Geschichte von «Fort Boyard»
- gilt als weltweit erfolgreichster TV-Export Frankreichs (als Kulisse dient gleichnamige französische Festung)
- wurde erstmals im Juli 1990 in Frankreich ausgestrahlt (läuft dort bis heute)
- in Deutschland bereits der vierte Anlauf nach 1990/91 (Sat.1), 2000-2002 (ProSieben) und 2011 (kabel eins) - nur bei ProSieben war dem Format zumindest noch eine zweite Staffel vergönnt
- erstmals gibt es 2018 keine Doppel-Moderation, zudem sind die Folgen etwa doppelt so lang wie in den Staffeln zuvor - zugleich aber auch die Episodenzahl so gering wie nie zuvor (sonst zwischen 6 und 12)
Eines der Hauptprobleme für die erste große Show von Banijay Productions in Deutschland: So recht wird einem nicht klar, worum es da eigentlich gehen soll. Klar, Promis eilen in einer Festung von einer kurzen Herausforderung zur nächsten und können insgesamt 15 Schlüssel erspielen, die bestimmt noch irgendeinen Sinn haben werden. Im zweiten Teil der Show gibt es dann noch fünf weitere Schlüssel in etwas längeren und damit vermutlich wichtigeren Spielen zu gewinnen, die dann vermutlich einen noch größeren Sinn haben werden für das, was da am Ende kommt. Irgendwas mit Schatz und Tigern dürfte da am Ende noch auf die Promis lauern - warum sonst sollten diese beiden Elemente immer wieder angeteast werden, ohne dass man sie so recht zu sehen bekommt?
Damit wären die ersten knapp 120 von knapp 130 Minuten Brutto-Sendezeit knapp zusammengefasst. Zwischen den zahlreichen Spielen, die ebenso rasant wie zusammenhanglos weggesendet werden, sieht man Kleinwüchsige durch die Festung rasen, hört eine dunkle Stimme oder sieht den Schatz. Oder die Tiger. Und komplett durchschaut man die Idee mit den Schlüsseln und den Spielen selbst beim großen Finale noch nicht, im Kern aber stellen gewonnene Schlüssel eine Art Zeitersparnis dar, damit die Promis in den letzten vier Minuten möglichst viele der hinabprasselnden Münzen einsammeln können und möglichst wenig Zeit dafür vergeuden müssen, die Münzen erstmal zum Prasseln zu bringen. Eingesammelte Münzen werden schließlich in Preisgeld (maximal 50.000 Euro) umgerechnet, das an einen guten Zweck geht. Die Tiger? Joar, die sehen eben edel aus, verbreiten unter den Teilnehmern ein Gefühl der Furcht und taugen zum empörten Aufschrei von Hardcore-Tierschützern.
- © SAT.1/Willi Weber / Willi Weber
Für Fans kaum spannend, für Newbies überhaupt nicht
Es mag sein, dass dieses ganze Heckmeck etwas weniger chaotisch auf Fans des Franchises wirkt, sie mehr Sinn in der Präsenz der Kleinwüchsigen und Tiger sehen und die Schlüssel- und Hinweissucherei auf sie nicht ganz so zusammenhang- und ziellos wirkt wie auf einen Rezipienten, für den «Fort Boyard» eher ein Name ist, den man zwar mal gehört hat, ihn aber mit kaum etwas verknüpfen kann. Doch genau diese Zuschauer dürften darüber entscheiden, ob Sat.1 das Projekt über die für diese Staffel eingeplanten vier Folgen hinaus zeigen kann oder gleich wieder einmotten muss - und man lässt sie ziemlich im Regen stehen. Hierzulande hat diese Sendung nie einen vergleichbaren Kultstatus wie in ihrer Heimat erreicht, läuft nun erstmals seit sieben Jahren überhaupt wieder im Fernsehen und die Folgen sind mit jeweils gut zwei Stunden dann gleich länger als jemals zuvor - da hätten die Verantwortlichen gut daran getan und Zeit genug gehabt, den Ablauf bestenfalls gleich zu Beginn transparent darzustellen, um das kreisch- und laufintensive Geschehen nachvollziehbar zu machen.
Doch selbst Diejenigen, denen das Konzept von Anfang an klar ist, dürften nicht gerade vor Spannung Nägel gekaut haben bei einer derartigen Vielzahl von kurzen aneinandergereihten Challenges, deren Ziel immer dasselbe ist. In diesem Punkt leidet man auch ein wenig an der Fernsehregel unserer Zeit, dass im Grunde keine Primetime-Show mehr produziert werden kann, die weniger als zwei Stunden Laufzeit umfasst. So zieht sich vor allem die erste und schwächste Show-Phase wie Kaugummi, bis dann endlich auch der letzte Schlüssel erkämpft oder verloren ist. Bis dahin dürfte bereits ein Großteil des Publikum entnervt und gelangweilt nach Alternativen Ausschau gehalten haben - zumal auch der Rest der Auftaktfolge nicht gerade überwältigend mitreißend daherkam.
Promi-Aufgebot der Folgen
- 05.09.: Sarah Lombardi, Nina Moghaddam, Jochen Schropp, Julius Brink, Ross Antony
- 12.09.: Mario Basler, Sarah Knappik, Jürgen Milski, Carina Spack, David Odonkor
- 19.09.: Oliver Pocher, Fabian Hambüchen, Evil Jared, Fernanda Brandão, Jessica Paszka
- 26.09.: Thorsten Legat, Sebastian Fobe, Linda Hesse, Evelyn Burdecki, Eloy de Jong
Auftakt dürfte gelingen - aber dann...
Neben der hohen visuellen Qualität, die man dem Format kaum absprechen kann, dürfte auch der Umstand, dass einige Retro-Fans auf die abermalige Umsetzung von «Fort Boyard» gespannt gewartet haben und manch ein neuer Zuschauer sicherlich auch daran interessiert ist, was hinter diesem ja doch immer wieder mal medial herumgeisternden Titel steckt, dafür Sorge tragen, dass zumindest die Auftaktfolge ordentliche bis starke Einschaltquoten generiert. Auch die Twitter-Trends deuten ein hohes Grundinteresse an, wobei die Aktivitäten in der zweiten Ausstrahlungshälfte bereits rückläufig waren. Mit anderen Worten: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Sat.1 mit der Sendung einen ähnlichen kapitalen Fehlstart hinlegt wie ProSieben am letzten August-Samstag mit «Time Battle» - dafür trägt der bekannte Name alleine schon Sorge.
Spannender wird allerdings die Quotentendenz in den kommenden Wochen zu beobachten sein, denn es ist durchaus denkbar, dass es Sat.1 ähnlich ergehen wird wie der kleinen Schwester vor sieben Jahren: Mit mehr als zwei Millionen Zuschauern und 12,0 Prozent Zielgruppen-Marktanteil grandios gestartet, anschließend aber kontinuierlich Publikum verloren und mit nur noch 0,73 Millionen bzw. 4,3 Prozent geendet. Wenn der Sender also irgendetwas richtig gemacht hat, dann sicherlich bei der Bestellung von gerade einmal vier Folgen. Auf ein langes Überleben dieses Gameshow-Klassikers sollten Fans jedoch nicht hoffen, dafür wurden an diesem Abend zu viele vermeidbare Fehler gemacht - und Banijay sollte sich schnellstens um ein weiteres großes Show-Projekt in Deutschland bemühen, um keinen kompletten Fehlstart ohne Brainpool zu riskieren.
Sat.1 zeigt in den kommenden drei Wochen jeweils um 20:15 Uhr weitere Folgen von «Fort Boyard».
Es gibt 13 Kommentare zum Artikel
06.09.2018 06:49 Uhr 1
Die sind im Vergleich zu den 90ern und 2000ern deutlich zu soft und zu Dschungelcamp (Hinweis: Die sind auch in Frankreich so schlimm laut Fans).
Auch die Aufmachung mit blöden "OMG GRUSELIG" Namen und Präsentationen.
Ich erinnere mich an spannende, ehrliche Spiele, die fast ausschließlich Geschick, Kraft und Körperbeherrschung forderten und sehr altmodisch daherkamen - was den Charme der Sendung ausmachte.
Da kletterte man mit Steilbügeln und Ösen an der Decke, da gingen Spiele durch ein Fenster auf die Außenfassade, da wurde an der Außenfassade freeclimbing gemacht, da wurde die herunterfahrende Decke als visuelles Zeitlimit verwendet und in engen Röhren versucht nach oben zu robben.
Die neuen Spiele wirken zu gewollt und zu kindlich.
Dass Sat.1 dann noch grob fahrlässige Handwerksfehler macht, ist umso bitterer, da ich einst ein großer Fan der Show war, als man noch das französische TV5 (?) empfangen konnte, und natürlich bis zur sehr guten Pro7 Adaption.
06.09.2018 07:21 Uhr 2
06.09.2018 08:01 Uhr 3
Dito. Als kleiner 6-jähriger Hanswurst vorm TV gehockt und über die lustige Sprache gelacht, während ich von den Spielen begeistert war. Man hat nix verstanden, aber man wusste stets worum es geht, weil die Regeln _eigentlich_ total simpel sind. Auch die Sat.1 Adaption aus 1992 (?) habe ich noch gaaaanz vage in Erinnerung.
06.09.2018 08:49 Uhr 4
06.09.2018 08:57 Uhr 5
06.09.2018 09:31 Uhr 6
06.09.2018 09:44 Uhr 7
aber sonst ging mir das Gekreische, die Geisterbahnspiele, die Hetze und seltsame Zusammenschnitte schwer auf den Senkel und der Moderator würde mir beim Kaffeekränzchen mit Karen auch besser gefallen, sodass ich nach 30 min weggeschaltet habe
06.09.2018 11:34 Uhr 8
Gut, man kann jetzt sicher über Begriffe diskutieren, aber in meiner Welt sind 12% für einen Sender, der damals normalerweise 6% erreicht hat, schon grandios. Ziemlich sogar.
Und NOCH würde ich FB auch nicht als "gefloppt" bezeichnen, 8% sind im Moment etwa Sat.1-Schnitt. Vermute stark, dass es in den nächsten Wochen in Richtung Flop geht, wenn schon die Auftaktfolge deutlich schwächer läuft, als ich erwartet hätte.
Fohlen
06.09.2018 12:05 Uhr 9
06.09.2018 14:15 Uhr 10
Nö, ich meine schon die Zielgruppe. Nur vor sieben Jahren lief FB nicht bei ProSieben, sondern kabel eins - das im Schnitt etwa 6% der 14- bis 49-Jährigen erreicht hat.