Lesen Sie auch:
Alle Nominierungen der 70. Emmy-AwardsMittlerweile werden die Sieger der über 120 Kategorien im Rahmen dreier Verleihungen bekannt gegeben. Schon vergangenes Wochenende wurden in 96 Kategorien Emmys vergeben. Die Creative Arts Emmys stellen jährlich so etwas wie das Vorspiel für den eigentlichen Höhepunkt dar, den später die Primetime-Emmy-Verleihung kennzeichnet. In letzterer werden auch die knapp über 30 Auszeichnungen für die Programme als Gesamtwerk, deren Schauspieler, Autoren und Regisseure vergeben, die letztlich die größte Bedeutung einnehmen. Dafür sind die Creative Arts Emmys ausschlaggebender für die letztendliche Zahl an Preisen. Schon die Auszeichnungen Anfang September bereiteten also das Feld für die spannendsten Rennen der diesjährigen Verleihung und warfen einige schicksalshafte Fragen auf.
Welche Serie wird als beste Dramaserie ausgezeichnet?
Zugegeben, die wesentlichsten Fragen der 70. Emmy-Verleihung stellten sich Monate vor der eigentlichen Zeremonie bereits unabhängig von eventuellen Auszeichnungen im Rahmen der Creative Arts Emmys. Darum, welche Formate aus den wichtigsten Serien-Kategorien siegreich hervor gehen werden, drehen sich die Emmys jedes Jahr. Und dennoch: Die ersten Auszeichnungen verrieten bereits einiges über die Stellung bestimmter Formate bei der wählenden Academy. «Game of Thrones» wurde seinem Status als haushoher Favorit mit den bislang meisten Auszeichnungen gerecht. Sieben Trophäen zählt die HBO-Serie vor der Verleihung in den wichtigsten Kategorien.
Dies könnte bereits ein Zeichen für den Sieg in der Kategorie der „besten Dramaserie“ darstellen. Im Vorhinein gingen Beobachter von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen «Game of Thrones» und «The Handmaid’s Tale» aus. Letztere Serie profitierte vergangenes Jahr davon, dass die Fantasyserie als Vorjahressieger für die Verleihung 2017 gar nicht zugelassen war. Nun treten die Sieger aus den Jahren 2016 und 2017 gegeneinander an. Mit 22 bzw. 20 Emmy-Nominierungen für «Game of Thrones» und «The Handmaid’s Tale» gingen beide Serien zunächst mit ähnlichen Voraussetzungen in die Creative Arts Emmys. Die Hulu-Serie gewann allerdings nur drei Preise, womit der Vorteil bei «Game of Thrones» liegt. Eine Überraschung könnt dadurch entstehen, dass die zweite Staffel von «The Handmaid’s Tale» den Abstimmenden noch besser im Gedächtnis ist als die vergangene Runde von «Game of Thrones» die nun fast ein Jahr zurückliegt. Womöglich heben sich einige Academy-Mitglieder die Auszeichnung von «Game of Thrones» auch für seine Finalstaffel auf.
Welche Serie wird als beste Comedyserie ausgezeichnet?
Andere Kategorie, gleiche Frage. Die vergangenen Jahre hatte häufig HBOs «Veep» die Nase vorn, das diesmal nicht wählbar ist. Dies könnte den Weg für «Atlanta» ebnen. Die hochgelobte FX-Serie schrammte vergangenes Jahr knapp am Sieg vorbei. Dieses Jahr hat sie einen neuen Konkurrenten: Amazons «The Marvelous Mrs. Maisel», das zuletzt einen Golden Globe gewann, dabei aber nicht gegen «Atlanta» antrat. Amazon griff tief in die Geldbörse um die sein gut besprochenes Format kräftig zu bewerben. Auch beide Hauptdarsteller der Formate, sowohl Donald Glover als auch Rachel Brosnahan, gelten in ihren Schauspielkategorien als Favoriten. Bislang räumten die Comedies bereits je drei Creative Arts Emmys ab. Egal welches der beiden Formate gewinnt, es wäre die erste Comedyserie aller Zeiten eines Streaming- oder Kabelanbieters, die den Preis mit nach Hause nimmt.
Profitiert «The Americans» vom „Jon-Hamm-Effekt“?
Sieben Staffeln und damit bis zum Ende der AMC-Serie «Mad Men» dauerte es, bis Hauptdarsteller Jon Hamm einen Emmy für die Darstellung des Donald Draper gewann. Häufig wartet die Academy auf ihre letzte Chance, ein Format auszuzeichnen, das es davor nie ganz zum Sieg schaffte. Auch in diesem Jahr könnte der „Jon-Hamm-Effekt“ auftreten und einem bestimmten Format nutzen: «The Americans». Die hochgelobte Spionage-Thrillerserie endete in diesem Jahr nach sechs Staffeln bei FX und unerklärlicherweise erhielt sie erst ab der vierten Staffel ihre erste Emmy-Nominierung. Dabei galt «The Americans» Zeit seines Bestehens als wahrer Kritikerliebling, der jedoch nie unter der Breite der Serienfans Anklang fand und eher als Geheimtipp galt. Die größte Überraschung würde eine Auszeichnung in der Kategorie der besten Dramaserie darstellen. Darüber hinaus sind Matthew Rhys und Keri Russell je in wichtigen Schauspielkategorien nominiert. Nutzt die Academy ihre letzte Chance, der Serie noch einmal die Ehre zu erweisen, die ihr lange verwehrt blieb?
Schreiben die Emmys erneut Geschichte?
Die Emmys sind in diesem Jahr so bunt wie nie – schon wieder. Denn schon im vergangenen Jahr gab es in dieser Hinsicht viele erste Male. Lena Waithe wurde die erste farbige Frau, die einen Emmy für die Autorenschaft einer Comedyserie gewann, zusammen mit Aziz Ansari, dessen Eltern aus Indien stammen. Donald Glover erhielt als erster Schwarzer einen Emmy für die Regie einer Comedy, während Riz Ahmed als erster Muslim einen Schauspielpreis ergatterte. In diesem Jahr könnte Sandra Oh für «Killing Eve» zur ersten asiatisch-stämmigen „besten Schauspielerin“ in der Drama-Sparte gewählt werden und Trevor Noah von der «Daily Show» könnte der erste Afroamerikaner sein, der für die Moderation einer Talk-Show einen Emmy erhält. In der Kategorie der „Variety Talk Series“ könnte zudem Samantha Bees «Full Frontal» erstmals einer Frau eine Trophäe bescheren. Ein ‚erstes Mal‘ gab es dieses Jahr schon: Im Rahmen der Creative Arts Emmys gewann «RuPaul’s Drag Race» als erste Show im gleichen Jahr sowohl als beste Reality-Serie als auch als Reality-Serie mit dem besten Host.
Welchen Einfluss hatten #MeToo und „Time’s up“ auf die Abstimmungen?
Sexuelle Belästigung, Vorwürfe sexueller Grenzüberschreitungen oder Benachteiligung von Frauen dominierten in der Berichterstattung um Hollywood innerhalb des vergangenen Jahrs die Schlagzeilen und führten schon lange vor der eigentlichen Verleihung der Emmys zu einschneidenden Entscheidungen. Der vielfach ausgezeichnete «Transparent»-Darsteller Jeffrey Tambor wurde beispielsweise weder erneut für seine Darstellung eines transsexuellen Familienvaters nominiert, noch als Nebendarsteller bei «Arrested Development». Belästigungsvorwürfe gegen «Black-ish»-Darsteller Anthony Anderson kamen unterdessen erst Ende Juli auf, als Anderson zwar schon nominiert war, die Academy aber noch abstimmen musste. Sein Sieg rückte damit in weite Ferne. Der Zeitgeist könnte nun auch Frauen zu Favoriten machen, über die unfreiwillig Schlagzeilen entstanden. Zum Beispiel Pamela Adlon, die Hauptdarstellerin der Louis C.K.-Serie «Better Things». Oder Claire Foy, die die Protagonistin in «The Crown» spielt. Der deutliche Gehaltsunterschied zwischen ihr und ihrem Kollegen Matt Smith erhitzte im Frühling die Gemüter. Entschädigen die Wähler sie nun mit einer Auszeichnung?
Überrascht Cumberbatch erneut?
Vor vier Jahren ging eigentlich Billy Bob Thornton als haushoher Favorit in der Kategorie des besten Schauspielers einer Miniserie ins Rennen. Doch anstatt des «Fargo»-Mimen gewann völlig überraschend Benedict Cumberbatch für seine Darstellung des «Sherlock». In diesem Jahr lesen sich die Voraussetzungen in der Darstellerkategorie sehr ähnlich. In der Schauspiel-Kategorie für limitierte Serien oder Filme sind große Namen wie Jeff Daniels, John Legend, Jesse Plemons oder Antonio Banderas nominiert. Besonders viel Anerkennung erhielt auch Darren Criss, der in «American Crime Story» begeisterte. Aber auch Cumberbatch ist erneut nominiert, diesmal für «Patrick Melrose», in der er als Drogensüchtiger wieder alles aus sich herausholen konnte. Wiederholt sich Geschichte?
Wie hart trifft es «Westworld»?
«Westworld» startete im Jahr 2016 als die vielleicht vielversprechendste neue HBO-Serie seit langer Zeit. Der Kabelsender, der seit Jahren fieberhaft nach einem auch quotentechnisch würdigen Nachfolger für «Game of Thrones» sucht, erzielte in der ersten Staffel der Sci-Fi-Serie bessere Zahlen als im Rahmen der ersten Runde des Fantasy-Formats. Gleich 22 Nominierungen heimste die sehr gut besprochene Auftaktstaffel von «Westworld» im Vorjahr bei den Emmys ein. Bei den Primetime-Emmys ging die Serie trotz sieben Nominierungen allerdings leer aus. In diesem Jahr erhielt «Westworld» fünf Nominierungen – auch weil die zweite Staffel des Formats sehr gemischte Kritiken erhielt. Den ersten Dämpfer erhielt «Westworld» bei den Creative Arts Emmys. Mit 16 Nominierungen belegte das Format vorab zwar Platz eins, letztlich sprangen jedoch nur drei Preise heraus. Vieles spricht dafür, dass «Westworld» auch in diesem Jahr bei den Primetime Emmys leer ausgehen wird. Das Format ist als beste Dramaserie nominiert. Mit Ed Harris und Jeffrey Wright sowie Thandie Newton und Evan Rachel Wood hoffen außerdem vier Darsteller auf einen Preis.
Welcher Anbieter gewinnt die meisten Trophäen?
Apropos, «Westworld». Eine Frage, die sich ebenfalls jährlich stellt, ist die des erfolgreichsten Anbieters. Netflix ging in Sachen Nominierungen im Juli mit den besten Voraussetzungen ins Rennen. Der Streaming-Dienst brach die fast 20-jährige Serie des Kabelsenders HBO, der in dieser Zeit immer die meisten Nominierungen einheimste. Mit 112 gegenüber 108 Nominierungen schlug Netflix HBO allerdings nicht deutlich und auch die Creative Arts Emmys brachten den Kabelriesen wieder in die etwas komfortablere Position. 17 Preise gewann HBO dort, Netflix dagegen 16. 2017 machte HBO aus 111 Nominierungen 29 Siege, Netflix gewann 20 Preise aus 91 Nominierungen. Im Rahmen der Primetimy-Emmys kommt Netflix allerdings mit 37 Nominierungen auf gleich acht mehr als HBO. Würde Netflix über HBO triumphieren, würde eine weitere HBO-Serie reißen. Der Premium-Kanal gewann in den vergangenen 16 Jahren immer die meisten Emmys.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel