Zu Asche, zu Staub: Was wir schon wissen
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Sofern die Serienverantwortlichen die Handlungsverläufe von Kutschers Romanen übernehmen, wird Staffel drei rund zehn Monate nach dem Ende der zweiten Season einsetzen. Wir schreiben dann das Jahr 1930. Eine kommunistische Gruppe überfällt den Nationalsozialisten Horst Wessel, der später an seinen Verletzungen stirbt – ein Tod, den die NSDAP instrumentalisiert, so dass Wessel als Märtyrer betrachtet und der Rechtsruck im Deutschen Reich befeuert wird. Die Große Koalition zerbricht, weil sich die SPD und die DVP über das Thema 'Finanzierung von Sozialleistungen' zerstreiten. Und bald darauf wird die NSDAP bei der Wahl zur zweitstärksten Partei ...
Rath wird, während sich all dies abspielt, damit beauftragt, an einem Filmset zu ermitteln, an dem eine namhafte Schauspielerin von einem Scheinwerfer erschlagen wurde. Während manche von einem fatalen Unfall ausgehen, steht der bedrückende Verdacht im Raum, es handle sich um einen Mordfall. Wie Tykwer bereits andeutet, wird Raths Drogensucht während der Behandlung dieses Falls noch schlimmer – und er ist damit nicht allein. Die massenhafte Verbreitung von Heroin in unseren Breitengraden zu Beginn der 1930er-Jahre wird in Staffel drei laut Tykwer explizit thematisiert …
Es ist doch nur ein Traum: Was sich daraus spinnen ließe
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Dieser beunruhigende, faszinierende Aspekt an «Babylon Berlin» könnte in weiteren Staffeln noch stärker ausgebaut werden. Nicht nur, weil aus den sanften Parallelen zwischen Serienstoff und Gegenwart erst während der Dreharbeiten an den ersten beiden Seasons offensichtliche Parallelen wurden, und die Serienmacher daher erst jetzt den Vorteil (oder gar die Verantwortung) haben, aus den jüngsten Erkenntnissen kreativ zu schöpfen. Sondern auch, weil die Handlung der dritten Staffel sich noch deutlicher dafür anbietet.
Das anspruchsvolle europäische Kino 1920er- und der frühen 1930er-Jahre war auch geprägt von einer unterschwelligen Angst, einer Vorahnung. Ob Dr. Caligari, «Dr. Mabuse, der Spieler», «Nosferatu» oder etwa «Im Dunkel der Nacht»: Ein unerkanntes Grauen nähert sich. Nicht unähnlich der Filmlandschaft heute. Filme wie «Er ist wieder da», «Heil», «Der Hauptmann» oder «Elser – Er hätte die Welt verändert» und auch Fernsehproduktionen wie halt «Babylon Berlin» warnen vor einem Wiedererstarken des Nationalpopulismus, des Hasses – und allen Warnungen zum Trotz wird er größer und größer. Das bietet riesiges Erzählpotential, wenn «Babylon Berlin» auf die Filmlandschaft 1930 eingeht und so unter dem Deckmantel historischer Fiktion das Heute sowie sich selbst reflektieren kann.
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27.10.2018 14:53 Uhr 1