Interview

«Die Geschichte eines Abends»-Macher Fabian Döring: ‚Wir haben die Regeln gelernt, um sie zu brechen‘

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Talk ohne Konvention? Gibt es wieder – zwei Mal im NDR. In der Nacht auf Samstag talkt Charlotte Roche etwa im Wald. Für ordentlich Dekonstruktion soll eine Ausgabe mit Lars Eidinger sorgen. Ein normales Gespräch über ganz und gar nicht normale Gespräche.

Die Gäste

  • Charlotte Roche-Folge: Ex-Fußballtorhüter Tim Wiese, Fernsehstar Christine Neubauer, Bündnis 90/Die Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Robert Stadlober, Schauspieler und Musiker.
  • Lars-Eidinger-Folge: Model und Schauspielerin Sophia Thomalla, Juso-Chef Kevin Kühnert , Schlagerstar Stefanie Hertel, Herzchirurg Michael Hübler und Popsänger Drangsal.
Charlotte Roche wird Ende November durch «Die Geschichte eines Abends» führen, am ersten Freitag im Dezember dann Lars Eidinger. Alle sprechen jetzt natürlich über das Comeback von Charlotte Roche. Das hilft der Sendung. Aber ist es nicht auch ein bisschen schade, dass diese Name da viel auch in den Schatten rückt?
Das ist total lustig. Lustig deshalb, weil ich damit nicht gerechnet habe. Sehen Sie: Wir haben von dem Format schon einige Folgen gemacht; jeweils mit dem tollen Dirk Stermann. Wir von der NDR-Redaktion "Die Box" sind aber immer sehr selbstkritisch und wollen uns weiterentwickeln. Wir sind der Meinung, dass die Sendung sehr stark vom Gastgeber abhängt und wollen einfach sehen, wie würde XY einen solchen Abend durchleben? Wir wollen unterschiedliche Hosts haben, haben dafür auch etliche Namen diskutiert. Irgendwann sind wir auf Charlotte Roche gestoßen. Ich kannte sie bisher nur aus dem Fernsehen, als wir dann aber zusammen an einem Tisch saßen, habe ich gemerkt, welch tolle Frau sie ist. Ich habe mir also überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, welche Schlagzeilen sie als Talkshow-Host bekommen könnte. Eher hätte ich gedacht, dass Lars Eidinger, der ja wirklich auf allen Bühnen dieser Welt unterwegs ist, für ein Raunen sorgt.

Sie arbeiten jetzt mit unterschiedlichen Hosts, was für eine Talkshow ja eher ungewöhnlich ist…
Eine der wichtigsten Verabredungen bei uns in der Box ist: Wir wollen nicht langweiligen, wir brauchen den Wandel. Wir haben die Regeln gelernt, um sie zu brechen. Eine davon: Die Ideen für den Abend müssen wirklich von den Hosts kommen. Das ist uns spätestens beim Treffen mit Lars Eidinger klar geworden.

Und die Ideen sind: Roche talkt im Wald, Eidinger in einem Tonstudio.
Charlotte Roche ist ja selbst aus der Stadt auf’s Land geflohen. Sie sagt sinngemäß, dass die Menschen in der Stadt gar nicht mehr zur Ruhe kommen können. Lars Eidinger macht seinem Talk in einem Studio des ehemaligen NWDR im Hochbunker von Hamburg-St. Pauli. Hier wollen wir den ganzen Produktionsbetrieb maximal transparent darstellen. Da werden ständig Produktionsmitarbeiter im Bild zu sehen sein. Es wird quasi alles dekonstruiert. Wäre Jogi Löw mal Host bei uns, dann würde die Talkrunde vielleicht mitten auf einem Fußballplatz stattfinden.

Was passiert denn, wenn der Host die Runde mal einfach nicht leitet? Dann passiert nämlich Spannendes: Die Gruppe beschäftigt sich wirklich miteinander. Das klappt aber auch nur, wenn man sich Zeit lässt.
«Die Geschichte eines Abends»-Macher Fabian Döring (Leiter der Redaktion "Die Box")
Wenn ich nur an die Dritten Programme denke, dann fallen wir spontan drei, vier abendliche Talks ein: «Riverboat», «Kölner Treff» und und und. An Talks mangelt es dem Fernsehen doch wirklich nicht?! Daher auch die krasse Unterscheidung?
Absolut. Dass es so viele Talks gibt, ist für uns aber eher eine Extra-Motivation. Wir machen einen Abend ganz ohne Vereinbarungen. Und die Gäste kommen trotzdem, weil sie es spannend finden. So mancher Gast von uns hat sich schon gefragt, wann die Redaktion denn jetzt endlich mal eingreift. Das tut sie aber nicht. Was passiert denn, wenn der Host die Runde mal einfach nicht leitet? Dann passiert nämlich Spannendes: Die Gruppe beschäftigt sich wirklich miteinander. Das klappt aber auch nur, wenn man sich Zeit lässt. Aus dem ganzen Abend destillieren wir dann unsere Sendung.

Solche Situationen sind ja bekannt. Klassentreffen, 21.30 Uhr – und schon gehen die Themen aus.
Stellen Sie sich vor: Ihre Eltern kommen über das Wochenende zu Besuch. Am Freitagabend steht der Empfang an, am Samstag fährt man in die nächstgrößere Stadt, abends geht man schön Essen. Sonntags noch ein Frühstück und dann die Verabschiedung. Was aber ist, wenn die Eltern dann plötzlich sagen: Hey, wir bleiben einfach bis Donnerstag. Das ist vielleicht unbequem, wird aber gut, wenn man sich darauf einlässt. Wir hatten schon wunderbare Gespräche mit Marcel Reif und Christine Kaufmann. Die beiden saßen an dem Abend – während die anderen vor der Tür eine Zigarette geraucht haben – alleine am Tisch und haben unfassbar geflirtet. Die Kameras haben sie dabei vergessen.

Normalerweise heißt es da: Stopp! Pause jetzt mal. Der Talk «Die Geschichte eines Abends» fängt genau hier erst an. Weil wir so viel von den gängigen Regeln infrage gestellt haben. Sie sehen: Ich habe totale Leidenschaft für das Format.

Die Sendung läuft nachts. Was müssen anders machen als bei einem Talk um 21 Uhr?
Wenn ich nur an das lineare TV denke, müsste das eine Rolle spielen. «Die Geschichte eines Abends» ist sicherlich ein Format für Nighthawks, aber auch eines für Leute, die uns dann in der Mediathek schauen. Ich finde den Sendeplatz gut, weil wir im Anschluss an die erfolgreichen Gesprächsformate «NDR Talk Show» bzw. «Tietjen und Bommes» laufen. Der Weg ist somit schon geebnet. Trotzdem muss das Format auch für sich funktionieren. Deshalb müssen wir natürlich auch die Sendezeit berücksichtigen. Eine Sendung, die linear um null Uhr läuft, können wir nicht genauso aufbauen wie eine für 21 Uhr.

Danke für das Gespräch.

Beide neuen Folgen von «Die Geschichte eines Abends» sind bereits vor ihrer Ausstrahlung im NDR Fernsehen online zu sehen – ab Freitag, 30. November, um 18.00 Uhr.


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Sentinel2003
28.11.2018 14:20 Uhr 1
Ich fands damals völlig beschweuert, daß der NDR Roche gefeuert hatte!

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