Was bisher geschah …
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Das hinterließ auch an Staffel acht von «Pastewka» seine Spuren. Vier Jahre nach der siebten Season angesiedelt, sehen wir einen durch seine Nebenrolle in der von ihm verhasste Serie «Frier» fast schon totgenudelten Bastian Pastewka, um den herum sich so vieles änderte. Nichte Kim ist erwachsen und vernünftig geworden, Bruder Hagen und Meckertante Bruck haben geheiratet und sind glückselig. Durch ein Missverständnis kommt es dann zur Trennung zwischen Bastian und seiner Dauerverlobten Anne – ein Schritt, der schon länger absehbar war, schließlich kriselte es sich schon in den letzten paar Staffeln vor sich her. Ziellos, joblos, beziehungslos und von allem genervt stürzt sich Bastian Pastekwa in einen Selbstfindungstrip, oder wie alle anderen sagen, in eine Mid-Life-Crisis.
Für die Einen war dies eine Staffel der Entwicklung. Die Sitcom wurde zur Dramedy, das stete Festhalten am Status quo in die Tonne gekloppt, bevor die Serie einschläft. Eine horizontale Erzählweise setzte sich durch, die dramatischen Zwischentöne wurden dadurch ausgeglichen, dass Pastewka nicht mehr zum Abschluss jeder Folge in ein gigantisches Fettnäpfchen stolpert, das er zuvor selber bereit gelegt hat. Der Produktionsaufwand wuchs, ebenso die Anzahl der Schauplätze. Für andere «Pastewka»-Fans war es eine Staffel der Enttäuschungen. Weg waren viele Running Gags, die in sieben Seasons aufgebaute Familiarität wurde zerstört und wer will schon Mid-Life-Crisis-Bastian sehen, wie er leicht bekleidet oder gar nackt durch die Welt irrt?
Was dieses Mal geschieht.
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Düste Bastian Pastewka in Staffel acht im Eiltempo durch eine Sinnkrise, kommt Staffel neun in Sachen Charakterskizze im Schrittempo voran. Statt Sinnsuche und Selbstentdeckung stehen nun das Retten der TV-Karriere (mit einer kitschig-peinlichen ZDF-Medizinserie namens «Ein Engel für alle Fälle») sowie das Zurückerobern von Anne im Fokus, wobei sich von Folge zu Folge nur stückchenweise etwas tut. Was an Charaktermomenten gespart wird, wird durch ein Mehr an Situationskomik und TV-Business-Persiflage wieder gut gemacht. Und auch wenn Staffel neun mehr Schauplätze aufweist als die alten Sat.1-Staffeln, bemühen sich die Serienmacher nun darum, eine neue Serienheimat aufzubauen, was sich auch inszenatorisch auswirkt: Weniger ausschweifende Kamerafahrten, mehr "hochwertige Comedyserie"-Feeling.
Was ist davon zu halten?
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Der feine Dialogwitz und die groben Fremdscham-Peinlichkeiten bleiben wie gehabt toll, Bastian Pastewka hat sich als Hauptfigur derweil ein bisschen weiterentwickelt. Er verweist nun auf modernere Serien. Und er kann, wer hätte das je gedacht, sehr gut mit seiner Nichte umgehen und ist ein löblich besorgter Onkel, der immer dann als Ersatzelternteil einspringt, wenn Hagen und die Bruck mal wieder Party machen wollen. Diese Karma- und Sympathiepunkte hat Bastian auch dringend nötig, denn er ist in anderen Beziehungen so kindisch wie lange nicht mehr. Er stalkt seiner Ex hinterher und lebt weit über seine Verhältnisse, um sich dann zu beklagen, wenn das Konto mehr Staub als Geld abwirft. Kurzum: Es ist unterm Strich noch immer der gute, alte, ichbezogene, irgendwie gutmütige, aber irgendwie auch völlig abartige Bastian "Fremdscham" Pastewka, den wir in der Serie zu lieben und zu verurteilen gelernt haben.
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«Traumschiff»-, «Rosamunde Pilcher»- und «Alarm für Cobra 11»-Veteranin Katja Woywood unterdessen spielt den wichtigsten neuen Part, und zwar eine Pastewka verabscheuende Version ihrer Selbst, die sich mit ihm beim Dreh von «Ein Engel für alle Fälle» immer wieder anlegt. Eingangs noch etwas zu steif, um als neue Dauerrivalin vollauf zu überzeugen, dreht Woywood spätestens in der zweiten Staffelhälfte so richtig auf. Eh ist alles, was sich um «Ein Engel für alle Fälle» dreht verflixt komisch. Auch Chris Tall, den sich die Serie als oberreicher Obermotz im Stile eines dekadenten US-Rappers vorstellt, trifft den herrlich albernen Ton der «Pastewka»-Branchenparodien.
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Als nachgereichter stilistischer Mittelweg zwischen Staffel sieben und Staffel acht erfüllt Runde neun von «Pastewka» exakt ihren Zweck und lustig ist sie sowieso. Bleibt nur abzuwarten, wo sich Staffel zehn hinbewegt, denn zu viel alter Trott sollte in Runde zehn nicht wiederbelebt werden, will man den Figuren gerecht bleiben.
«Pastewka» lässt sich via Amazon Prime streamen.
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