Die Kino-Kritiker

Eine rund 100-minütige «Golden Girls»-Folge: «Book Club – Das Beste kommt noch»

von

Amüsantes Wohlfühlkino: Jane Fonda, Diane Keaton, Mary Steenburgen und Candice Bergen scherzen über Liebe, Lust und Schundliteratur.

Filmfacts: «Book Club»

  • Regie: Bill Holderman
  • Produktion: Andrew Duncan, Erin Simms, Bill Holderman, Alex Saks
  • Drehbuch: Bill Holderman, Erin Simms
  • Darsteller: Diane Keaton, Jane Fonda, Candice Bergen, Mary Steenburgen, Craig T. Nelson, Andy García, Don Johnson
  • Musik: Peter Nashel
  • Kamera: Andrew Dunn
  • Schnitt: Priscilla Nedd-Friendly
  • Laufzeit: 105 Minuten
  • FSK: ohne Altersbeschränkung
Eine Gruppe älterer Frauen liest in ihrem Buchclub den erotischen Bestseller «Fifty Shades of Grey», parallel dazu krempelt das eng befreundete Quartett seinen eingefahrenen Alltag um. So schnell lässt sich «Book Club – Das Beste kommt noch» zusammenfassen. Wer bei dieser knapp gehaltenen Plotangabe schon aus dem Augenrollen nicht mehr herauskommt, muss gar nicht erst mit dem Gedanken spielen, sich diese für knackige zehn Millionen Dollar verwirklichte Komödie im Kino anzuschauen. Wer in Gedanken noch nicht vor lauter Desinteresse weitergewandert ist, lässt sich vielleicht durch die Besetzung von «Book Club – Das Beste kommt noch» für diesen Film erwärmen:

Denn die vier Freundinnen werden von Hollywood-Größen gespielt. Oscar-Gewinnerin Diane Keaton («Der Stadtneurotiker»), Oscar-Gewinnerin Jane Fonda («Klute» und «Coming Home – Sie kehren heim»), Oscar-Gewinnerin Mary Steenburgen («Melvin und Howard») und die für einen Academy Award nominierte Candice Bergen («Auf ein Neues»). Ebenfalls mit von der Partie: Andy Garcia («Der Pate III», «Mamma Mia! Here We Go Again») als galanter Traummann, Richard Dreyfuss («Zoff in Beverly Hills») als schräger Typ, Craig T. Nelson («Im Auftrag des Teufels») als müde gewordener Pantoffelheld von einem Gatten und Don Johnson («Miami Vice») als kerniger Verführer mit Herz aus Gold.

Und hier trennt sich das «Book Club – Das Beste kommt noch»-Zielpublikum von jenen, die vielleicht besser Abstand zu dieser Komödie suchen sollten: Allen, die denken "Was, die alle geben sich für so etwas her?", ist zur Vorsicht geraten. Jene, die nun neugierig grinsen, könnten dagegen ihre verdiente, wonnige Freude an dieser filmgewordenen XXL-Sitcomfolge haben. Und nein, die Bezeichnung dieses Kinofilms als besonders lange Sitcomfolge ist hier nicht zwingend als Beleidigung gedacht.

Gewiss: Regisseur/Autor Bill Holderman (einer der Autoren von «Picknick mit Bären – A Walk in the Woods») setzt auf eine ähnliche Grundästhetik, wie sie aus diversen Sitcoms bekannt ist. Der Film ist eine Spur überbelichtet und längere Gesprächsszenen sind allesamt sehr schematisch inszeniert: Her eine Halbtotale, die die vier Freundinnen beim Gespräch zeigt, da eine Großaufnahme, da eine Einstellung, die nur die Hälfte des Freundeskreises zeigt, hier die nächste Großaufnahme, und so weiter. Das wird auf Dauer der etwas mehr als 100 Filmminuten leicht mechanisch, was allerdings nicht groß ins Gewicht da, da Holderman und Cutterin Priscilla Nedd-Friendly sehr funktional vorgehen. Spitzere Pointen werden durch den Schnitt unterstrichen, beiläufige dagegen nicht, so dass sie dadurch gewinnen, dass Holderman und Ned-Friendly auch deren unmittelbaren Nachhall unter den Freundinnen zeigen.

Die Interaktion zwischen den Figuren sowie die Chemie unter den Darstellern ist daher durchweg sitcomhaft. Und auch die Gags in «Book Club – Das Beste kommt noch» erinnern in ihrer kalauernden Art an Sitcoms. So gießt Mary Steenburgens Rolle der Carol, die ihren Ehemann (Craig T. Nelson) zwar liebt, aber von seiner ständigen Unlust frustriert ist, ihre Zimmerpflanzen, während sie «Fifty Shades of Grey» liest. Umschnitt auf ein Messgerät, das zeigt, dass die Blumenerde nun nicht mehr trocken, sondern so richtig feucht ist. An anderer Stelle lügt die intellektuelle, an ihrem betagten Haus alles selber machende Diane (Diane Keaton), die von ihren Töchtern fälschlicherweise für ein altes Klappergestell gehalten wird, ihren Sitznachbarn im Flugzeug an. Sie würde nicht «Fifty Shades of Grey», sondern Moby Dick lesen!

Basierend auf solchen Witzen, dem Alter der Figuren und deren Gesprächsthemen drängt sich bei diesem Film natürlich der «Golden Girls»-Vergleich auf. Und selbst wenn «Golden Girls» nicht die hohe Filmkunst ist, ist diese Kultsitcom entzückend-vergnüglich. «Book Club – Das Beste kommt noch» hat darüber hinaus den Bonus eines ikonischen Ensembles, das bestens aufgelegt ist und die Schenkelklopfer, Wortspielereien und Doppeldeutigkeiten mit einer unironischen Geradlinigkeit abzuliefern versteht, so dass ihre Figuren glaubwürdig bleiben. Keaton, Fonda, Steenburgen und Bergen holen aus den eingestreuten, figurengesteuerten Momenten raus, was aus ihnen rauszuholen ist, und ringen solchen Handlungsfäden wie "Ätere Geschäftsfrau, die stets nur Affären hatte und sich nicht an eine feste Beziehung herantraut" (Fonda) oder "Angesehene, prüde Richterin beginnt mit Online-Dating" (Bergen) sehr charmante Momente ab, die nicht bloß mit ihren Pointen reizen, sondern auch mit der liebenswürdig skizzieren Figurenentwicklung.

Holderman und seiner Schreibpartnerin Erin Simms gelingt es, die sich durch «Fifty Shades of Grey» anbietenden Sex-Scherzlein, Situationskomik über rüstige Seniorinnen und an Romantikkomödien erinnernde Verbalzankereien zwischen Mann und Frau nahtlos ineinander übergehen zu lassen und den Figuren bei aller Komik noch immer Würde und Charakterstärke zu verleihen. Da muss man sich auch nicht zwingend 1:1 mit den Sorgen der alternden, dennoch weiterhin sehr aufgeweckten Damen identifizieren können, um Spaß dran zu haben, denn die Spielfreude des Ensembles ist ansteckend und das Zusammenspiel zwischen den so verschiedenen, trotzdem so gut harmonierenden Freundinnen ist auch für die Generation U65 nachvollziehbar.

Insofern ist «Book Club – Das Beste kommt noch» ein gelungener Ergänzungsfilm zu«Picknick mit Bären – A Walk in the Woods»: Nach der Senioren-Wanderkomödie mit Sonntagnachmittag-unter-der-Wolldecke-einkuscheln-und-mit-Heißgetränk-einen-Film-gucken-Humor kommt hier die Seniorinnen-Sitcomfolge über «Fifty Shades of Grey» in Spielfilmlänge. Das ist Gute-Laune-Wohlfühlkino ohne größere erzählerische oder gar inszenatorische Ambitionen, aber mit gut sitzenden Gags und einem hervorragenden Cast, dessen sympathisches Zusammenspiel eine Wonne ist.

Fazit: Spießer, "Film darf nicht einfach nur Unterhaltung sein!"-Selbstgeißler und Kalauerallergiker bleiben draußen: «Book Club – Das Beste kommt noch» ist gut aufgelegte Situationskomik über Lust, Liebe und Literatur in den "goldenen Jahren", die durch das Spitzenensemble an Charmepunkten gewinnt.

«Book Club – Das Beste kommt noch» ist ab dem 13. September 2018 in vielen deutschen Kinos zu sehen.


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