Filmfacts «Holmes & Watson»
- Regie und Drehbuch: Etan Cohen
- Produktion: Will Ferrell, Adam McKay, Jimmy Miller, Clayton Townsend
- Darsteller: Will Ferrell, John C. Reilly, Rebecca Hall, Rob Brydon, Steve Coogan, Ralph Fiennes
- Musik: Mark Mothersbaugh
- Kamera: Oliver Wood
- Schnitt: Dean Zimmerman
- Laufzeit: 90 Minuten
Selbst dazu wäre es Branchenberichten zufolge beinahe nicht gekommen: Nach einer katastrophalen Testvorführung soll man bei Sony Panik bekommen haben, woraufhin man Kontakt zu Netflix suchte und dem Video-on-Demand-Dienst anbot, die Komödie exklusiv zu erwerben, ähnlich wie Paramount Pictures den völlig misslungenen, dritten «Cloverfield»-Teil dorthin abgeschoben hat. Netflix war allerdings nicht interessiert, was «Holmes & Watson» gewissermaßen das unehrenwerte Prädikat "zu dumm für Netflix" einbringt. Und selbst wenn die sechsfach für die Goldene Himbeere nominierte Komödie wahrlich wenig Lacher zu bieten hat – "zu dumm für Netflix" ist ein ungerechtfertigter Superlativ.
Womöglich hat Sony schlicht zu viel dafür verlangt, dass Netflix «Holmes & Watson» exklusiv haben kann, doch rein qualitativ ist «Holmes & Watson» nicht "zu schlecht", um ein Netflix-Exklusivtitel zu sein. Mit Adam Sandlers «The Ridiculous 6» oder auch beispielsweise mit dem Adam-DeVine-Vehikel «Game Over, Man!» hat Netflix bereits deutlich grausigere Komödien im Portfolio als von Cohen geskriptete und inszenierte «Sherlock Holmes»-Persiflage.
- © Sony Pictures
Watson (John C. Reilly) und Sherlock Holmes (Will Ferrell) in Sony Pictures' HOLMES & WATSON
Der Einstieg in den 90 Minuten langen Film gestaltet sich jedoch denkbar anstrengend: Will Ferrell quängelt und brabbelt in kindlichem Tonfall vor sich her, John C. Reilly tut es ihm gleich, sie kopieren mehr oder minder ihre «Stiefbrüder» und «Ricky Bobby – König der Rennfahrer»-Masche, nur dass dieses Spielchen in den beiden Filmen eine erzählerische Grundlage hat. In «Holmes & Watson» dagegen spielen Reilly und Ferrell keine kindsgebliebenen Deppen, die lernen müssen, erwachsen zu werden. Naja, zumindest nicht durchweg. Denn Cohens Skript ist schwammig und unentschlossen:
Holmes' Charakterisierung ändert sich szenenweise, ist mal der brillante Meisterdetektiv, als den wir ihn kennen, bloß ungeschickter. In anderen Filmpassagen ist er ein Volltrottel, der aus unerklärlichen Gründen von seinem Umfeld als Genie betrachtet wird. Und in anderen Sequenzen ist der Gag des Ganzen, dass Holmes einfach zu genial ist. Auch Watson verläuft ein kopfloses Hin und Her in seiner Darstellung, wodurch Cohen keinerlei Erwartungshaltung aufbauen kann. Das hat im Gegenzug zur Folge, dass es keinen komödiantischen Effekt hat, wenn etwas Unerwartetes geschieht – stattdessen rammt der «Der Knastcoach»-Regisseur mehrmals Gags, die selbst als zügiges Späßlein am Rand nur passabel wären, gnadenlos in den Boden. Wenn er sie nicht so verkrampft vorbereitet, dass die Pointe eher wie eine Drohung rüberkommt denn als humorige Auflösung eines Witzes.
Von «The Equalizer 2»-Kameramann Oliver Wood in blassen Bildern gehalten und von Cohen über weite Strecken uninspiriert in Szene gesetzt (wodurch die stilistischen Seitenhiebe auf Guy Ritchies «Sherlock Holmes»-Filme oft verblassen), weist «Holmes & Watson» wenigstens eine angesichts des Budgets von 42 Millionen Dollar löblich verschnörkelte Ausstattung und aufwändige Kostüme auf. Im Bildhintergrund verstecken sich auch einige der besseren komödiantischen Einfälle dieses Films, etwa in Form von überspitzten Werbeplakaten für Dinge, die im 19. Jahrhundert wirklich angepriesen wurden, heute dagegen eher als Dummheiten der Geschichte dastehen.
In eine ähnliche Kerbe schlägt zudem «Iron Man 3»-Darstellerin Rebecca Hall mit ihrer Rolle der amerikanischen Ärztin Dr. Grace Hart, die das wandelnde Glanzlicht des Films ist. Wo Ferrell und Reilly geschichtliche Ironie oft in einer Art Fünftklässler-Nachäff-Singsang überbetonen, geht Hall mit trockenem Stolz an den Stoff heran – eine Reibung, bei der Funken entstehen, die diesem Material dringend nötigen Zunder verleihen.
Auch Kelly Macdonald («Boardwalk Empire») und Lauren Lapkus («Orange Is the New Black») ziehen in Nebenrollen mehrmals weit an den Hauptdarstellern vorbei, auch wenn sie im Gegensatz zur geradlinigen Hall auf mimischen Irrwitz setzen, den sie jedoch gezielter dosieren als Ferrell und Reilly. Die machen in ihren konfus gehaltenen Rollen dann am ehesten eine gute Figur, wenn sie humorigen Biss mit charakterlicher Naivität vereinen können, was in «Holmes & Watson» aber nur sehr sporadisch passiert – etwa in einer quirligen, neuen Gesangsnummer des mehrfachen Oscar-Preisträgers Alan Menken und seines aktuellen Stammtexters Glenn Slater («Rapunzel – Neu verföhnt»).
Fazit: «Holmes & Watson» ist konfus und hat nur wenige Lacher zu bieten. Doch ein paar gute Einfälle und die Nebendarstellerinnen bewahren diese unfokussierte «Sherlock Holmes»-Parodie davor, ein absoluter Totalausfall zu werden.
«Holmes & Watson» ist ab dem 7. Februar 2019 in einigen deutschen Kinos zu sehen.
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