngliche Österreicher machte in dieser neuen Bewegung anfangs mit dem in Japan spielenden Drama «Harakiri» (1919) und der Tragik-Geschichte «Der müde Tod» (1921) auf sich aufmerksam, bis er sich letztendlich 1922 mit "Dr. Mabuse, der Spieler", dem ersten Teil seiner Dr. Mabuse-Reihe, als feste Regiegröße etablierte. Was Lang mit «Das Cabinet des Dr. Caligari» außer dem expressionistischen Stil noch verbindet, ist der Posten des Regieplatzes. Der tatsächliche Regisseur Robert Wiene erhielt diesen Platz nämlich nur in zweiter Instanz, da der Produzent des Films, Erich Pommern, zuerst Lang mit der Film betrauen wollte. Die Rahmenhandlung, sowie die finale Wendung des Films soll angeblich Lang selbst hinzugefügt haben, allerdings ist die Beweislage für diese Behauptung strittig.

Auch wenn «Das Cabinet des Dr. Caligari» nicht offiziell in Langs Filmographie zu finden ist, schmälert sie das nicht im Geringsten. Doch ohne seine zweite Frau wären viele von Langs Werken nicht zustande gekommen. Der Österreicher war ursprünglich mit der Schauspielerin Elisabeth Rosenthal verheiratet, betrog sie jedoch mit der Drehbuchautorin Thea von Harbou. Seine Frau ertappte die Beiden, woraufhin sie sich umgehend selbst erschoss – ein Erlebnis, das Lang noch lange verfolgen und beeinflussen sollte. Trotz des tragischen Todes seiner Frau heiratete Lang Harbou und wurden zum berühmtesten Filmemacherduo der Weimarer Republik, sie als Drehbuchautorin, er als Realisator ihrer Zeilen.

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