Die Kino-Kritiker

«Tabaluga - Der Film» - Lieblose Leinwandadaption des liebenswürdigen Liederdrachen

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Aus dem Konzeptalbum wurden viele weitere, wurde eine TV-Serie, eine Spielshow, wurden unzählige Merchandise-Produkte, Musicals und so viel mehr. Nun kommt das Kinoabenteuer – doch «Tabaluga - Der Film» wird der Vorlage nicht gerecht.

Filmfacts: «Tabaluga - Der Film»

  • Start: 6. Dezember 2018
  • Genre: Animationsfilm/Abenteuer
  • Laufzeit: 90 Min.
  • FSK: o.Al.
  • Musik: Peter Hinderthür
  • Buch: Toby Genkel, Gerrit Hermans, Marco Petry, Hortene Ullrich
  • Regie: Sven Unterwaldt Jr.
  • Deutsche Sprecher: Wincent Weiss, Yvonne Catterfeld, Michael Bully Herbig, Heinz Hoenig, Rick Kavanian
  • OT: Tabaluga - Der Film (DE 2018)
Obwohl die Verfasserin dieser Zeilen im Zeitalter der Hörspielkassetten und CDs aufgewachsen ist, verbindet sie mit den musikalischen Abenteuern des kleinen Drachen Tabaluga noch immer das wohlige Knistern der Schallplatten. 1983 erschien mit «Tabaluga und die Reise zur Vernunft» das erste von insgesamt sechs Konzeptalben. Es folgten Abstecher ins Fernsehen, wahlweise als Serie und Spielshow, Bühnenauftritte, Musicals und Konzerte – und immer war der von Peter Maffay erschaffene Feuerspucker ein Teil unserer Jugendpopkultur. Dass der grüne Drache sich dabei immer auch ein wenig dem Zeitgeist anpassen musste, beweist nun einmal mehr der aller erste Kinofilm mit ihm in der Hauptrolle. 3D-animiert muss er sein, die Songs von früher natürlich in einem neuen, austauschbaren Rock-Pop-Gewand, dargeboten von einem der angesagtesten deutschen Singer/Songwriter aktueller Stunde.

Die Story schlägt derweil altbekannte Pfade ein. Einmal mehr muss ein kindlicher Protagonist erst zu sich selbst finden und dann ganz fest an das glauben, was er erreichen will. Nichts Neues also – und genau das macht «Tabaluga – Der Film» so belanglos, denn die wenigen Dinge, die hier überhaupt darauf verweisen, dass dem Animationsabenteuer eine wirklich charmante Vorlage zugrunde liegt, werden leider viel zu stiefmütterlich behandelt.

Ein Drache sucht sein Feuer


Der kleine Drache Tabaluga (Wincent Weiss) lebt mit seinem besten Freund, dem Glückskäfer Bully (Michael Bully Herbig), und seinem Ziehvater, dem Raben Kolk (Rufus Beck), im idyllischen Grünland. Es könnte alles so schön sein, doch Tabaluga will es nicht gelingen, sein Feuer zu entfachen, ohne das er sich nicht als richtiger Drache fühlt. Auf der Suche nach seinem Feuer macht er sich zusammen mit Bully auf den Weg nach Eisland. Dabei lernt er den Eisbären Limbo (Rick Kavanian) und die schöne Eisprinzessin Lilli (Yvonne Catterfeld) kennen. Durch sie entdeckt Tabaluga die Macht der Liebe, die endlich auch sein Feuer zu entzünden vermag. Dank Lilli ist er nun stark genug, sich dem bösen Schneemann Arktos (Heinz Hoenig) zu stellen…

Mit seiner Herkunft eines Konzeptalbums hat Protagonist Tabaluga natürlich eine ganz klare Ausrichtung: Er ist in erster Linie Interpret melancholischer Songs (auf den Platten entsprechend vorgetragen von Peter Maffay), sodass es naheliegt, dass Regisseur Sven Unterwaldt Jr. («Sieben Zwerge – Männer allein im Wald») auch in seinem Film zu Songs als erzählendem Stilmittel greift. Ein wenig Musicalfeeling soll ja aufkommen. Doch dabei geht er nicht bloß ziemlich unkoordiniert, sondern auch austauschbar vor. Es ist kein System dahinter zu erkennen, für welche Songs sich die Macher entschieden haben und für welche nicht. Klassiker wie „Nessaja“, „Lied des Mondes“ oder „Leuchtendes Schweigen“ fehlen entweder ganz, oder werden erst im Abspann angedeutet. Mal interpretiert Peter Maffay die Songs selbst in einer möglichst gefälligen Version, ein anderes Mal werden sie von den Sprechern respektive Sängern performt, die den Figuren in «Tabaluga» ihre Stimmen leihen.

Natürlich macht das ein Wincent Weiss genauso souverän wie Szenendieb Michael Bully Herbig («Ballon») oder Heinz Hoenig («Banklady»), doch durch diese Inkohärenz im Umgang mit den Songs, die eben mal einen dramaturgischen Stellenwert haben und mal einfach nur Hintergrundberieselung sind, funktioniert der Film schon mal nicht als Musical, als dass er offenbar gedacht ist.

Austauschbare Glaub-an-Dich-Story mit halbherzigen Musicaleinlagen


Auch bei der Geschichte selbst wurde scheinbar eher nach grober Schätzung auf Elemente aus den Konzeptalben zurückgegriffen, anstatt nach einer gewissenhaften Vorsortierung vorzugehen. Natürlich ist mit Lilli eine der prägnantesten Nebencharaktere aus den Liedergeschichten präsent – das dritte Album hieß sogar «Tabaluga und Lilli» und behandelt ganz grob die Story, die in «Tabaluga – Der Film» erzählt wird. Auch hier geht es um den Kampf zwischen dem guten Drachen Tabaluga und seinen friedliebenden Freunden aus Grünland gegen den bösen Arktos und seine Anhängerschaft aus der Eiswelt. Sogar der von dem fiesen Schneemann vorgetragene Schurkensong „Der Schlüssel zur Macht“ kommt exakt so auf dem Album vor.

Doch anders als es der Film suggeriert, ist es mit einem simplen Kampf beider Kontrahenten eben nicht getan. Stattdessen geht es in «Tabaluga und Lilli» um das Suchen und Finden nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden sowie das gemeinsame Leben mit ebendiesen. Die „Tabaluga“-Alben mitsamt ihren Songs behandelten also nie nur Schwarz und Weiß, sondern befassten sich in erster Linie mit emotionalen Grauzonen; ein Qualitätsmerkmal, das dem Film völlig abgeht.

Weit entfernt ist «Tabaluga – Der Film» aber vor allem von jedweder Form der Liebenswürdigkeit. So abgegriffen die Botschaft auch sein mag, so aktuell ist sie ja gerade im kinderorientierten Kino dennoch und bedarf daher lediglich einer halbwegs engagierten Aufmachung, um trotzdem zu funktionieren. Leider scheint Sven Unterwaldt Jr. lediglich die für eine solche Geschichte notwendigen Etappen abzuhaken, anstatt sich aufrichtig für seine Figuren zu interessieren. Es gibt den lustigen Sidekick, noch einen lustigen Sidekick, den Helden, das Love Interest und den Feind – doch selten hat sich eine bekannte Konstellation uninteressanter angefühlt. Vor allem die Chemie zwischen Tabaluga und seiner Lilli, die optisch übrigens sehr stark an Elsa aus „Die Eiskönigin“ erinnert, ist zu keinem Zeitpunkt spürbar; das gilt weder für die Zuneigung, noch für die plötzliche Entfremdung, was jedoch ganz besonders wichtig dafür wäre, dass die Geschichte im letzten Drittel ihren emotionalen Punch entwickelt.

Stattdessen läuft auch dieses kinderaffine Kinoabenteuer bloß auf unendlich viel Getöse hinaus, bei dem es sogar zeitweise so rabiat zugeht, dass das für die Allerkleinsten einen Tick zu aufregend sein könnte (das gilt übrigens auch schon für die Einleitung, in der Tabalugas Eltern sterben). Bleibt zum Schluss noch ein Blick auf die technische Aufmachung und die erweist sich immerhin als halbwegs souverän. Mit seiner Mischung aus Pop-Up-Buch-Look und klassischer 3D-Animation ergibt sich immerhin ein schönes, wenngleich lange nicht als aktuelle technische Standards heranreichendes Gesamtbild.

Fazit


Mit «Tabaluga – Der Film» gelingt dem kleinen grünen Drachen aus der Feder von Peter Maffay der Sprung auf die große Kinoleinwand, doch abseits der bekannten Songs und einer hübschen Animation hat der Film aufgrund der sehr lieblosen Geschichte kaum was zu bieten.

«Tabaluga – Der Film» ist ab dem 6. Dezember bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.

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