Die Kritiker

«München Mord – Die ganze Stadt ein Depp»

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Es ist Wiesnzeit ein München –Ausnahmezustand. Die Kommissare ermitteln im Umfeld der Musikhochschule und von Nazi-Kunst-Sammlern. Dabei bietet der ZDF-Krimi sowohl Licht als auch Schatten.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Alexander Held als Ludwig Schaller
Bernadette Heerwagen als Angelika Flierl
Marcus Mittermeier als Harald Neuhauser
Christoph Süß als Helmut Zangel
Martin Feifel als Uli Schmidbauer
Nikolaus Paryla als Josef Kleint
Tim Seyfi als Christian Mölder
Judith Neumann als Stella Bast
Anian Zollner als Prof. Michael Knöpfle
Jan Messutat als Konstantin Zillenbrook
Elisabeth Orth als Rita Pellmeier

Hinter der Kamera:
Buch: Matthias Kiefersauer, Alexander Liegl
Regie: Sascha Bigler
Kamera: Ralf K. Dobrick
Der siebte Fall des Münchner Kriminaltrios fällt in eine Zeit, in der München Kopf steht. Das Oktoberfest steht an und eine Krimireihe, die in München spielt, kommt an einer Episode zur Wiesn nun einmal nicht vorbei. Allerdings stehen im Drehbuch von Matthias Kiefersauer und Alexander Liegl nicht die Festlichkeiten im Fokus, sondern eher die dunkle Vergangenheit der Münchner Musikhochschule und die Bedeutsamkeit dessen, was die Nazis als „Entartete Kunst“ bezeichneten:

Das Oktoberfest ist in vollem Gange. Kommissarin Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen) kommt im Dirndl zur Arbeit und Kollege Neuhauser (Marcus Mittermeier) versucht, sich an seinen jüngsten Wiesnflirt zu erinnern – nur Teamchef Schaller (Alexander Held) ist vom Ausnahmezustand in der Stadt wenig begeistert. Die drei setzen alles daran, ihren neuen Fall so schnell wie möglich zu klären:

Ein Nachbar von Kriminaloberrat Zangel (Christoph Süß) wurde tot aufgefunden. Schaller stellt fest, dass in der Wohnung des Toten ein wertvolles Bild fehlt. Die Spur führt das Ermittler-Trio zur Musikhochschule München, in der der Nachbar vor seinem Ruhestand als Hausmeister gearbeitet hat. Im Untergeschoss des Gebäudes wurde in der NS-Zeit Beutekunst gelagert. Doch wer ist daran interessiert? Hausmeister Uli Schmidbauer (Martin Feifel) weiß von den Geheimnissen des Kellers und versucht scheinbar, damit Profit zu machen. Doch die ehrgeizige Studentin Stella Bast (Judith Neumann) kommt ihm auf die Schliche. Allerdings ist sie nicht die Einzige, die sich bereichern will.

Der doch eigentlich sehr gelungene Vorspann von «München Mord» vermittelt in dieser Folge einen eher irreführenden Eindruck. Die Abend- und Nachtaufnahmen sowie die Zeitraffer eines düsteren Münchens, unterlegt mit spannungsfördernder Musik, lassen eher Assoziationen zu packenden Crime-Storys und Thrillern wachwerden. Die Geschichte wird wie in der Serie üblich allerdings recht gemächlich und mit bayerischer Gemütlichkeit erzählt, die große Spannung kommt nur gelegentlich auf.

Immer wieder wird versucht, den Krimiplot mit einer Prise Humor anzureichern. Im besten Fall sieht das so aus: Insbesondere die Kommissare Flierl und Neuhauser necken sich in witzigen Dialogen oder bringen sich vor Verdächtigen und Zeugen durch unüberlegte Aussagen in Verlegenheit. Im schlechtesten Fall spricht ein aufgedrehter Händler von Hitler-Ramsch in vermeintlicher Jugendsprache à la „Swag“ und „läuft bei dir“ – ebenso unnötig wie unerträglich.

Das Ermittlertrio an sich harmoniert sehr gut, die klare Rollenverteilung fördert die Kreativität der Dialoge und die Ermittlungserfolge. Die Rolle, die Polizistin Flierl im Gespann einnimmt, wirkt allerdings altbacken. Dabei ist unklar, ob sie von ihren männlichen Kollegen lediglich auf bestimmte Fähigkeiten reduziert wird, oder ob sie wirklich nicht über mehr verfügt. Denn sie präsentiert sich zuweilen wirklich als das naive Dummchen. Ständig wird sie mit dem Begriff Intuition in Verbindung gebracht, als wäre sie zu nüchterner Analyse nicht fähig, ebenso wenig wie Männer zu Menschenkenntnis. Das gezeichnete Frauenbild erscheint deshalb ähnlich fragwürdig, wie die Qualifikation der Figur Flierl für die Münchner Mordkommission. Unter den Nebenrollen spielt sich Judith Neumann als schnippisch-arrogante Musik-Studentin Stella Bast in den Vordergrund.

Das Oktoberfest bildet zwar die Kulisse für den bajuwarischen Krimi, ist jedoch für die Lösung des Falls komplett irrelevant. Eher dient es zur erweiterten Charakterzeichnung der Hauptpersonen, die alle komplett unterschiedlich mit dem größten deutschen Volksfest umgehen. Während der grantige Teamchef Schaller mit der Oktoberfest-Folklore so gar nichts anfangen kann und es sogar als eine Art „Fasching“ bezeichnet, ist Kommissarin Flierl Feuer und Flamme und wartet vergeblich auf den Anruf eines Radiosenders, um einen Tisch auf der Wiesn zu gewinnen. Neuhauser hat hingegen mit den Folgen eines One-Night-Stands zu kämpfen und versucht eine Frau abzuwimmeln, von der er nicht einmal mehr weiß wie sie aussieht. Drei recht klischeebeladene Positionen, die das Verhältnis der gebürtigen Münchner zu ihrem Volksfest jedoch recht umfänglich zeichnen.

Denn egal, wie man zum Oktoberfest steht, eines ist es sicher: ein Spektakel. Der alltägliche Wiesn-Wahnsinn wird eher beiläufig dokumentiert, etwa in einer Szene, in der arabische und japanische Touristen in einen billigen Laden für bayerische Trachten gelotst werden, oder betrunkene Sauftouristen mit Schlapphut über Verkehrsschilder springen. Ob Fernost oder „Preißn“ – München ist in diesen Wochen besonders international.

Es ist clever, das Oktoberfest nur als raumzeitliche Verortung zu nutzen, und ihm keine besondere Rolle im Fall selbst zukommen zu lassen. Erstens gibt es mehr als genug Wiesn-Krimis, und zweitens wäre die Geschichte um die Musikhochschule und die Nazi-Devotionalien wohl überladen gewesen. Dieser Aspekt ist sowieso weitaus interessanter. In dem ehemaligen „Führerbau“, der damaligen Parteizentrale der NSDAP lagerten im Keller rund 650 Bilder, sogenannte Raubkunst. Ende April 1945 wurde der Keller geplündert und über 600 Gemälde verschwanden spurlos. In diesem unter dem Strich sehr soliden Krimi begeben sich die Kommissare erneut auf die Suche nach einem von ihnen.

Das ZDF zeigt «München Mord – Die ganze Stadt ein Depp» am Samstag, den 22. September um 20.15 Uhr.

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