Innerhalb der ARD wurden allerlei Hebel in Gang gesetzt, um «Kriminalreport» voranzubringen: Die Sendung ist eine Gemeinschaftsproduktion des hr, MDR, rbb und SWR. Während die Ausstrahlung live aus dem virtuellen Studio beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt erfolgt, steuerte der SWR das Design bei, die redaktionelle Betreuung schlussendlich teilen sich der rbb und MDR zusammen mit dem hr und SWR. Und selbst wenn in den offiziellen Presseinformationen des Ersten davon die Rede ist, dass sich diese neue Ratgebersendung aus den Erfahrungen mit ähnlichen Formaten aus den Dritten Programmen zehrt, liegt natürlich ein anderer Vergleich nahe: hr, MDR, rbb und SWR ziehen an einem Strang, um eine ARD-Antwort auf den seit Jahrzehnten so erfolgreichen ZDF-Quotenrenner «Aktenzeichen XY... ungelöst» auf die Beine zu stellen.
Wobei es unfair wäre, «Kriminalreport» als Reporter zum Thema Sicherheit, Kriminalität und Prävention nur auf die grobe Verwandtschaft zum ZDF-Klassiker zu beschränken. Im MDR ermittelt seit bald drei Jahrzehnten «Kripo live», im rbb geht seit 26 Jahren «Täter Opfer Polizei» auf Sendung. Mit «Maintower Kriminalreport» und «Kriminalreport Südwest» rückten zuletzt der hr und der SWR nach. Und laut Senderangaben werden in einem Redaktionsverbund die Kontakte und Expertisen der verschiedenen Sendungsteams für «Kriminalreport» zusammengeworfen.
Moderatorin Judith Rakers erstellt in einem Pressestatement derweil eine Beziehung zum Lead-In : "Während die «Tagesschau» über die Zahlen und Fakten aus der Kriminalstatistik berichtet, liefert der «Kriminalreport» Hintergrundwissen, klärt auf und gibt den Betroffenen und Opfern von Kriminaldelikten eine Stimme. Im besten Fall kann die Sendung durch Aufklärungsarbeit dazu beitragen, Straftaten zu verhindern. Ich persönlich finde daher den Themenschwerpunkt Prävention besonders interessant."
So viel also zur Theorie und den Dingen hinter den Kulissen. Nun zur Praxis und dem, was bei der Premierenausgabe auf Sendung ging. In der ersten, dicht an dicht mit Beiträgen gefüllten «Kriminalreport»-Ausgabe ging es um einen Sprayer-Angriff auf eine S-Bahn in Magdeburg, ausgesetzte Babys in Berlin und Brandenburg, Geldautomatensprengungen und Fake-Shops im Internet. Zwei weitere Beiträge behandelten das Thema Super-Recogniser, also Menschen mit herausragend gutem Gesichtergedächtnis, und das Neuaufrollen des Falls Frederike von Möhlmann.
Der Themenmix und die Tonalität der Beiträge zielt auf einen Spagat zwischen Servicemagazin und Mini-«Aktenzeichen XY» ab. Während der Einspieler über ausgesetzte Babys explizit um Hinweise bittet, ist der Beitrag über aggressive S-Bahn-Sprayer teils Hintergrundbericht, der generell über das Thema aufklärt, teils ein Fahndungsaufruf mit der Bitte, Hinweise zu speziellen Vorfällen einzureichen. Der Fake-Shop-Beitrag wiederum könnte so ähnlich auch in öffentlich-rechtlichen Vorabendmagazinen und Frühstückssendungen vorkommen.
Was diesen Beitrag jedoch von verwandten Einspielern abgrenzt: «Kriminalreport» unterstreicht beim Thema Internetsicherheit die Rechtslage und blickt über die Bundesgrenze, vergleicht etwa die Maßnahmen, die in Dänemark getroffen werden, um Fake-Shops vorzubeugen. Und der Einspieler über das eine Prozent der Bevölkerung, das über Super-Recogniser-Fähigkeiten verfügt, ist sogar recht einmalig, würde so in kaum eine andere öffentlich-rechtliche Informationssendung passen.
Die Mischung aus Hintergrundinformationen, Service und Hilfesuche gibt dem sachlich präsentierten Format seine Daseinsberechtigung im bereits gut ausstaffierten Genre der Kriminalmagazine. Und die recht nüchterne, auf Panikmache verzichtende Grundtonart von «Kriminalreport», die dennoch nicht in dröges Runterrattern von Fakten ausartet, weiß zu gefallen. Die Frage, ob sich das Format auf Dauer durchsetzt, oder sich das Publikum nicht darauf einlässt, kann letztlich aber nur die Zeit beantworten.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
28.08.2018 01:27 Uhr 1
Ich finde solche Inhalte könnte man auch in anderen Investigativ oder Informationsformaten unterbringen, die Sendung in der jetzigen Form braucht es da irgendwie nicht.