«Bad Times At The El Royale»
- Start: 11. Oktober 2018
- Genre: Thriller/Drama
- Laufzeit: 142 Min.
- FSK: 16
- Kamera: Seamus McGarvey
- Musik: Michael Giacchino
- Buch und Regie: Drew Goddard
- Darsteller: Jon Hamm, Dakota Johnson, Jeff Bridges, Cynthia Erivo, Lewis Pullman, Cailee Spaeny, Chris Hemsworth
- OT: Bad Times At The El Royale (USA 2018)
Nun braucht ein gelungener Film von heute natürlich nicht zwingend eine oder mehrere spektakuläre Wendungen, vielleicht sind wir heutzutage sogar ein wenig verwöhnt von der Idee, dass eine Story am Ende einmal komplett auf Links gedreht werden muss, um uns zu überraschen und entsprechend zu begeistern. Was man aber sagen muss, ist, dass die Eskapaden im „El Royale“ erzählerisch wenigstens überhaupt etwas liefern dürfen, doch Drew Goddard und sein Team tun ihrem Film mit ihrer hier gewählten Erzählform, keinen Gefallen. «Bad Times At The El Royale» entpuppt sich als Schlaftablette.
Genau auf der Grenze zwischen Nevada und Kalifornien
Ende der Sechzigerjahre in einer verregneten Nacht: Sieben Fremde (Jon Hamm, Dakota Johnson, Jeff Bridges, Cynthia Erivo, Lewis Pullman, Cailee Spaeny und Chris Hemsworth), jeder von ihnen mit einem dunklen Geheimnis, treffen am Lake Tahoe im El Royale zusammen. Das heruntergekommene Hotel hat eine düstere Vergangenheit, von der so Einige zu wissen scheinen. Und dass es genau auf der Grenze zwischen Nevada und Kalifornien erbaut wurde, ist nur eines von unzähligen architektonischen Geheimnissen, die das verruchte Etablissement so besonders machen. Im Verlauf einer einzigen verhängnisvollen Nacht bekommt jeder eine letzte Chance auf Erlösung… bevor alles zum Teufel geht.
Auf den ersten Blick würde man vermuten, «Bad Times at The El Royale» basiere auf einer Romanvorlage. Das liegt nicht bloß daran, dass Drew Goddard, der nicht bloß «The Cabin in the Woods» inszenierte, sondern auch die Drehbücher zu Blockbustern wie «Der Marsianer» und «World War Z» schrieb, seinen Film nach einzelnen Kapiteln aufteilt (eine von mehreren Parallelen zwischen «El Royale» und den Werken eines Tarantino, vor denen Goddard sich hier ganz offensichtlich verbeugt), sondern auch daran, dass sein Film dadurch eine fast schon literarische Form annimmt. Das ist dann leider aber auch schon der größte Kritikpunkt abseits davon, dass die vielen Bezüge zur Siebzigerjahre-Politik (Watergate, Vietnam-Krieg, Manson…) im Ansatz stecken bleiben. Goddards Film zieht sich an vielen Stellen einfach zu sehr in die Länge. Der Titel des Kapitels, das entweder nach einem der Zimmer, oder einer der Figuren benannt ist, wird eingeblendet und anschließend präsentiert uns Goddard bis ins kleinste Detail, was es zu der im Mittepunkt stehenden Person zu wissen gibt – und das sind leider auch jede Menge Nichtigkeiten.
Darüber hinaus steht so pro Kapitel vor allem eine, maximal zwei Personen im Mittelpunkt. So richtig zur Hochform läuft «Bad Times At The El Royale» aber erst dann auf, wenn die Figuren miteinander interagieren – dadurch entwickeln auch konzeptuell ähnliche Filme wie «The Hateful 8» ihren Reiz. Das geschieht der Form entsprechend aber erst ab der zweiten Hälfte ganz langsam. Vorher sind die einzelnen Kapitel stark von den darin im Mittelpunkt stehenden Figuren sowie den Schauspielerinnen und Schauspielern abhängig, die diese verkörpern. Und wie das gerade bei Episodenfilmen gern mal so ist, sind die Qualitätsunterschiede an dieser Stelle gravierend.
Nicht so richtig komisch, nicht so richtig spannend, nicht so richtig interessant
Zu den Höhepunkten des insgesamt überraschend ernsthaften «Bad Times at the El Royale» gehört lange Zeit alles, was mit Jon Hamm («Catch Me!») zu tun hat. Der zweifache Golden-Globe-Gewinner (2008 und 2016 für seine Rolle in der TV-Serie «Mad Men») spielt hier mit einer gleichermaßen unbedarften wie komplett undurchdringbaren Attitüde auf, aus der sich alles und doch nichts herauslesen lässt. In Hamms Figur des tapsigen Staubsaugervertreters könnte in Wahrheit ein Mörder stecken, oder auch das erste Opfer einer Reihe betrüblicher Ereignisse. Das genaue Gegenteil verkörpert der einmal mehr vor sich hin nuschelnde Jeff Bridges («Hell or High Water»). Was es mit seiner zwielichtigen Priester-Figur auf sich hat, begreift man auch ohne den diesen „Twist“ vorwegnehmenden Trailer vorab gesehen zu haben. Immerhin reagiert die die demnächst in Steve McQueens «Widows» zu sehende Cynthia Erivo gespielte Soul-Sängerin Darlene entsprechend alles andere als überrascht, sodass sich die Frage stellt, ob diese vermeintliche Enthüllung überhaupt als eine solche angelegt war.
Die beiden sind es auch, die eine der stärksten Filmszenen überhaupt gemeinsam bestreiten dürfen: Als die beiden mit ihren jeweils ganz besonderen Fähigkeiten dafür sorgen, dass ihre wahren Pläne in dieser geheimnisumwitterten Nacht nicht ans Tageslicht kommen, fährt Drew Goddard sein ganzes Können als mit verschiedenen Ebenen und Erzählperspektiven bestens vertrauter Regisseur auf, von denen wir so gern noch mehr gesehen hätten. Das ist zwar äußerst konstruiert und alles andere als realistisch, aber in diesen High-Concept-Film hätten auch noch andere Spielereien dieser Couleur hervorragend gepasst, zumal die (bemühte) Coolness hier ohnehin mehrmals die Logik schlägt.
Der Rest des Casts agiert entweder auf gewohntem Niveau («Fifty Shades of Grey»-Star Dakota Johnson hat schlicht zu wenige Szenen, um mehr aus ihrer ziemlich smarten Ganovinnen-Rolle herauszuholen), oder enttäuscht. Chris «Thor» Hemsworth muss sich nicht bloß mit einigen ziemlich abgegriffenen Klischees rumschlagen (Stichwort: Blumenwiese) und permanent oben ohne rumlaufen, sein durch und durch mit Klischees vollgepumpter Charles-Manson-Verschnitt Billy Lee bleibt obendrein viel zu oberflächlich, als dass man sich hier von Hemsworths Potenzial eines Charakterdarstellers überzeugen könnte. Lewis Pullman («The Strangers 2: Opfernacht») klammert sich indes ebenfalls zu sehr an der einfältig gestrickten Rolle des Hotelconcierges fest, der sich im letzten Drittel plötzlich einem hanebüchenen Sinneswandel unterziehen muss. Dieser wäre genreentsprechend verzeihlich, würde ihn Drew Goddard nicht stiefmütterlich in den Schlussakt zwängen, sodass er obendrein die sich gen Ende immer mehr verdichtende Atmosphäre auseinander treibt.
Sowohl Hemsworth, als auch Pullman bilden damit das darstellerische wie erzählerische Lowlight des Films. Die wirkliche Hauptrolle spielt aber letztlich sowieso das titelgebende „El Royale“. Nicht nur die einmal quer durchs Hotel bis über den Parkplatz verlaufende Linie verleiht dem Hotel etwas Surreales, indem sie das Grundstück schon unterbewusst in zwei verschiedene Hälften teilt (was Miles auch immer brav wiederholt, wenn ein neuer Gast einchecken will). Auch die Einrichtung, das große Leuchtreklameschild am Eingang, das vor allem im strömenden Regen besonders gut zur Geltung kommt, und die eine oder andere architektonische Überraschung machen das El Royale zu einem mindestens genauso undurchsichtigen Protagonisten wie seine kurzzeitigen Bewohner – wenn nicht sogar zu dem spannendsten.
Fazit
Nicht so richtig lustig, nicht so richtig spannend, dafür ganz schön langatmig und alles andere als überraschend – der immerhin sehr chic aussehende «Bad Times At The El Royale» ist im Anbetracht der eigentlich so spannenden Ausgangslage eine herbe Enttäuschung.
«Bad Times At The El Royale» ist ab dem 11. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen.
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