«The Walking Dead»
So ehrenwert der Kreuzzug von Rick Grimes auch ist, die Hoffnung inmitten der seit 2010 wütenden Zombie-Apokalypse bei AMC zu behalten – niemand fand bisher ein Heilmittel, niemandem gelang es, eine Gemeinschaft zu errichten, die nicht am Bösen des Menschen selbst zu Grunde ging. Und wenn selbst die hartgesottensten Fans der einst reichweitenstärksten Drama-Serie in den USA ehrlich mit sich selbst sind, dann findet sich in «The Walking Dead» auch keine Figur mehr, für die es sich lohnen würde mitzufiebern. Vielleicht für die Zombies, denn die Untoten könnten uns immerhin vom Elend befreien, zu dem sich «The Walking Dead» in den jüngeren Staffeln entwickelt hat.
Wie konnte es dazu kommen? Einst wurde die US-Serie von Kritikern und Zuschauern gleichermaßen gefeiert, auf ihrem Zenit unterhielt sie fast 15 Millionen Zuschauer pro Folge in den USA. Im Rahmen der im April beendeten achten Staffel waren es fast nur noch halb so viele, was auch ein recht deutliches Stimmungsbild von immer mehr frustrierten Fans des Formats zeichnet, die sich entnervt von der Serie abwandten. Die Geschichte auf mehr als die bloße Flucht vor Zombies auszuweiten, gelang der Serie zunächst, doch mittlerweile dreht sich «The Walking Dead» inhaltlich im Kreis und der Sprung zurück zu den einst so furchteinflößenden Wurzeln gelingt nicht. Statt rechtzeitig den Absprung zu schaffen, erzählt «The Walking Dead» noch immer unbeirrt eine dicht serialisierte Geschichte ohne, dass ein Ende in Sicht wäre. So setzen die Macher, die ihre Augen vor der Kritik der Fans verschließen zu scheinen, das Vermächtnis einer Serie aufs Spiel, nur weil diese sicher noch mindestens zwei Staffeln lang gute Erträge bringen wird. Wenn das Ende der Welt schon nahe ist, sollte man sie zumindest in Würde sterben lassen.
«Supernatural»
«Supernatural» hätte gefühlt schon ein Dutzend Mal enden können, so sehen es zumindest einige Fans der Serie, für die das Eric-Kripke-Format eigentlich nur so richtig im Rahmen der episodenhaft erzählten Fälle in Staffel eins und zwei funktioniert hat. Zuletzt orderte The CW allerdings schon die vierzehnte Staffel der Fantasy-Mystery-Serie. Mittlerweile hat «Supernatural» das Land der Fabeln mehrmals durchgespielt und dabei keine fantastische Kreatur ausgelassen. Dämonen, Vampiren und Werwölfen, Gestaltenwandler, Sirenen, Wendigos, Leviathane – um nur die geläufigeren Begriffe zu nennen. Spätestens als sich die Serie zu Erzengeln, dem Teufel oder Gott vorgearbeitet hatte, runzelten viele allmählich die Stirn. Irgendwann erzählte «Supernatural» im Grund einfach die gleiche Geschichte wieder und wieder.
Doch für die Verhältnisse des kleinen US-Senders The CW performt die Serie weiter solide und hat eine treue Anhängerschaft. Deswegen fällt ein Abschied wohl schwer, auch weil es «Supernatural» zumindest einmal in der Staffel irgendwie schafft, doch nochmal kreative Highlights zu setzen, zuletzt im Rahmen eines «Scooby-Doo»-Crossovers. Kaum eine Serie würde 14 Staffeln überleben, ohne fällig für eine Absetzung zu sein. Und es gibt gute Gründe dafür. Nicht nur weil es mittlerweile eigentlich keinen Antagonisten geben kann, den Sam und Dean Winchester nicht schon in die Knie gezwungen hätten oder weil die Liste an gestorbenen Charakteren mittlerweile eine absurde Länge erreicht hat. Auch die Autoren werden immer schlampiger, bringen Szenen und Episoden nicht mehr zu einem richtigen Abschluss oder widersprechen früheren Ausgaben. Nicht einmal an einen Sendeplatz können sich Fans gewöhnen. Um «Supernatural» doch irgendwie zu retten, schob The CW die Serie bislang munter zwischen fünf verschiedenen Programmplätzen hin und her. Deshalb: „DON’T Carry on my wayward son!“
«Black Mirror»
Der große Vorteil von «Black Mirror», das nach zwei Staffeln von Netflix übernommen wurde, liegt in der Eigenständigkeit jeder Episode, die es zulässt, durch immer neue Zukunftsszenarien einen düsteren Blick in die Glaskugel bereitzustellen und gleichzeitig großen Abwechslungsreichtum mitzubringen. Noch versatzstückhafter geriet «Black Mirror» in der sechsten Episode der vierten Staffel, die durch zahlreiche Referenzen auf vergangene Ausgaben bereits den ersten inhaltlichen Bogen zwischen den für sich stehenden Ausgaben spannte. Tatsächlich stellte die Ausgabe „Black Museum“ jedoch nicht mehr dar als die B-Seite eines richtig guten Albums und enthielt viele verschiedene Ideen, die aus verschiedenen Gründen nicht zu einer eigenen Episode genügten. Damit steht sie exemplarisch für die langsam versiegende Quelle des Ideenreichtums Charlie Brookers, der nach wie vor alle Ausgaben selbst schreibt. Statt als Tribut kam „Black Museum“ eher als Vorbote dafür daher, dass Brooker mittlerweile schlichtweg die Ideen ausgehen, um mit einer Prämisse ganze Folgen zu füllen.
Darauf deutet auch die stetig sinkende Qualität des Formats hin, seit Netflix es übernahm. Nicht ohne Grund enthielten die ersten beiden Staffeln nur drei Episoden. Jeweils sechs Ausgaben pro Netflix-Staffel mischten danach das Hit-&-Miss-Verhältnis gehörig durch, bis in Staffel vier im Grund nur noch zwei Episoden wirklich überzeugen konnten. Wie so oft lässt sich daraus schließen, dass es womöglich die Gier war, die «Black Mirror» zu früh seinen Zenit überschreiten ließ. Brooker arbeitete sich bereits an Themenfeldern wie Politik, Terrorismus, Reizüberflutung, Videospiele, Virtual Reality, Krieg, Gedächtnis und Unsterblichkeit ab. Die Liste möglicher Schwerpunkte für neue Folgen ist zwar noch nicht ausgeschöpft, die fundamentalen Wahrheiten wiederholen sich allerdings schon jetzt, genauso wie die technischen Gadgets, die zum Einsatz kommen. Der Ausblick auf kommende Staffeln gestaltet sich genauso trist wie die dystopischen Visionen der Serie: Vielleicht ein, zwei gute Episoden in je sechsteiligen Staffeln? Für eine Serie, die so von ihren Wendungen lebt, aber kaum noch Überraschungen bereithalten kann, wäre ein Ende zum jetzigen Zeitpunkt der beste Plot-Twist.
«Suits»
Die USA-Network-Serie «Suits» hatte nie wirklich die Charakteristika, um zur qualitativen Speerspitze der Serienlandschaft zu gehören, doch sie stellte von Millionen von Fans weltweit ein eskapistisches Sehvergnügen dar, das durch sympathische Charaktere glänzte, einen hohen Binge-Faktor besaß und viel Spaß bereitete. Mittlerweile zählt die Serie sieben Staffeln, eine achte wurde bereits angekündigt. Schon rein inhaltlich macht diese Verlängerung längst keinen Sinn mehr. Nach einnehmenden ersten Jahren und hohem Suchtpotenzial bot die Anwalt-Dramedy bald immer und immer wieder die gleiche Geschichte: „Die Firma ist in Gefahr? Was sollen wir bloß tun?“
Aufgrund des Personals, das Zuschauer über die Jahre lieben lernten, ließ sich dieser Umstand sogar noch bis in Staffel sieben hinein verschmerzen. Kürzlich erübrigte sich auch das letzte verbleibende Argument, die Serie fortzusetzen. Patrick J. Adams, der die Hauptfigur Mike Ross spielt, mit der alles begann, verließ das Format, genauso wie Publikumsliebling Meghan Markle, die mittlerweile Prinzessin ist. Weder durch die Interaktionen zwischen von Mike und Rachel noch durch die von Mike und Harvey lassen sich nun noch die narrativen Schwächen kompensieren. Stattdessen wird mit Katherine Heigl eine gescheiterte Kino-Schauspielerin zum Format hinzustoßen. Staffel
acht könnte zum Totalschaden werden.
«Arrow»
Für The CW leistete «Arrow» Außergewöhnliches. Im Jahr 2012 begründete das Superhelden-Drama eine Reihe von durch DC Comics inspirierte Serien, darunter etwa «The Flash» oder «Legends of Tomorrow», die sich für das kleine Network zu echten Hits entwickelten. Auch inhaltlich überzeugte die Serie zunächst ausnahmslos, indem sie eine zu dieser Zeit noch recht unübliche Serie über einen Superheld darstellte, gleichzeitig aber auch einen nicht sonderlich bekannten Comic-Protagonisten in den Mittelpunkt stellte und um ihn herum eine geradlinige und einnehmende Origin-Geschichte erzählte. Nun kann der Sender allerdings einfach nicht loslassen, obwohl die Greg-Berlanti-Serie längst nicht mehr viel bietet. Das hat unter anderem damit zu tun, dass 22 Episoden pro Jahr und meist nur ein Bösewicht pro Folge eine Serie schon früh stagnieren lassen. Die guten Gründe für ein baldiges «Arrow»-Ende liegen jedoch noch tiefer.
Schon die Staffeln drei und vier markierten einen deutlichen qualitativen Verfall, nach dem es «Arrow» durch die unerschütterliche Geduld The CWs tatsächlich geschafft hatte, sich zu erholen, sich auf seine Wurzeln zurückzubesinnen und einen sehr effektiven Schurken einzuführen. Die Autoren bauten die fünfte Staffel sogar so auf, dass sie zu einem äußerst würdigen Ende eines Formats hätten führen können, das wohl nur über die Hälfte seines Runs wirklich sehenswert war. Viel wichtiger: Die Ursprungs-Prämisse des auf einer Insel gestrandeten Oliver Queen wurde abgeschlossen, seine Superhelden-Identität flog auf. Weil aber das sogenannte „Arrowverse“, also «Arrow» und die vielen anderen, von Comics inspirierten The-CW-Formate, die in einem Universum spielen, mittlerweile so verflochten sind, zögerten die Verantwortlichen weiter – vermeintlich auch, weil sich durch Syndikation viel Geld verdienen lässt und der Gewinn mit jeder Staffel steigt. In der Zwischenzeit verlor «Arrow» bereits viele Zuschauer und recycelte alte Geschichten. Superhelden-Serien stellen im Jahr 2018 mittlerweile nicht mehr die Ausnahme dar, sondern fast schon die Regel. Umso bedenklicher, dass «Arrow» mittlerweile zu den schwächsten Genrevertretern zählt.
Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
22.07.2018 19:01 Uhr 1
Jeder Mensch hat es auch, zum Glüch selbst in dr Hand, von einer Serie den "Stecker zu ziehen"!!
22.07.2018 20:19 Uhr 2
Und "Supernatural" soll bitteschön sowieso ewig weitergehen.
23.07.2018 09:43 Uhr 3
Jaa die 8. von TWD war öde, aber muss es deshalb so weitergehen? TWD hat bei mir schon den Lindenstrassen-ich-schaue-aus-Gewohnheit-Effekt
24.07.2018 18:38 Uhr 4
Als Beispiel: Ich gucke zurzeit "Community", anfangs geniale Serie, die die Chance hatte den Comedy-Olymp zu erklimmen - in den ersten drei Staffeln. Dann wurde der Showrunner ausgetauscht, nacheinander stiegen Hauptdarsteller aus und - ich bin jetzt in Season 5 - ist es nur noch ein trauriges Konstrukt, ein Schatten seiner Selbst, das ich definitiv nicht als das Meisterwerk in Erinnerung behalten werde, was es in den ersten drei Staffeln war.
Aber es gibt schon auch so Serien, die hätte ich ewig gucken können, "24" z. B. , klar, das ließ auch nach, aber ein gewisse Qualität hat es nie unterschritten, da hätte ich noch 5 Seasons schauen können. Aber gerade, Serien, die eine Geschichte erzählen, sollen irgendwann einfach beendet werden, weil die Geschichte irgendwann einfach erzählt ist.