Filmfacts: «Das Haus der geheimnisvollen Uhren»
- Regie: Eli Roth
- Produktion: Brad Fischer, James Vanderbilt, Eric Kripke
- Drehbuch: Eric Kripke; basierend auf der gleichnamigen Vorlage von John Bellairs
- Darsteller: Jack Black, Cate Blanchett, Owen Vaccaro, Renée Elise Goldsberry, Sunny Suljic, Kyle MacLachlan
- Musik: Nathan Barr
- Kamera: Rogier Stoffers
- Schnitt: Fred Raskin
- Laufzeit: 105 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Es ist das Jahr 1955: Der verschlossene Bücherwurm Lewis Barnavelt (Owen Vaccaro) ist kürzlich verwaist und reist daher nach New Zebedee, Michigan. Dort erwartet ihn sein lebensfroher, exzentrischer Onkel Jonathan (Jack Black), zu dem er bislang keinen Kontakt hatte, der ihn aber liebend gern bei sich aufnehmen würde. Jonathan lebt in einem gotischen Anwesen voller Eigenheiten: Vor dem Eingang stehen Halloween-Kürbisse, obwohl es gar nicht Ende Oktober ist, im Haus hängen Dutzende, ach, Hunderte von tickenden Uhren an den Wänden und es gibt, Schreck lass nach, keinen Fernseher! Dafür hängt Nachbarin Florence Zimmerman (Cate Blanchett) tagein, tagaus im Anwesen herum, eine hoch geschlossene, streng dreinblickende Frau mit trockenem, schlagfertigen Humor und großer Sympathie für Lewis, der sich zunächst nur sehr schlecht in sein neues Zuhause einlebt. Aber dann verrät ihm Onkel Jonathan, dass er ein Hexenmeister sei und dass wirklich jeder, wenn er nur genug lernt, ebenfalls einer sein kann …
Der für derbe, blutige Filmware bekannte Filmemacher Eli Roth nutzt diese auf einem Jugendroman aus den frühen 70er-Jahren basierende Erzählung als Sprungbrett, um sein Können in Sachen Atmosphäre unter Beweis zu stellen. Das Setdesign, vor allem im titelgebenden Haus, steckt voller burtonesker Details, Kameramann Rogier Stoffers leuchtet das Geschehen in einem bräunlich-giftgrün-gräulichen Schimmer aus und beim Szenenaufbau achtet Roth gewissenhaft auf den Gesamteindruck: Er packt seine Figuren mitten in das wuchtig ausgestattete Set und lässt sie dort, je nach Persönlichkeit, erstaunt, verwundert, selbstverständlich oder voller Stolz entlang schreiten, während sie gerade Probleme besprechen, Probleme erzeugen oder Magie üben.
Drehbuchautor Eric Kripke nimmt die oft erzählte Geschichte eines (vermeintlichen) Normalsterblichen, der in die Welt der Magie gelangt und sich als Zauberlehrling versucht («Harry Potter», «Duell der Magier», «Doctor Strange» und viele Andere lassen grüßen), und zieht sie als mysteriöses Familienvergnügen auf. Gestärkt von dem beeindruckenden Setdesign und Roths atmosphärischer Inszenierung, die aber nicht derart dicht ist, dass die fast schon pünktlich wie der Gongschlag auftauchenden Slapstickgags die Stimmung zerstören würden, zieht Kripke wiederholt Spannung aus der eigentlich schlichten Story: «Das Haus der geheimnisvollen Uhren» ist sehr effizient erzählt (Junge lernt Magie, Junge hört von Gefahren, wird von Gefahren verführt, muss Übles verhindern; keine weiteren Schnörkel) und lässt bewusst narrative Leerstellen – die das Publikum mit eigenen Theorien über den weiteren Verlauf füllen darf:
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Gelegentlich bricht sogar der Eli Roth, den wir schon kennen, aus dieser Mixtur von Tim-Burton-Stilistik und Amblin-Entertainment-Storytelling heraus. Statt menschlicher Eingeweide verteilt der Regisseur (der sich hier auch einen Cameo in einer fiktiven TV-Serie erlaubt) hier jedoch ausgiebig die Innereien und "Körperflüssigkeiten“ von Kürbissen, lebenden Möbeln sowie beseelten Heckenskulpturen auf der Leinwand und macht mit seiner patentierten Direktheit Referenzen auf Nazi-Deutschland. Denn ein Großteil des Übels in der Welt von «Das Haus der geheimnisvollen Uhren» hat dort seinen Anfang genommen und will im dritten Akt natürlich nach der Marke "Feuer muss mit Feuer bekämpft werden" behoben werden.
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Das lose Zahnrad im Uhrengetriebe dieser Amblin-Produktion ist derweil Jungdarsteller Owen Vaccaro. Obwohl Vaccaro in den beiden ebenso herzlichen wie albernen «Daddy's Home»-Filmen eine solide Figur macht, erweckt er in «Das Haus der geheimnisvollen Uhren» den Eindruck, als sei er wie vom Material erschlagen. Anders als in den «Daddy's Home»-Komödien, in denen er als dezent überzeichneter Hänfling funktioniert, erstarrt Vaccaro, wenn er hier die 'Amblin-Version' dieses Rollentypus zum Leben erwecken muss. Als makelhafter Außenseiter, der zugleich als heroische Identifikationsfigur dienen soll, stakst der Jungdarsteller durch sein Material, besonders schlimm wird es, wenn sich der Film in charakterlichen Wendemomenten völlig auf seine Darbietung verlässt:
Mit gerade einmal 105 Minuten Laufzeit (inklusive Abspann!) wickelt «Das Haus der geheimnisvollen Uhren» zuweilen Passagen innerhalb nur einer Szene ab, für die sich heutige Big-Budget-Filme oft rund zehn Minuten oder mehr nehmen würden. Drehbuchautor Eric Kripke dagegen nimmt seinen als Angsthasen etablierten Protagonisten und macht ihn innerhalb nur einer Szene zum neugierigen Zauberlehrling: Kaum schenkt Jonathan seinem Neffen reinen Wein über das Thema Magie ein, bezwingt die Wissbegierde des als belesenen gezeigten Jungen seine Furcht.
Dieser Charakterwandel ist angesichts der an die «Gänsehaut»-Bücher und -Fernsehserie erinnernden Grundstimmung des Films und seiner durchgängig zügigen Erzählweise durchaus angebracht – aber Vaccaro gelingt es partout nicht, diese Veränderung in Lewis' Wesen zu verkaufen. Das wiederholt sich in weiteren Passagen: Solange Lewis 'statisch' bleibt, ist sein Spiel annehmbar, doch sobald Vaccaro darstellen muss, dass seine Rolle neue Seiten an sich oder an der Magie entdeckt, tendiert er zu einer verkrampften Performance, die ebenso starr-eingeübt wie aufgesetzt-kreischend daherkommt.
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Das Gesamtkonstrukt steht im Mittelpunkt: Der Spielspaß von Black und Blanchett, Roths Version einer Burton-Ästhetik mit Amblin-Logik und die dezente Gruselstimmung, die sich über die vergnügliche, familienfreundlich-mysteriöse Story legt. Mit einem weniger verkrampften Hauptdarsteller wäre das Ganze vielleicht noch eine Spur magischer, aber das ändert nichts daran, dass «Das Haus der geheimnisvollen Uhren» für alle, die ihre Familienfilme etwas markiger mögen oder den Tim Burton von früher vermissen, ein Kino-Pflichttermin ist.
Fazit: Wem der «Gänsehaut»-Film mit Jack Black zu sehr augenzwinkernde Hommage war, oder Tim Burtons «Die Insel der geheimnisvollen Kinder» zu viel erzählerischen Leerlauf bot, ist hier genau richtig: Eli Roth präsentiert mit «Das Haus der geheimnisvollen Uhren» Einsteigergrusel in Form schräg-grimmer Familienunterhaltung.
«Das Haus der geheimnisvollen Uhren» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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