Die Kritiker

«Geisterschiff - Der Usedom-Krimi»

von

Mit einer mutigen Wendung überraschte gestern Abend der Auftakt zu den diesjährigen «Usedom»-Krimis. Wie geht es nach dem Tod einer der Hauptfiguren nächste Woche weiter?

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Katrin Sass als Karin Lossow
Rikke Lylloff als Ellen Norgaard
Max Hopp als Dr. Brunner
Rainer Sellien als Holm Brendel
Anna Herrmann als Rike Kampwirth
Jörg Pose als Heiner Kampwirth
Margarita Breitkreiz als Evelyn Wiek

Hinter der Kamera:
Produktion: Polyphon Film- und Fernsehgesellschaft mbH
Drehbuch: Scarlett Kleint, Alfred Roesler-Kleint und Michael Vershinin
Regie: Oliver Schmitz
Kamera: Michael Bertl
Produzent: Tim Gehrke
In seiner gestern ausgestrahlten Folge – dem Auftakt zu den in diesem Jahr gesendeten drei Teilen – hat sich der «Usedom-Krimi» für eine mutige Wendung seiner erzählerischen Grundsituation entschieden, die man ihm so nicht zugetraut hätte: Nach ihrer Suspendierung vom Polizeidienst ermittelte Katrin Lossows (Katrin Sass) Tochter Jule (Lisa Maria Potthoff) im mecklenburgisch-polnischen Grenzgebiet auf eigene Faust im Umfeld von zwei transnationalen rechtsradikalen Rockergruppen, die neben umfangreichen Schmuggelgeschäften auch in bestialische Gewalttaten verstrickt waren. Bei einer missglückten Observation wurde sie entdeckt, gefangengenommen und schließlich umgebracht.

Ein halbes Jahr später, im nächste Woche auf Sendung gehenden „Geisterschiff“, steht ihre Mutter – zur Erinnerung: eine ehemalige Staatsanwältin, die einige Jahre im Gefängnis zugebracht hat, nachdem sie ihren Mann erschossen hatte – trotz des herben Verlustes mitten im Leben und engagiert sich nun als Vermittlerin von Täter-Opfer-Ausgleichen, die den zumeist jungen und dummen Verbrechern eine letzte Möglichkeit bieten, einer Haftstrafe zu entgehen. Jules Ersatz auf der Polizeidienststelle, die Deutschdänin Ellen Norgaard (Rikke Lylloff), unterstützt sie dabei, auch gegen die Widerstände des diensthabenden Staatsanwalts. In Lossows aktuellem Fall soll der Mann recht behalten: Denn nachdem der junge Straftäter auf ihr ernstes Drängen einem Prozess entgangen ist, wollte er am nächsten Tag einen Passanten ausrauben: Die Sache ging so schief, dass diesmal sowohl Täter als auch Opfer mit dem Leben bezahlen mussten.

Während Lossow trotz des herben Verlustes ihrer Tochter weiterhin einen Sinn im Leben hat, ist Jules Ehemann zu einem versoffenen Wrack degeneriert, den die trauernde Lossow im Delirium am Ostseestrand auflesen muss. Leider beschränkt sich dieses Drama auf ein paar wenige Szenen, und widmet sich inhaltlich stattdessen primär dem aktuellen Fall, in dem Lossow vermitteln soll. Denn der Tod des jungen Verbrechers eröffnet den Weg in ein Familiendrama: Der Vater des jungen Mannes ist vor zwei Jahren spurlos in der Ostsee verschwunden. Seiner Tochter, die der tyrannische Patriarch einst im Vollsuff mit einem heißen Bügeleisen malträtierte, war das nur recht. Gut möglich aber, dass er damals nicht umgekommen, sondern nur untergetaucht ist und seitdem in Polen lebt.

Diese Geschichte ist aber deutlich weniger spannend als die Frage, wie Katrin Lossow den Tod ihrer Tochter und deren Mann den Verlust seiner Frau verarbeiten soll – eine Wendung, die Gelegenheit geboten hätte, den Hauptcharakteren näher zu kommen, als dies die Prinzipien eines eng durchgetakteten neunzigminütigen Melodram-Krimis mit dem Spielort im Titel in aller Regelmäßigkeit erlauben. Eine besonders talentierte Darstellerin wie Katrin Sass hätte ein solches Drama umso reizvoller gemacht. Stattdessen arbeitet sich «Geisterschiff» an einem weitgehend generischen Fall ab, wobei es dem Film leider nicht gelingt, ihn emotional auch nur in Ansätzen so stark aufzuladen wie die eigentlich spannendere Geschichte um seine Hauptfiguren. Der mutige Plot-Twist wird zum schnöden Rahmen des trägen Bestehenden – und ist am Schluss insofern gar nicht so mutig.

Das Erste zeigt «Geisterschiff – Der Usedom-Krimi» am Donnerstag, den 14. Februar um 20.15 Uhr.

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