Cast und Crew
- Regie, Drehbuch, Musik: Dietrich Brüggemann
- Darsteller: Ulrich Tukur, Barbara Philipp, Christian Ehrich, Nadine Dubois, Tom Lass, Jörg Bundschuh, Felix Schönfuss, Monika Anna Wojtyllo, Sascha Nathan, Anna Brüggemann, Katharina Schlothauer, Desiree Klaeukens, Daniel Zillmann
- Kamera: Alex Sass
- Schnitt: Stefan Blau
- Redaktion: Jörg Himstedt, Liane Jessen
Murot ist völlig von der Rolle. Ist das Routine oder eine sonderbare Sisyphosaufgabe? Murot stolpert durch den Einsatz. Mit fatalem Ende. Ein altes Buch, von dem vielleicht die eine oder andere Seele gehört hat, spricht davon, dass der Herr am siebten Tage geruht hat. Murot möchte auch ruhen. Aber man lässt ihn nicht. Er wiederholt ein und denselben Routineeinsatz. Um 7.30 Uhr. Geiselnahme in einer Bankfiliale. Ist er ein Gott? Eine willenlose Puppe in einem sadistischen Spiel? Kann er den fatalen Ausgang verhindern ..? Nein, er wacht auf. Um 7.30 Uhr. Wächter ruft an …
Ulrich Tukurs «Tatort»-Rolle Felix Murot ist, das haben wir in den vergangenen sechs Fällen bereits gesehen, ein Arbeitstier. Ein verbissener Ermittler, der abseits seiner Arbeit praktisch kein Leben hat. Da er obendrein psychisch nicht der stabilste Bulle auf der Fernsehweide ist, war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis das Arbeitstier einen auf «Murmeltier» macht. Bis es nicht etwa im übertragenen, sondern im wahnsinnig-wahrhaftigen Sinne immer und immer wieder denselben Tag durchlebt, so dass Murot das verkrampfte Pflichtbewusstsein liegen lässt und den Moment zu schätzen lernt. Sich mehr auf die Leute einlässt. Sich gefangen fühlt und nach einem Ausweg sucht. Erkennt, wie wichtig es ist, mal durchzuschnaufen. Und dass eine Pause von der ewigen Verbrecherjagd drin sein muss.
- © HR/Bettina Müller
LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur).
Siehe auch ...
Das Ganze ist obendrein ein pfiffiger Meta-Kommentar auf den «Tatort» im Speziellen und Fernsehkrimi-Deutschland allgemein: Einerseits ist es Routine. Ein Genre bestimmt einen Großteil der deutschen Fernseh-Eigenproduktionen. Dort gibt es die einsamen Ermittlerwölfe, da die ach-so-gegensätzlichen Duos. Manche ulken während des Einsatzes, andere legen die Stirn in Dauersorgesfalten. Damit haben wir schon über 80 Prozent aller Fernsehkrimis abgedeckt. Es wird viel verhört und verhört und gegenverhört und Verhör gegen Verhör abgewägt. Wenn sich dann mal ein Til Schweiger die Knarre oder gar die Bazooka schnappt und rumballert, zerreißt sich das Publikum schon das Maul. Und nach weniger als 90 Minuten ist das Böse verhaftet und die Exekutive hat ihre Schuldigkeit getan. Routine. Wiederholungen. Wie in der «Murmeltier»-Zeitschleife. Oberflächlich, zumindest.
Wie «Murot und das Murmeltier» als Film zeigt, sowie auch der Ablauf dieses kurzweiligen, andersartigen Krimis durchexerziert, ist allerdings Varianz in der Wiederholung möglich. Ja. Murots Tag beginnt stets nahezu gleich, er begegnet einer begrenzten Gruppe mit sich wiederholenden Gesichtern und sehr oft geht der Tag für ihn ähnlich zu Ende. Aber zwischendrin kann er an den Stellschrauben drehen, was Autor und Regisseur Brüggemann in einem packenden Wechselschritt aufführt: Hier steuern wir auf einen gewollt-vorhersehbaren Verlauf der Dinge zu, was Tukur mit genüsslichem Sarkasmus im Spiel vergnüglich umsetzt. Dort folgen völlig unerwartbare Kehrtwenden. Wie im «Murmeltier»-Filmfach. Das kürzlich eine Sci-Fi-Horrorkomödien-Fortsetzung mit Herz zustande gebracht hat.
«Murot und das Murmeltier» ist der wohl lustigste Murot-«Tatort» und doch ist er durch und durch Murot: In der einen Szene mit trockener Situationskomik versehen, ist es in der nächsten ein introspektiver, fast schon melancholischer Film über Eintönigkeit und Aussichtslosigkeit. In der nächsten wieder ein abgedrehter Krimispaß – mit dramatischem Nachgeschmack. Christian Ehrich ist als Geiselnehmer eine Wucht. Brüggemanns Schwester und Dauerkollaborateurin Anna Brüggemann, «3 Zimmer/Küche/Bad»-Mime Jacob Matschenz, «Heil»-Nebendarsteller Daniel Zillmann und der zuletzt in wechselnden «Tatort»-Rollen gastierende Sascha Nathan stellen sich ganz in den Dienst des wandelbaren Tonfalls dieses Krimis und «Tschick»-Nebendarstellerin Nadine Dubois gibt dem Ganzen in ihren wenigen Szenen einen kernigen Flair, wärend Barbara Philipp als Murots Kollegin Magda Wächter gewohnt gut von der Seitenlinie aus aufspielt.
In für Murot-Fälle ungewohnt hellen, gleichwohl thematisch passenderweise weitestgehend in monotonen Farbtönen gehalten, und mit effektiven Musikkompositionen untermalt, stimmt auch die Verpackung dieser pointiert-knackig geschnittenen Krimi-Groteske. Murot bleibt einfach die «Tatort»-Highlightreihe mit verschrobenen Einfällen.
«Tatort – Murot und das Murmeltier» ist am 17. Februar 2019 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel