Die glorreichen 6

Die glorreichen 6 – Kritikerflops, die wir lieben (Teil XI)

von   |  1 Kommentar

Es ist ein Thema, das sich (nahezu) unendlich fortsetzen ließe: Filme, die von der Filmpresse verrissen wurden und mehr Zuneigung verdienen. Wir stellen einige von ihnen vor, die uns besonders am Herzen liegen. Wie Michael Bays Bombast-Buddy-Cop-Actionkomödie «Bad Boys II».

Die Handlung


Filmfacts: «Bad Boys II»

  • Regie: Michael Bay
  • Produktion: Jerry Bruckheimer
  • Drehbuch: Ron Shelton, Jerry Stahl; nach einer Story von Ron Shelton, Cormac Wibberley, Marianne Wibberley; basierend auf Figuren von George Gallo
  • Darsteller: Will Smith, Martin Lawrence, Jordi Mollà, Gabrielle Union, Peter Stormare, Theresa Randle, Joe Pantoliano
  • Musik: Trevor Rabin
  • Kamera: Amir Mokri
  • Schnitt: Mark Goldblatt, Thomas A. Muldoon, Roger Barton
  • Veröffentlichungsjahr: 2003
  • Rottentomatoes: 23%
  • Metacritic: 38%
  • Laufzeit: 147 Minuten
  • FSK: ab 18 Jahren
Die Detectives und besten Freunde Mike Lowrey (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) machen derzeit nicht gerade die beste Phase durch: Bei einem Undercovereinsatz schießt Mike aus Versehen seinem getreuen Arbeitskollegen in eine seiner Pobacken, weswegen er nun große Probleme hat, bequem zu sitzen. Dieser Vorfall stört das Vertrauen der Beiden zueinander und könnte das Zünglein an der Waage für Marcus sein, der bereits seit einiger Zeit mit einer Versetzung liebäugelt. Darüber hinaus hat Mike eine heimliche Beziehung mit Marcus' Schwester Syd (Gabrielle Union), die wiederum für die DEA als Undercover-Agentin tätig ist, was aber weder Marcus weiß noch Mike.

Während sich die zerstrittenen Freunde Mike und Marcus auf die Spur des Drogenbosses Johnny Tapia machen (Jordi Mollà), gerät Syd mitten in einen Krieg zwischen der kubanischen und der russischen Mafia. Nach und nach finden alle Konflikte zusammen und entladen sich in ein überdimensionales, zerstörerisches, explosives Finale.



Die glorreichen Aspekte


Glaubt man der Expertise der Quotenmeter.de-Kinoredaktion, und welche Gründe gäbe es schon, dies nicht zu tun (bitte nicht antworten!), so gibt es einzig und allein einen guten Film in der «Transformers»-Filmsaga: «Transformers – Ära des Untergangs», der vierte Teil, der Teil, in dem Michael Bay seinen exzessiven Tendenzen völlig nachgibt und sich vollauf darauf stürzt, was ihm als Regisseur Freude bereitet. Der megalomanische, rein auf Spektakel und audiovisuellen Protz setzende Actionfilm setzt genauso sehr auf weltliche Logik wie es ein fiebriges Musical tut – nur, dass Bay die "Farbe und Klangwelt unterwerfen sich dem Style, den ich bieten will"-Attitüde einsetzt, um Explosionen und Massenkarambolagen zu zelebrieren, statt Gesang und Tanz.

«Bad Boys II» ist exakt so wie «Transformers – Ära des Untergangs», nur ohne computeranimierte Alienroboter, und dafür mit Leichen und Blut. Soll heißen: Der iranische Kameramann Amir M. Mokri («Coyote Ugly») lässt seine Kamera ehrfürchtig in Froschperspektive durch die Gegend schweben, wann immer sich die zentralen Figuren gerade besonders cool finden. Die Ausleuchtung der Szenerie unterwirft sich der Stimmung einer Szene und nicht etwa der Tageszeit, zu der sie gerade spielt. Und der Schnitt entwickelt seinen ganz eigenen, Rockmusikvideo-Rhythmus, wann immer die Kacke so richtig am Dampfen ist. Das ist alles extrem stilisiert und unrealistisch, aber dabei exorbitant durchchoreografiert. Wenn ein «West Side Story» in Szenen der innigen Passion einen rot erleuchteten Himmel haben und in Disney-Zeichentrickmusicals bei dramatischen Kämpfen stets praktischerweise ein Gewitter ausbrechen darf, wieso sollten wir es einem Michael Bay verbieten, eine ähnliche Ästhetik zu kultivieren, konsequent durchzuziehen und mit Rockoper-Bombast-Schwung auf eine Buddy-Cop-Actionkomödie anzuwenden?

Wenn Mike und Marcus etwa ein Treffen des Ku Klux Klans unterwandern und die gewaltbereiten Rassisten Seite an Seite in Schach halten, was Bay in Zeitlupe und mit wuchtigem Sounddesign festhält, ist es ein vulgär-poetischer Augenblick wie ihn das US-amerikanische Mainstream-Actionkino des 21. Jahrhunderts nur selten zu sehen bekommt. Es ist wahnhaft dick aufgetragen – doch es ist unvergesslich ausdrucksstark. Und wer hätte 2003 schon gedacht, dass es 15 Jahre später zu mittleren Kontroversen führt, wenn in deutlich nuancierteren Filmen suggeriert wird, Fackeln schwingende Rassisten seien kein erfreulicher Anblick?

Was mit diesem lauten Statement beginnt, setzt sich als schwindelerregend krachender, brachialer Exzess von einem Actionkomödientumult fort, bei dem Nichts sicher ist. Bei den Autoverfolgungsjagden in seiner letzten Jerry-Bruckheimer-Produktion findet Bay nicht nur Wege, jede Menge Autos zu zerschrotten, sondern auch Blechhütten, Boote und Leichen – kolossaler Hochglanzkrawall, dessen Kompromisslosigkeit Anerkennung verdient. Hinzu kommen der aggressiv treibende Score Trevor Rabins und die eingespielte Chemie zwischen den Hauptfiguren, die Smith und Lawrence wie die wutschnaubende Bizarro-Version klassischer Buddy-Cop-Protagonisten anlegen. Hätte es Deichkinds "Leider geil" schon 2003 gegeben, eine Nu-Metal-Coverversion hätte der Titelsong dieses Films werden müssen – und nun dürfen alle selbst entscheiden, wie sehr sie nun mit den Augen rollen oder in heftig zustimmendes Nicken verfallen.

«Bad Boys II» ist auf DVD und Blu-ray erschienen sowie via Amazon, maxdome, iTunes, Google Play, Sky, Microsoft, Rakuten TV und Videoload abrufbar.

Kurz-URL: qmde.de/105466
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Quotermain
02.12.2018 20:40 Uhr 1
Nur meine Meinung.

Ich habe hier im Regal zig Tom Cruise und Will Smith.

Für mich sind die Sachen aus ScientologyGründen unansehbar geworden. Ich habe sie (leider) im Schrank und werde sie nicht entsorgen, aber ansehen...bestimmt nicht.

Danke Tarantino, dass Travolta nur so kurze Episoden hat in dessen bestem Film und Kirstie nach Kahn raus war.

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