Hintergrund
Netflix bringt die Serien-Rettung – mal wieder
Dass «Lucifer» nun doch nicht Geschichte ist, hat vor allem mit dem treuen Fanlager des FOX-Formats zu tun, das nach der Verkündung der Absetzung eine regelrechte Kampagne auf den Sozialen Medien startete und mit dem Hashtag „#SaveLucifer“ sein Unverständnis gegenüber der Absetzung zum Ausdruck brachte. In Folge dessen erschien kurze Zeit später erneut ein Anbieter als strahlender Ritter, der den «Lucifer»-Fans die Rettung brachte: Netflix gab bekannt, sich die Rechte an «Lucifer» gesichert zu haben und die Serie fortsetzen zu wollen.
Im Zuge des Netflix-Coups zeigte sich erneut das treffsichere Gespür des Streaming-Diensts, der über Einschaltquoten hinausdenkt und ein Näschen dafür hat, bei welchen Serien es sich trotz ausbaufähiger Reichweiten um schlafende Riesen handelt. Gerade in Deutschland entwickelte sich «Lucifer» still und heimlich zum Liebling vieler Serienfans. Auch hier benötigte es jedoch zwei Blicke, um das Potenzial des Formats richtig einzuschätzen. Während «Lucifer» im linearen Fernsehen bei ProSieben nur mittelmäßig performte, zog die Serie in den Sozialen Netzwerken große Resonanz nach sich. Die ausbaufähigen Zahlen bei ProSieben hatten jedoch von Anfang an damit zu tun, dass Amazons Streaming-Dienst Prime Video die neuen Folgen schon vorab zum Abruf bereitgestellt hatte. Nun wurde dort Ende Juli der erste Teil der dritten Staffel veröffentlicht, der binnen Wochenfrist mit über vier Millionen Abrufen prompt die Streaming-Charts anführte (siehe Info-Box).
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Es besteht also auch bei «Lucifer» die Gefahr, dass die Serie zwar weiterleben darf, allerdings qualitativ abbaut. Eines ist jetzt schon sicher: Bei Netflix wird «Lucifer» in jedem Fall eine andere Gestalt annehmen als noch beim frei empfangbaren FOX. Die erste Änderung betrifft die Anzahl an Episoden. Diese steigerte sich im Laufe der Zeit bei FOX von zunächst 13 Ausgaben, als FOX noch in der Midseason startete, auf zuletzt 24 Episoden, die für TV-Serien in den USA üblich sind. Dass Netflix die Menge an Ausgaben pro Staffel reduziert, nämlich auf zehn Episoden heruntersetzen und dabei an der Laufzeit von knapp über 40 Minuten festhalten wird, stellt eher ein gutes Zeichen dar, denn obwohl Netflix eigentlich deutlich weniger Zwängen unterliegt als klassische TV-Sender, hatte es zuletzt den Anschein, als produziere der On-Demand-Anbieter im Zuge seiner Eigenproduktionen eher zu viele Episoden – zu Lasten der Qualität. Allerdings hatte «Lucifer» bereits vor der Absetzung zwei Folgen vorproduziert, die den Cliffhanger am Ende der dritten Staffel auflösen sollen und wohl in die kommende, erste Netflix-Staffel integriert werden.
Gerade im Falle von «Lucifer» kommt die niedrigere Episodenzahl genau zur rechten Zeit, denn die dritte Staffel des teuflischen Dramas litt inhaltlich gehörig unter dem Ausbau an Folgen, die immer mehr Füller-Episoden brachten. Der stetige Versuch, die einzelnen Ausgaben fernsehgerechter zu machen, führte zu einem immer unausgegoreneren Mix aus übernatürlicher Fantasy und Police-Procedural, viel zu schnellen Charakterentwicklungen und Konfliktlösungen, für die sich Netflix nun mehr Zeit lassen könnte.
«Lucifer» muss sich treu bleiben
«Lucifer»-Fakten:
- Genre(s): Fantasy, Police Procedural, Dramedy, Horror
- Vorlage: "Lucifer"-Comics (DC Vertigo)
- Serienschöpfer: Tom Kapinos, Joe Henderson & Ildy Modrovich
- Episodenzahl: 67 (4 Staffeln)
- Drehort: Los Angeles
- Produktionsfirmen: Jerry Bruckheimer Television, DC Entertainment & Warner Bros. Television
- Weltpremiere: 25. Januar 2016 (FOX)
- Deutschlandpremiere: 15. Juli 2016 (Amazon Video)
- Vertreiber (seit 2018): Netflix
Mehr Blut, mehr Horror, mehr nackte Haut kündigen die Macher deswegen bei Netflix an. Dass dabei der Tonfall der Serie komplett beibehalten wird, wie sie ebenfalls ankündigen, darf man jedoch anzweifeln. Auch hierin liegt ein Risiko. Der Erfolg von «Lucifer» hängt nämlich auch damit zusammen, dass die Produktion im Vergleich zu anderen TV-Formaten sehr „bingeable“ war, dass es sich also um leicht verdauliches Sehvergnügen handelte, welches in rauen Mengen binnen kürzester Zeit konsumiert werden kann. Nach solchen Formaten hält Netflix stets Ausschau, eine härtere Gangart in Sachen Sex und Gewalt wirkt dabei aber eher abträglich, sodass sich auch der Spaß am Schauen einiger Fans mindern könnte. Der Schlüssel für einen Erfolg von «Lucifer» bei Netflix wird darin liegen, dass die Serie sich treu bleibt. Das gelang dem Streaming-Dienst im Rahmen übernommener Formate nicht immer.
Die Folgen für deutsche «Lucifer»-Fans
Wie geht es nun weiter für deutsche Fans? Abseits des Inhalts von «Lucifer» müssen diese sich in Sachen Kanälen bald umorientieren. Da die Serie noch in diesem Jahr weiterproduziert wird und damit schon Ende 2018 oder Anfang 2019 bei Netflix erscheinen könnte, neigt sich die Zeit des Formats bei Amazon dem Ende zu. Seit der ersten Staffel stellte Prime Video die neuen Episoden von «Lucifer» als erster Anbieter zur Verfügung. Da Netflix allerdings auf Exklusivität setzt, wird sich dies bald schon ändern und auch die alten Folgen könnten den Anbieter wechseln.
Gleiches gilt für ProSieben, das bisher alle Episoden im linearen Fernsehen zeigte. Auch hier könnte der Exklusivitäts-Gedanke von Netflix eine Ausstrahlung der vierten Staffel verhindern. Beim Unterföhringer Privatsender ist man sich selbst noch nicht sicher, wie die Zukunft in Sachen «Lucifer» aussieht. „Wir zeigen die dritte Staffel «Lucifer» 2019. Über Staffel 4 reden wir danach“, äußerte sich ein ProSieben-Sprecher gegenüber Quotenmeter.de. Ob und wie sehr sich der Sender um einen Verbleib der Serie bemüht, hängt jedoch auch sicher mit deren Quoten im Rahmen der kommenden Staffel zusammen. Wo überall, ist also noch nicht klar, fest steht jedoch jetzt schon: Es wird wieder teuflisch auf deutschen Bildschirmen!
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