Filmfacts: «Liebe bringt alles ins Rollen»
- Regie und Drehbuch: Franck Dubosc
- Darsteller: Franck Dubosc, Alexandra Lamy, Elsa Zylberstein, Gérard Darmon, Caroline Anglade
- Musik: Sylvain Goldberg, Emilien Levistre, Xiaoxi Levistre
- Produktion: Sidonie Dumas
- Kamera: Ludovic Colbeau-Justin
- Schnitt: Samuel Danési
- Laufzeit: 107 Minuten
- FSK: ohne Altersbeschränkung
Obwohl er ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, der auf die 50 zugeht, ist Jocelyn (Franck Dubosc) ein verspielter Schürzenjäger: Es ist ihm eine immense Freude, Frauen zu erobern, während er sich selber die absurdesten Herausforderungen stellt. Der eitle und skrupellose Lügenbaron lenkt sich so von seiner schwachen Seite ab – ignorierend, wie sehr er anderen Menschen damit vor den Kopf stößt. Als er gerade im Rollstuhl seiner kürzlich verstorbenen Mutter sitzt und genau in diesem Moment seine neue Nachbarin, die junge Pflegerin Julie (Caroline Anglade) kennenlernt, nimmt er sich vor, sie um den Finger zu wickeln und dabei im Glauben zu lassen, er sei von der Hüfte abwärts gelähmt.
Während dieser Wette mit sich selbst wird Jocelyn allerdings abgelenkt, denn Julie will ihn mit ihrer Schwester Florence (Alexandra Lamy) verkuppeln, die tatsächlich im Rollstuhl sitzt. Und die für sich zu gewinnen wäre ja sogar eine noch größere Herausforderung … Nur, dass Jocelyn diese Herausforderung nicht nur aus Ehrgeiz annimmt. Denn die humorvolle und smarte Florence weckt Gefühle im Playboy …
Damit eine Figur über sich hinauswachsen kann, muss sie zunächst von ihrer schwachen Seite gezeigt werden – das erklärt sich von selbst. In kaum einer Romantikkomödie lernt das Publikum die Hauptfiguren kennen, wenn sie sich gerade in ihrer bestmöglichen Form befinden. Doch Franck Dubosc schießt im ersten Akt von «Liebe bringt alles ins Rollen» weit übers Ziel hinaus: Er zeichnet seine Rolle als dauerlügenden Lustmolch ohne Verve oder den geringsten Funken Romantik im Leib. Er fängt die mit gepfefferter Spielfreude dargebotene Performance allerdings ohne kritische Distanz ein, zelebriert Jocelyns Umtriebigkeit sogar. Das erschwert es eingangs enorm, diesem Protagonisten empathisch zu begegnen und mit ihm mitzufiebern, was wiederum konsequenterweise einige seiner selbstgefälligen Scherzlein verpuffen, statt zünden lässt.
All dies ändert sich aber in exakt dem Moment, in dem Alexandra Lamy auf der Leinwand erscheint. Sobald Dubosc diese Liebeskomödie nicht weiter ganz allein auf seinen Schultern tragen muss, findet sie ihren Rhythmus. Lamy begeistert als schlagfertige und lebensfrohe, sportliche Frau, die ehrlichen Galgenhumor, unbändige Energie und ein gewinnendes Lächeln hat – und die dennoch keinen Hehl aus ihrer verletzlichen Seite macht. Wenn Florence sich aufgrund ihrer Behinderung zurückgesetzt fühlt, zeigt Lamy die Enttäuschung oder Frustration effektiv, indem sie ihrer Rolle das Funkeln aus den Augen nimmt oder aus dem ehrlichen Lächeln eine aufgesetzt-frohe Miene macht.
Im Zusammenspiel mit dieser glaubwürdig, aber dezent überspitzt-munter geschriebenen Rolle ändert sich der eingangs so unausstehliche Protagonist sukzessive, was Dubosc mimisch sowie inszenatorisch gekonnt unterstreicht. Aus dem Lügenmeister, der allen Anderen stets etwas vormacht, ist nunmehr mit stets sinkender Erfolgsrate damit beschäftigt, sich selber etwas vorzumachen. Dass er nicht Hals über Kopf in Florence verliebt ist. Dass er den Mumm hat, seine Farce zu beenden. Dass er einen Plan hat.
Die stimmige Leinwandchemie zwischen Dubosc und Lamy profitiert zudem von der sehr souveränen Regieführung des Debütanten: Dubosc füllt das Geschehen mit kinotauglichen Bildern und romantisch realisierten Handlungspassagen. Davon, wie der Regieanfänger etwa Jocelyns absurd chice Wohnung visuell einzusetzen weiß, können sich viele RomCom-Regisseure eine Scheibe abschneiden, ebenso von seinem Gespür für Montageszenen und Passagen, in denen Gesten mehr sprechen als Worte. Somit gelingt Dubosc es trotz eines übertriebenen, kalauerlastigen Anfang, eine ebenso plausible wie filmisch-überhöhte, bezaubernde Liebesgeschichte zu erzählen, die die große Leinwand verdient hat.
«Liebe bringt alles ins Rollen» ist ab dem 5. Juli 2018 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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